Seewölfe - Piraten der Weltmeere 673. Fred McMason

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Seewölfe - Piraten der Weltmeere 673 - Fred McMason


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des Besans versuchten sie, achtern herumzuschwenken, ein Manöver, das buchstäblich erst im allerletzten Augenblick gelang.

      Das Heck der Galeone wies jetzt zur Küste.

      Kerle rannten wie Ameisen hin und her, gescheucht von unsinnigen und widersprüchlichen Befehlen. Brassen und Schoten wurden dichtgeholt, und dann versuchten sie, sich mit langen Kreuzschlägen von der Küste freizusegeln.

      „Heiliger Sankt Antonius“, murmelte Old O’Flynn erschüttert und beschwor damit den Nothelfer für Wind und Wellen. „Hilf diesen verlausten Heringen bloß nicht. Laß sie aufbrummen! Wenn du das tust, dann opfere ich dir mein Holzbein, mit dem man die Bastarde längst alle hätte durchklopfen müssen.“

      Old O’Flynn durfte sein Holzbein behalten, obwohl er gern für ein paar Tage an Krücken gegangen wäre, falls sich sein Wunsch erfüllt hätte. Aber Sankt Antonius hatte offenbar ein Einsehen mit den Stieseln und half ihnen auf den anderen Bug.

      Allerdings dauerte es fast eine Stunde, bis sie sich freigesegelt hatten und auf Südsüdwest-Kurs lagen. Kurz danach ging die „Respectable“ auf Südwest-Kurs. Diesmal versuchten die Lords, möglichst viel Raum zu gewinnen, denn die Erfahrung, die gerade hinter ihnen lag, war wohl doch recht betrüblich gewesen.

      „Ein Glück, daß auf dem Meer soviel Platz ist“, sagte Big Old Shane grinsend. „Sie brauchen fast den gesamten Indischen Ozean zum Manövrieren – und natürlich das Arabische Meer dazu, um eine Halse oder Wende zu fahren. Ich bin sicher, daß sich unsere Männer dort an Bord bereits halbtot gelacht haben.“

      Inzwischen war es drei Uhr nachmittags geworden. Die Sonne stach heiß herab, der warme Monsun brachte keinerlei Abkühlung.

      Zwischendurch gab es einmal eine kleine Abwechslung an Bord der Schebecke und ein großes Geschrei seitens Mac Pellews.

      Mac erschien mit dem Gesicht eines erfolglosen Leichenbestatters an Deck und bezichtigte Paddy Rogers des Diebstahls von einer riesigen Kumme Pudding mit Rosinen.

      „Keiner ist hier so verfressen wie du!“ schrie Mac Pellew. „Und ich habe genau gesehen, wie du um die Kombüse herumgeschlichen bist und die Nüstern gebläht hast.“

      „Ich habe doch …“, sagte Paddy kleinlaut und rieb sich verlegen die Knubbelnase. „Ich – äh, weil ich dachte …“

      „Halt’s Maul! Gib es wenigstens zu. Ich bemühe mich, etwas Abwechslung in den Speiseplan zu bringen und koche einen dicken Pott voll Pudding. Und wo ist er jetzt?“

      „Weg“, sagte Paddy verlegen, „weil ich nämlich dachte …“

      Mac Pellew ließ ihn nicht ausreden. Er fuchtelte wild mit den Armen durch die Luft. Sein Hals war dick angeschwollen, und er regte sich fürchterlich auf.

      „Du hast überhaupt nichts zu denken, du Puddingmörder! Das Zeug stand nämlich nur zum Abkühlen hinter dem Kombüsenschott, aber nicht, um damit einen Nimmersatt und Vielfraß zu füttern. Da waren allein zwei Pfund Rosinen drin, Vanille und anderes Schlabberzeug. Hast du das jetzt gemampft oder nicht?“

      Der dicke Paddy nickte kläglich. Todunglücklich stand er an Deck und rieb sich verlegen die großen Pranken.

      „Hör mal, Mister Pellew“, sagte er und hätte sich am liebsten durch die Planken verkrochen. „Du hast doch zum Mister Kutscher gesagt: ‚Ha, da wird sich Paddy aber freuen, wenn er das sieht. Ich wette, der leert die große Kumme ganz allein!‘“

      „Stimmt, das habe ich gesagt“, gab Mac wütend zu, „genau das waren meine Worte.“

      „Ich wollte nicht, daß du die Wette verlierst, und weil es doch, äh, sozusagen eine Überraschung für mich sein sollte.“

      „Überraschung – für dich?“

      „Ich – hab heute nämlich Geburtstag, und da war ich ganz gerührt, als ich den Pudding sah.“

      „Ach, du dicker Vater“, stöhnte Mac, etwas versöhnlicher jetzt. „Du hast heute wirklich Geburtstag?“

      Wieder erfolgte das klägliche Nicken.

      „Dann war es natürlich ein Geschenk für dich. Herzlichen Glückwunsch, mein lieber Paddy.“

      Der Kutscher sagte das freundlich, der gerade die Kombüse verlassen hatte.

      Mac war noch ein bißchen verdattert und versprach schließlich, noch einen großen Topf voll Pudding zu kochen, damit auch die anderen etwas davon hatten.

      Dafür erklärte sich Paddy bereit, einen auszugeben, was wiederum mit großer Freude zur Kenntnis genommen wurde. Aber das wollte man auf den heutigen Abend verschieben. Jetzt war es zu heiß dazu.

      Ein paar Meilen weiter nördlich war zu dieser Zeit die Hölle los.

      Die „Respectable“ hatte den Dunst und Qualm hinter sich gelassen. Aber das große Schiff war doch etwas gerupft. Im Schanzkleid klafften Löcher, die Segel waren in Mitleidenschaft gezogen, und an Deck sah es nach dem Aufräumen und Klarieren immer noch wüst aus.

      Der letzte Kampf gegen die Portugiesen hatte drei Männern das Leben gekostet. Auch ein paar Verletzte hatte es gegeben, doch bis auf zwei waren alle wieder diensttauglich.

      Vor einer knappen Stunde hatte Dan O’Flynn mit bloßen Augen die Schebecke gesichtet, obwohl der Ausguck im Großmars noch nichts an Deck gemeldet hatte.

      „Sie haben in den Wind gedreht, damit wir etwas aufholen können“, sagte er. „Sie bleiben immer in unserer Nähe und halten Fühlung.“

      „Welch ein Glück“, sagte Smoky. „Ohne unsere Arwenacks wären wir längst bei den Fischen und den Heldentod gestorben.“

      „Ein schöner Heldentod wäre das“, murrte Carberry. „Ich hab hier an Bord nur noch nicht viele Helden gesehen, eher Lämmerschwänze, die vor Angst nur so wackeln. Hier scheint sich auch keiner um die durchlöcherten Segel zu kümmern. Ein Zustand, der bei uns an Bord unhaltbar wäre. Das kostet alles Zeit, und die Lappen zerfetzen nur noch schneller.“

      „Sind ja nicht unsere“, sagte Smoky gleichgültig. „Ich habe keine Lust, hier einen Handschlag zu tun, wenn ich nicht dazu aufgefordert werde. Selbst dann tue ich ihn nur widerwillig, obwohl das nicht gerade die richtige Dienstauffassung ist. Aber das kann mir keiner verübeln.“

      „Von uns verübelt dir das auch keiner“, sagte Roger Brighton, der einen mißmutigen Blick in die Takelage warf. Die Schoten hätten dichter geholt werden müssen, doch den Befehl dazu gab es nicht. Der Schlendrian ging weiter, und so wurde die „Respectable“ auch nicht voll ausgesegelt.

      Der Segelmacher an Bord, ein jüngerer Bruder Will Thornes, den sie hier ganz überraschend kennengelernt hatten, war zwar ein hervorragender Mann, aber er hatte längst resigniert.

      Er folgte Rogers mißmutigem Blick und grinste schief.

      „Ich weiß, du bist Takelmeister“, sagte er. „Dir geht diese ganze Unordnung mächtig auf die Nerven, stimmt’s?“

      „Das stimmt allerdings, Barry.“

      „Nimm’s leicht“, riet Barry Thorne. „Wenn man für die ruhmreiche Navy segelt, dann hat man gefälligst das Maul zu halten und sich um nichts zu kümmern. Vor allem hat man keine Vorschläge zu unterbreiten, weil das eine unerhörte Bevormundung darstellt. Aber das habt ihr ja bereits am eigenen Leib erfahren.“

      Er spielte darauf an, daß Dan O’Flynn einen Offizier vor den Portugiesen gewarnt und der das als Frechheit und Bevormundung ausgelegt hatte. Dafür war Dan O’Flynn ausgepeitscht worden.

      „Ist mir sowieso egal“, erwiderte Roger. „Nach einer gewissen Zeit stumpft man ab und wird gleichgültig. Man hört nur noch auf Befehle und führt sie aus, damit man seine Ruhe hat. Trotzdem würde ich hier einiges in Ordnung bringen.“

      Dan O’Flynn kniff die Augen zusammen, warf einen Blick nach achtern und sah dann zum Land hin.

      „Dann


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