Rixi, Trixi und Veronika. Lise Gast

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Rixi, Trixi und Veronika - Lise Gast


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      Lise Gast

      Rixi, Trixi und Veronika

      Saga

      Rixi, Trixi und Veronika

      © 1982 Lise Gast

      Alle Rechte der Ebookausgabe: © 2016 SAGA Egmont, an imprint of Lindhardt og Ringhof A/S Copenhagen

      All rights reserved

      ISBN: 9788711510001

      1. Ebook-Auflage, 2016

      Format: EPUB 3.0

      Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für andere als persönliche Nutzung ist nur nach Absprache mit Lindhardt und Ringhof und Autors nicht gestattet.

      SAGA Egmont www.saga-books.com – a part of Egmont, www.egmont.com

      1. Ronny und Silvi

      Ronny kam in den Hof gerannt, sah, daß es wieder geschneit hatte, und hielt inne. Sie fand es herrlich, daß der Schnee hier liegenblieb und nicht, wie in der Stadt, gleich zerfahren und vermatscht wurde. Der Gutshof sah aus wie ein Märchengarten. Schnee auf jedem Pfosten und auf dem Dach der alten Mühle, Schnee auf dem Rosenrondell und auf den mächtigen Tannen neben der Eingangstür. Und dazu Windstille – es war, als hielte alles den Atem an, um diesen zauberhaften Schmuck nicht zu verlieren.

      „Wenn die Tage langen, kommt der Winter gegangen“, hatte Wielke gesagt. Wielke, der getreue Hofmeister, der alles wußte, was mit der Landwirtschaft zusammenhing, der alles konnte, alles vorplante und vor allem alles machte, was er Großvater nur abnehmen konnte. Er wachte über Großvater wie ein guter Vater über sein Kind, aber so, daß man es kaum merkte und doch immer wußte: Da ist einer, der aufpaßt. Auch über Ronny wachte er.

      „Suchst du deinen Dackel? Vorhin war Trixi am Zwinger, bellte den Itto an. Ist sie dir durchgebrannt?“

      „Ja, seit dem Frühstück. Ich wollte nach Mittelwald und holte mir noch was. Aber ohne Trixi gehe ich nicht.“ „Das kann ich mir denken. Vielleicht ist sie noch dort.“

      Ronny rannte. Heute war Dreikönigstag, der sechste Januar. Die Weihnachtsferien dauerten noch acht Tage. Die mußte man ausnützen.

      Richtig, an Ittos Zwinger, der neben dem Schafstall stand, hopste Trixi, Ronnys Dackel, aufgeregt auf und ab und bellte wie verrückt. Itto, der Schäferhund, lag im Zwinger und tat, als ob ihn das nichts anginge. Er nagte an einem großen Knochen herum. Ronny lachte.

      „Trixi, du Dummerle, laß ihm doch sein Vergnügen. Du willst doch solch einen Knochen gar nicht.“

      Sie hatte beobachtet, daß Trixi sich fürchtete, wenn man ihr einen großen Knochen hinhielt. Andere Hunde schnappten sofort danach, Trixi aber zog den Schwanz ein und machte sich klein. Legte man den Knochen jedoch ein paar Minuten lang in kochendes Wasser, ließ ihn abkühlen und bot ihn der kleinen Hündin an, nahm sie ihn begeistert an und biß daran herum, wie es sich für einen Hund gehörte. Oder sie schleppte ihn in den Hof oder in den Garten und vergrub ihn irgendwo. Einmal hatte Ronny sie nicht hinausgelassen, weil es furchtbar stürmte und regnete, da hatte Trixi den Knochen in der Küche „vergraben“, das heißt, ihn in eine Ecke gelegt und Amalies Aufwischlappen davorgeschoben. Amalie hatte es auch gesehen und sich darüber amüsiert. Ronny fand das lustig. Trixi spielte also Vergraben, wenn sie es nicht richtig tun konnte.

      Sie war überhaupt ein bemerkenswerter Hund. Alle Dackel haben Eigenarten. Trixi aber, so meinte Ronny, ganz besondere. Sie gab sich nur mit den Leuten ab, mit denen sie gut Freund war. Großvater hatte sie von vornherein gut leiden können; und als Zeichen ihrer Zuneigung zu ihm beknabberte sie seine Hosenbeine und zog ihm die Schnürsenkel aus den Schuhen.

      Mit Vater und Mutter war das anders. Ronnys Eltern hatten Weihnachten in Birkenheide verlebt. Sie wohnten vorläufig noch im Gästezimmer, wollten aber ganz hierherziehen. Ronny hatte ihnen ihren Hund natürlich gleich gezeigt und dazu erzählt, was für ein besonderer und goldiger Kerl Trixi war; aber der kleine Dackel machte sich rar. Er kam nicht, wenn Vater ihn lockte, und wenn Mutter ihn streicheln wollte, knurrte er sogar. Ronny nahm ihn dann gleich hoch und schalt auf ihn ein.

      „Du sollst doch Mutter nicht anknurren, sie will dich doch nur liebhaben.“

      Sie hoffte, daß sie sich mit der Zeit aneinander gewöhnen würden.

      Seit einem reichlichen halben Jahr lebte Ronny bei Großvater in Birkenheide, weil ihre Eltern eine Reise durch Amerika machten, die ein Jahr dauern sollte.

      Vater war Journalist und schrieb für Zeitungen über Länder und Menschen. Das war sein Beruf. Nun aber waren die Eltern eher zurückgekommen, vor Weihnachten schon, und sie wollten Ronny wieder heimholen in ihre Wohnung in der Stadt. Ronny war ganz außer sich gewesen, als sie das hörte. Sie liebte Birkenheide und Großvater mit ganzem Herzen und hatte auch Angst, sich von Trixi trennen zu müssen, da die Eltern immer gesagt hatten, Hunde könnte man nicht in einer Stadtwohnung halten. Da hatte Großvater den Eltern vorgeschlagen, erst einmal über das Weihnachtsfest auf dem Gutshof zu bleiben und dann ganz nach Birkenheide zu ziehen, zu ihm und Ronny, an die er sich auch sehr angeschlossen hatte. So wurde es dann zu Ronnys großer Erleichterung auch beschlossen. In dem großen Gutshaus, in dem Mutter mit ihren Geschwistern aufgewachsen war, gab es Platz genug. Und da die Eltern viel unterwegs sein würden – Mutter wollte Vater auf seinen Reisen jetzt oft begleiten, nachdem sie zehn Jahre lang Ronnys wegen zu Hause geblieben war –, hatten sie Großvaters Angebot angenommen. Heute sollten ihre Möbel kommen, eigentlich gestern schon, aber der viele Schnee mußte den Lastwagen wohl behindert haben. Nun, auf einen Tag mehr oder weniger kam es ja nicht an.

      Ronny fand es lustig, eingeschneit zu sein. Überhaupt war es in Birkenheide schön, viel schöner, als es jemals in der Stadt gewesen war. Hier hatte sie ihren Dackel, die geliebte Trixi, die ihr allein gehörte. Großvater hatte ihr die junge Hündin geschenkt, weil sie sich so sehr auf Murkel gefreut hatte, seinen Dackel, der aber kurz vor ihrer Ankunft gestorben war. Er fand, daß Kinder und Tiere zusammengehörten, und Ronny liebte ihre Trixi über alles. Dazu hatte sie auch noch eine Freundin gefunden, wie sie nie eine gehabt hatte: Silvi, die Tochter des Försters in Mittelwald. Mittelwald lag zwar eine Stunde von Birkenheide entfernt, aber das machte nichts. Beide gingen in dieselbe Klasse, und immer wieder einmal durfte Ronny bei Silvi übernachten oder Silvi bei ihr. Das heißt, bisher hatte sie es gedurft. Ob aber Mutter damit einverstanden sein würde, wenn sie jetzt hier wohnte? Doch Mutter wollte ja oft mit Vater verreisen, und dann gehörte sie, Ronny, wieder zu Großvater und Amalie, Großvaters Wirtschafterin. So war es ausgemacht.

      Ronny nahm Trixi an die Leine und zog sie von Ittos Zwinger weg.

      „Komm, wir wollen nach Mittelwald, Silvi abholen. Ich bin losgelaufen, ehe Mutter nein sagen konnte. Mutter meint, wir dürften nicht allein durch den Wald laufen, du und ich. Großvater weiß das besser.“

      Sie rannten durch den Hof und dann um die Ecke bei der Schmiede, am Kuhteich entlang und durch die Luke der alten Klostermauer. Und da kam ihnen wahrhaftig schon Silvi entgegen, lustig winkend.

      „Du wolltest zu mir? Ich muß aber heute in die Kreisstadt“, sie hob die Aktentasche, die sie trug, in die Höhe, „was abgeben für Vater. Das sollte schon gestern fort, aber da kam der Briefträger nicht durch oder sagte jedenfalls am Telefon, der Schnee wäre zu hoch. Für uns aber ist er nicht zu hoch!“ Sie lachte.

      Silvi lachte oft und immer so ansteckend. Dabei blitzten ihre hellgrünen Augen, diese Waldaugen, wie Großvater sie nannte. Und der karottenrote Schopf flog um Stirn und Schläfen. Silvi war immer in Fahrt, immer schnell, immer sausend, wie eine Rakete. Ronny fand das wunderbar.

      „Da fährst du mit der Bahn?“ fragte sie.

      Birkenheide war keine Bahnstation, aber eine halbe Stunde entfernt gab es einen Bahnhof. Ronny war schon ein paarmal dort gewesen, wenn Großvater von der Bahn abgeholt oder zum Zug gebracht worden war.

      „Ja. Du kommst doch mit? Ach bitte, komm!“

      „Klar. Wenn ich darf –“


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