Gitta, der kleine Star - Abenteuer beim Film. Marie Louise Fischer

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Gitta, der kleine Star - Abenteuer beim Film - Marie Louise Fischer


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eilte, gefolgt von der jungen Dame mit der Brille, aus der Kantine.

      Ein Wunderkind und eine Heulsuse

      Gitta sah sich in der Kantine um. Alle Eltern und Kinder hatten Platz genommen. Sie setzte sich an einen freien Tisch. Die Tür, durch die Herr Curtius und die junge Dame hinausgegangen waren, konnte sie von hier aus sehen. Ob Herr Curtius dem Peter Paul wirklich die Ohren langzog? Ob sie die Filmrolle bekommen würde?

      Gitta spürte einen gewaltigen Hunger. Ihre Augen wurden ganz groß, als sie sehen mußte, wie die Kellnerinnen große Tassen mit Kakao und Teller mit Kuchen auf die Tische stellten. Wenn sie doch ihr Geldtäschchen nicht vergessen hätte. Wenn der Vati hier wäre, hätte er ihr bestimmt auch Kuchen bestellt!

      Eine Kellnerin, mit einem Kuchenteller in der Hand, kam auf ihren Tisch zu und stellte den Teller mit Sahnekuchen und eine Tasse Kakao vor Gitta hin. Eine Weile saß Gitta sprachlos vor den Herrlichkeiten. Als die Kellnerin wieder bei ihr vorbeikam, flüsterte sie schüchtern:

      »Bitte, Fräulein, ich habe kein Geld!«

      Verständnislos sah die Kellnerin Gitta an.

      »Ich kann das nicht bezahlen!«

      Die Kellnerin lachte. »Das brauchst du gar nicht zu bezahlen – du bist doch eingeladen!«

      »Eingeladen? Von Herrn Curtius?«

      »Von der Filmgesellschaft. Alle Kinder sind zu Kakao und Kuchen eingeladen!«

      »Oh, vielen Dank!«

      »Laß es dir gut schmecken!«

      Gitta aß den Kuchen bis auf das letzte Krümelchen auf. Am liebsten hätte sie den Teller abgeleckt.

      Die junge Dame mit der Brille war schon ein paarmal in der Tür erschienen, hatte einen Namen aufgerufen, und dann war ein Kind mit ihr hinausgegangen. Manchmal wollten Mutter oder Vater mitgehen, aber das erlaubte die junge Dame nicht. Jedesmal, wenn sie kam, brachte sie eines der Kinder, das sie vorher mitgenommen hatte, wieder zurück.

      Gitta versuchte zu zählen, wieviel Kinder schon hinausgegangen waren. Sie war immer noch nicht an der Reihe. Wenn nun Herr Curtius sie vergessen hatte?

      Die junge Dame rief Anita, das Wunderkind. Schnell stand Gitta auf und lief hinter Anita her. Als die junge Dame mit der Brille eine Tür öffnete und Anita in eine Garderobe hineinließ, bemerkte sie Gitta.

      »Nanu? Was willst du hier?«

      »Ich … Ich hatte Angst, daß Sie mich vergessen!« gestand Gitta.

      »Vergessen haben wir dich nicht. Du mußt aber warten, bis du an der Reihe bist!«

      »Aber … Meine Eltern wissen doch nicht, wo ich bin.«

      Die junge Dame sah Gitta durch ihre Brillengläser kritisch an und begann zu lachen: »Du bist mir schon die Rechte! Na schön, komm mit.« Sie schob Gitta in die Garderobe.

      Anita hatte sich in den Sessel vor dem großen Spiegel gesetzt. Eine freundliche Frau hüllte Anita in ein weißes Laken ein und begann, auf ihr Gesicht eine Salbe aufzulegen. Gitta schaute neugierig zu.

      Die Frau kämmte Anita und hielt die blonden Locken fest. »Dauerwellen?« fragte sie sachverständig.

      Anita sagte stolz: »Ja … Gut, nicht wahr?«

      Gitta konnte den Mund nicht halten. »Was! Du hast schon Dauerwellen? Ein Kind mit Dauerwellen … nein, so was Blödes!«

      »Bei gewöhnlichen Kindern ist das vielleicht blöd«, antwortete Anita spitz, »bei mir ist das etwas anderes … Ich bin ein Wunderkind!«

      »Was bist du?«

      »Ein Wunderkind! Weißt du nicht, was das bedeutet?«

      »Kannst du Klavier spielen oder komponieren?« fragte Gitta.

      »Wie kommst du darauf?«

      »Mozart war ein Wunderkind. Der konnte komponieren und Klavier spielen, als er noch nicht einmal zur Schule ging.«

      »Mozart war ein musikalisches Wunderkind, aber ich bin ein schauspielerisches! Das ist viel mehr!«

      Die Tür wurde geöffnet. Die junge Dame schob ein kleines, heulendes Mädchen herein. Tränen liefen ihm über die Wangen und hinterließen Spuren in der braunen Schminke. Die schwarze Wimperntusche schwamm über die Nasenspitze.

      Die junge Dame tröstete: »Nun hör auf zu weinen, Edelgard! Das ist doch alles nicht so schlimm!«

      Edelgard schluchzte. Gitta fragte die junge Dame: »Was … was hat sie denn?«

      »Sie hat es nicht geschafft!«

      »Oh, meine Mama!« schluchzte Edelgard. »Meine Mama wird mit mir schimpfen!«

      »Das wird sie nicht. Ich werde mit deiner Mama reden! Stell dir vor, wenn alle Kinder geweint hätten, die es nicht geschafft haben! Das wäre ein schönes Geheule geworden!«

      »Haben denn noch mehr versagt?« fragte Edelgard.

      »Fast die Hälfte der Kinder konnte kein Wort herausbringen!« Allmählich hörte Edelgard zu weinen auf.

      Gitta fragte: »War es … so schwer? Was mußtest du alles machen?«

      »Eigentlich gar nichts! Ich sollte einfach irgend etwas sagen … ein paar Sätze … und nicht in die Kamera gucken. Das war alles!«

      »Und das konntest du nicht?«

      »Nein – ich versteh’ es selber nicht, aber … da hatte ich plötzlich Angst! Ich konnte kein Wort mehr herausbringen!«

      »Das begreife ich nicht!«

      »Vorher begreift man das nicht … Aber wenn du vor der Kamera stehst, und es ist ganz hell von den vielen Scheinwerfern … Dann wirst du es schon begreifen!«

      Achtung: Probeaufnahme!

      Edelgard war abgeschminkt. Nun kam Gitta an die Reihe. Das Herz klopfte bis zum Halse. Die Tür ging auf.

      Gitta rief freudig: »Herr Peter Paul!«

      »Ich muß doch mal nach meinem Schützling schauen«, nickte er ihr aufmunternd zu.

      »Ach, Herr Peter Paul … ich habe solche Angst! Fühlen Sie bloß, wie mein Herz klopft!«

      »Angst? Du und Angst?!«

      »Ja! Ich weiß selber nicht … Aber Edelgard hat so geweint, und sie hat gesagt …«

      »Nun will ich dir mal was sagen, Gitta. Du wolltest doch Filmschauspielerin werden?«

      »Jawohl! Will ich … und will ich noch immer!«

      »Du wirst mich doch nicht blamieren?«

      »Nein! Ganz bestimmt nicht, Herr Peter Paul … bloß … ich habe Angst!«

      »Aber Gitta, warum hast du Angst? Du bist doch schon oft fotografiert worden?«

      »Fotografiert? Ja! Schon oft.«

      »Und … hast du dabei auch Angst gehabt?«

      »Natürlich nicht!«

      »Na, siehst du, das hier ist genau dasselbe. Nur … daß die Bilder sich bewegen!«

      »Vati knipst meistens, wenn wir es nicht merken!«

      »Aber manchmal merkst du es doch?«

      »Ja! Vati sagt immer, wir sollen nicht daran denken, daß wir fotografiert werden …«

      »Da hat dein Vati sehr recht! Das hätte ich ebenso gesagt! Und ebenso mußt du es im Atelier machen. Du darfst nicht an die große Kamera denken, sondern an ganz etwas anderes!«

      »An was denn?«

      »Das wird dir Herr Curtius schon sagen! Du brauchst nur genauso zu sein und genauso


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