Die Abenteuer des Kapitän Hatteras. Jules Verne

Читать онлайн книгу.

Die Abenteuer des Kapitän Hatteras - Jules Verne


Скачать книгу
fah­ren wer­den, weiß ich nicht. Vi­el­leicht han­delt sich’s dar­um, eine neue Ent­de­ckung zu ver­su­chen. Üb­ri­gens soll über kurz oder lang ein ge­wis­ser Dok­tor Cla­w­bon­ny sich ein­fin­den, der wird ohne Zwei­fel mehr da­von wis­sen und Auf­trag ha­ben, uns dar­über zu un­ter­wei­sen. Wer­den schon se­hen.«

      »So war­ten wir also ab«, sag­te Meis­ter John­son. »Ich mei­nes­teils will nun tüch­ti­ge Un­ter­ge­be­ne auf­su­chen, Kom­man­dant, und was ihr Prin­zip der Le­bens­wär­me, wie der Ka­pi­tän sagt, be­trifft, so will ich zum vor­aus da­für ein­ste­hen. Sie kön­nen sich auf mich ver­las­sen.«

      Die­ser John­son war ein sehr schätz­ba­rer Mann; er war mit der Schiff­fahrt in den ho­hen Brei­ten­gra­den ver­traut. Er hat­te sich als Quar­tier­meis­ter an Bord des Phö­nix be­fun­den, wel­cher zu den im Jah­re 1853 zum Auf­su­chen Fran­klins ent­sen­de­ten Ex­pe­di­tio­nen ge­hör­te; die­ser wa­cke­re See­mann war so­gar beim Tod des fran­zö­si­schen Lieu­ten­ants Bel­lot zu­ge­gen, wel­chen er bei sei­ner Fahrt durch die Eis­ber­ge be­glei­te­te. John­son kann­te das Ma­tro­sen­per­so­nal zu Li­ver­pool, und mach­te sich so­gleich ans Werk, sei­ne Leu­te zu­sam­men­zu­brin­gen.

      Shan­don, Wall und er hat­ten sol­chen Er­folg, dass schon in den ers­ten De­zem­ber­ta­gen ihre Mann­schaft voll­stän­dig bei­sam­men war; doch ging es nicht ohne Schwie­rig­kei­ten ab; vie­le, die wohl durch die hohe Löh­nung sich an­lo­cken lie­ßen, wur­den doch durch die un­be­stimm­te Zu­kunft der Ex­pe­di­ti­on ab­ge­schreckt, und man­cher ließ sich zwar ent­schlos­sen an­wer­ben, kam aber nach ei­ni­ger Zeit wie­der, um sein Wort und Drauf­geld zu­rück­zu­ge­ben. Alle ver­such­ten üb­ri­gens durch das Ge­heim­nis zu drin­gen, und dräng­ten den Kom­man­dan­ten Richard mit Fra­gen; der­sel­be ver­wies sie an Meis­ter John­son.

      »Was willst du, dass ich dir sa­gen soll, mein Freund!« er­wi­der­te der letz­te­re un­ab­än­der­lich. »Ich weiß nicht mehr als du. Je­den­falls wirst du dich in gu­ter Ka­me­rad­schaft be­fin­den mit un­er­schro­cke­nen Ge­sel­len, die nicht wan­ken; das ist schon et­was! Also nicht so viel Be­den­ken! Es gilt an­neh­men oder las­sen!«

      Und die meis­ten nah­men an.

      »Du be­greifst wohl«, füg­te manch­mal der Rüst­meis­ter bei, »dass mir die Wahl wehe tut. Eine so hohe Löh­nung, wie man sie noch nie­mals er­lebt hat, mit der Ge­wiss­heit, bei sei­ner Rück­kehr ein hüb­sches Ka­pi­tal bei­sam­men zu ha­ben, so et­was kann doch wohl an­zie­hen.«

      »Al­ler­dings«, er­wi­der­ten die Ma­tro­sen, »das ist sehr ver­füh­re­risch! Ein gu­tes Aus­kom­men bis ans Ende sei­ner Tage!«

      »Ich will in­des nicht ver­heh­len«, fuhr dann John­son fort, »dass die Un­ter­neh­mung lang­wie­rig, mü­he­voll und ge­fähr­lich ist; das steht aus­drück­lich in un­se­ren In­struk­tio­nen; also muss man sich wohl mer­ken, wozu man sich ver­bind­lich macht; sehr wahr­schein­lich, al­les Men­schen­mög­li­che zu ver­su­chen und viel­leicht noch mehr! Also hast du nicht Mut im Her­zen, einen er­prob­ten Cha­rak­ter, hast du nicht den Teu­fel im Lei­be, magst du dir nicht sa­gen, dass zwan­zig ge­gen eins du da­beiblei­ben kannst, kurz, ist es dir dar­um zu tun, dass du dei­ne Haut lie­ber an dem Ort läs­sest, wie an ei­nem an­de­ren – so keh­re mir den Rücken und über­lass dei­nen Platz ei­nem küh­ne­ren Ge­sel­len!«

      »Aber doch, Meis­ter John­son«, fuhr der Ma­tro­se, wenn ihm so zu­ge­setzt wur­de, fort, »Sie ken­nen doch we­nigs­tens den Ka­pi­tän?«

      »Ka­pi­tän ist Freund Richard Shan­don, bis dass ein an­de­rer an sei­ne Stel­le tritt.«

      Das war auch wohl die Mei­nung des Kom­man­dan­ten; er gab sich gern der Idee hin, dass er im letz­ten Mo­ment sei­ne ge­nau­en In­struk­tio­nen über das Rei­se­ziel er­hal­ten und dann Chef an Bord des For­ward blei­ben wer­de. Er ver­brei­te­te auch gern die­se Mei­nung, sei’s im Ge­spräch mit sei­nen Of­fi­zie­ren, sei’s im Ver­lauf der Schiff­bau­ar­bei­ten.

      Shan­don und John­son hiel­ten sich stren­ge an die hin­sicht­lich der Ge­sund­heit der Mann­schaft ge­ge­be­nen Vor­schrif­ten; die­sel­be hat­te ein be­frie­di­gen­des Aus­se­hen; ihre elas­ti­schen Glie­der, ihre kla­re und blü­hen­de Haut­far­be zeig­te, dass sie die strengs­te Käl­te aus­zu­hal­ten fä­hig wa­ren. Es wa­ren zu­ver­sicht­li­che und ent­schlos­se­ne Män­ner, ener­gisch und von dau­er­haf­ter Lei­bes­be­schaf­fen­heit.

      Matrosenunterhaltung über den Forward Matrosenunterhaltung über den Forward

      Die ge­sam­te Mann­schaft ge­hör­te dem pro­tes­tan­ti­schen Re­li­gi­ons­be­kennt­nis an; das ge­mein­sa­me Ge­bet, das Bi­bel­le­sen trägt oft dazu bei, wi­der­wär­ti­ge Ge­mü­ter in Ein­tracht zu hal­ten und zur­zeit der Ent­mu­ti­gung auf­zu­rich­ten. Shan­don wuss­te aus Er­fah­rung, wie er­sprieß­lich die­se Ge­wohn­hei­ten in ih­rem Ein­fluss auf die Sitt­lich­keit ei­ner Mann­schaft sind.

      Hier­auf be­sorg­ten Shan­don und sei­ne bei­den Of­fi­zie­re die Ver­pro­vi­an­tie­rung, wo­bei sie sich streng an die In­struk­tio­nen des Ka­pi­täns hiel­ten, wel­che klar, prä­zis und ins ein­zel­ne ge­hend wa­ren und die Quan­ti­tät wie Qua­li­tät der ge­rings­ten Ar­ti­kel vor­schrie­ben. Die emp­fan­ge­nen An­wei­sun­gen setz­ten den Kom­man­dan­ten in­stand, je­den Ar­ti­kel bar zu be­zah­len, mit ei­nem Dis­kont von acht Pro­zent, wel­chen Richard Shan­don pünkt­lich zu­guns­ten des K. Z. ein­trug.

      Mann­schaft, Pro­vi­ant, La­dung, al­les war im Ja­nu­ar 1860 be­reit und fer­tig. Shan­don fand sich tag­täg­lich zu Bir­ken­head ein.

      Am 23. Ja­nu­ar vor­mit­tags be­fand er sich sei­ner Ge­wohn­heit nach auf ei­ner der brei­ten Dampf­bar­ken, wel­che an bei­den En­den mit ei­nem Steu­er ver­se­hen un­abläs­sig die Über­fahrt von ei­nem Ufer der Mer­sey ans an­de­re be­sor­gen; es herrsch­te da­mals ei­ner der ge­wöhn­li­chen Ne­bel, wel­cher die Boots­leu­te des Flus­ses nö­tig­te, sich des Kom­pas­ses zu be­die­nen, ob­wohl die Über­fahrt kaum zehn Mi­nu­ten währt.

      In­des­sen, so dick die­ser Ne­bel war, sah Shan­don durch den­sel­ben hin­durch einen Mann von un­ter­setz­ter Sta­tur, et­was dick, mit fei­nen, mun­te­ren Ge­sichts­zü­gen und freund­li­chem Blick, der auf ihn zu­ging, sei­ne bei­den Hän­de er­griff und mit ei­ner Wär­me und Ver­trau­lich­keit schüt­tel­te, die, wie die Fran­zo­sen sich aus­drücken »ganz süd­lich« war.

      Ankunft des Doktor Clawbonny Ankunft des Doktor Clawbonny

      Aber war die­ser Mann auch nicht aus dem Sü­den, so kam er doch eben von dort; er sprach und ges­ti­ku­lier­te flink; sein Ge­dan­ke mach­te sich Luft um je­den Preis; sei­ne Au­gen, klein wie die ei­nes Man­nes von Geist, sein großer, be­weg­li­cher Mund ga­ben der Üb­er­fül­le des In­ne­ren einen Aus­weg; er sprach so viel und so leb­haft, dass Shan­don, of­fen ge­stan­den, nichts da­von ver­stand.

      Doch er­kann­te der Schiffs­lieu­ten­ant so­gleich den klei­nen Mann, ob­schon er ihn nie ge­se­hen hat­te; und als die­ser ein­mal Atem hol­te, äu­ßer­te Shan­don:


Скачать книгу