Mbappé. Luca Caioli
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Luca Caioli/Cyril Collot
Mbappé
Der kleine Prinz
VERLAG DIE WERKSTATT
Die Originalausgabe erschien unter dem Titel „Mbappé“ bei Icon Books, London.
Aus dem Englischen von Olaf Bentkämper.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische
Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Copyright © Luca Caioli, Cyril Collot 2018
Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe:
2019 Verlag Die Werkstatt GmbH
Lotzestraße 22a, D-37083 Göttingen
www.werkstatt-verlag.de Alle Rechte vorbehalten Coverabbildung: dpa Satz und Gestaltung: Die Werkstatt Medien-Produktion GmbH
ISBN 978-3-7307-0452-3
Inhalt
2Die Stadt, in der alles möglich ist
18Ein Triple, um Ronaldo vergessen zu machen
Kapitel 1
Allée des Lilas
Der Besuch war ihm vorab angekündigt worden, und er hat sich sorgsam vorbereitet. Mit blauem Stift hat er ein paar Gedanken niedergeschrieben. Er kann es kaum abwarten, sie vorzutragen, doch seine Großmutter sagt, er solle sich gedulden, er werde später noch dazu kommen. Jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt: Seine Großeltern und ihre Gäste plaudern und trinken Kaffee. Er blickt auf das Notizbuch, das er auf den Tisch des kleinen, von einem großen Fernseher dominierten Wohnzimmers gelegt hat. Er hört zu, beteiligt sich hin und wieder am Gespräch. Endlich bekommt er die Erlaubnis, verbunden mit der Empfehlung, laut und deutlich zu sprechen.
„Hallo zusammen. Kylian ist der Beste. Er ist der Held von Bondy. Alle lieben ihn. Er ist ein Vorbild für alle Kinder, die Fußball spielen. Er ist sehr gut. Wilfrid und Fayza haben ihre Kinder gut erzogen. Ethan wird in die Fußstapfen seines Bruders Kylian treten.“
Idrisse ist neun Jahre alt; er geht zur Schule, spielt Fußball in der U10 und fasst in wenigen Worten zusammen, was jeder in Bondy denkt, von Madame la Maire, der Bürgermeisterin, bis zu den Kindern, die nur wenige hundert Meter entfernt auf den Plätzen des Stade Léo-Lagrange trainieren.
Idrisse ist der Enkel von Elmire und Pierrot Ricles, einem Ehepaar, das in den späten 1970er Jahren von Martinique nach Frankreich kam. Sie leben in der ersten Etage eines weißen Wohnhauses in der Allée des Lilas Nr. 4. Ein fünfstöckiger Sozialbau aus den 1950er Jahren in einer ruhigen, von Bäumen gesäumten Straße im Zentrum von Bondy, einer Gegend, die manche wegen der Straßennamen hochtrabend Cité de Fleurs, Stadt der Blumen, nennen. Hierher ist die Familie Mbappé im Herbst 1998 gezogen. Steigt man die erste Treppe hinauf, sieht man einen Briefkasten, auf dem noch immer steht: „Lamari-Mbappé Lottin, 2te links“.
„Sie zogen in die Etage direkt über uns“, sagt Elmire, „in eine Wohnung genau wie die unsere: 56 Quadratmeter, Wohnzimmer, Kochnische mit Blick auf das Stade Léo-Lagrange und zwei Schlafzimmer. Ich erinnere mich, dass Fayza im achten Monat schwanger war mit Kylian, als sie ankamen.“
Fayza – damals 24 Jahre alt und aus Algerien stammend – wuchs in Bondy Nord auf, im Viertel Terre Saint-Blaise. Sie besuchte das Collège Jean Zay und ging in die Sporthalle direkt gegenüber vom Haus. Im Alter von 12 und 13 Jahren spielte sie Basketball, bevor sie sich ganz auf Handball konzentrierte. Sie spielte auf dem rechten Flügel für die AS Bondy in der Division 1.
„Sie fing ganz unten an und wurde zu einer der besten Handballspielerinnen in Bondy in den späten 1990er Jahren. Fayza hatte Charisma. Sie war eine der Leaderinnen des Teams, extrem talentiert und extrem tough“, erinnert sich ein Freund der Familie.
„Sie war eine Kämpferin auf dem Platz, aber sie war auch hitzköpfig. Es brauchte nicht viel, um sie auf die Palme zu bringen, und sie war nicht zimperlich mit den Gegenspielerinnen. Wenn man Fayza verärgerte, ließ sie es einen spüren“, erinnert sich JeanLouis Kimmoun, ein früheres Vorstandsmitglied und später Präsident des Klubs in einem Interview mit Le Parisien. „Aber abseits des Platzes war sie eine ganz liebe Person und ist es immer noch.“
„Sie redet allerdings gern viel“, erzählt ein Freund des Paares. „Früher hatte sie ständig irgendwelchen Unfug im Kopf. Ich arbeitete drei oder vier Jahre lang mit ihr zusammen als Trainer in den Vierteln Maurice Petitjean und Blanqui, mittwochs und in den Schulferien in den Gemeindezentren. Dort traf sie Wilfrid, der ebenfalls Trainer war, mit seinem kleinen Bruder Pierre und Alain Mboma, dem großen Bruder von