Atlan-Paket 16: Im Auftrag der Kosmokraten (Teil 2). Hans Kneifel

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Atlan-Paket 16: Im Auftrag der Kosmokraten (Teil 2) - Hans Kneifel


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Titels würdig war.

      Selbstverständlich redete Neithadl-Off von sich selbst. Sie war jedoch verschwiegen wie ein interstellares Grab und dunkel wie ein Schwarzes Loch, wenn sie gefragt wurde, was man unter einer Parazeit-Historikerin zu verstehen hatte.

      Goman-Largos Schlussfolgerungen kamen der Problematik noch am nächsten. Parazeit war eine Zeit, die sich von der Realzeit unterschied und etwas mit Parafähigkeiten oder Paragenese zu tun hatte. Parazeit war folglich keine reale Zeit, sondern die Zeit in irgendeinem Pararaum. Die Definition eines Pararaums war jedoch auch dem Modulmann nicht möglich. Neithadl-Off brachte mit ihrer Berufsbezeichnung zum Ausdruck, dass sie die Vergangenheit einer solchen Parazeit erforschte und darüber Buch führte. Ob sie sich jemals in ihr aufgehalten hatte, konnte bezweifelt werden. Sie maß die Parazeit mit Sicherheit nur an winzigen, kaum sichtbaren oder spürbaren Relikten, die sie in der Realzeit gefunden hatte. Auch Historiker begnügten sich mit solchen Ausgrabungen und deren Interpretation, ohne selbst in der Vergangenheit gewesen zu sein.

      Neithadl-Off jedenfalls gab keine Informationen über ihre Tätigkeit und denn Sinn der Parazeit-Historie preis.

      Die Vigpanderin glich einem sechsbeinigen Metallrahmen, der mit graugrüner, lederartiger Haut bespannt war, die feucht schimmerte. Dieser Rahmen war rund neunzig Zentimeter hoch, zwei Meter und dreißig lang und einen Meter sechzig breit. Die Gestalt erinnerte an ein Trampolin. An ihrer vorderen Schmalseite konnte sie ein gutes Dutzend roter Sensorstäbchen ausfahren, die bei Erregung wie Lack glänzten. Hier befand sich auch eine schmale Mundleiste. Da sie weit herumgekommen war und ihr Leben darin bestand, dass sie als kosmische Anhalterin von Planet zu Planet reiste, ohne Zahlungsmittel zu benutzen, musste sie beredt sein. Sie beherrschte fast jede Sprache. Fremde Idiome lernte sie sehr schnell, und sie schaffte es fast in derselben Zeit wie ein Translator älterer Bauart.

      »Ob die Fremden noch am Leben sind?«, fragte die Vigpanderin. Zu dritt hielten sie sich in der Zentrale auf. Alle Funktionen des Schiffes arbeiteten störungsfrei, doch noch immer wurden Reparaturratschläge und Fehlermeldungen mit der STERNSCHNUPPE ausgetauscht. Mrothyr tobte, weil er die richtigen Werkzeuge nicht fand oder das Schiff ihm den Zugang zu defekten Sektoren verweigerte. Das alles spielte sich auf mehreren Funkkanälen ab, und die Streuung war absichtlich erhöht worden, so dass der Funkverkehr überall in der Ebene bis weit hinter den Horizont mitzuhören war.

      »Ihr Schiff befindet sich unter der Oberfläche«, sagte Goman-Largo, als habe er sich selbst davon überzeugt. »Was Atlan und Chipol entdeckt haben, wird nicht der einzige Hohlraum sein. Es ist nicht einmal gesagt, dass die Fremden in der ENTE sich absichtlich versteckt haben. Vielleicht sind sie eingebrochen. Dann besteht die Gefahr, dass unsere beiden Schiffe ebenfalls auf tönernem Boden ruhen.«

      »Wir sollten sie suchen«, klang Animas Stimme auf. Sie hatte sich einen Ruck gegeben. Sie stand aus dem Sessel auf, in dem sie mit geschlossenen Augen verharrt hatte. »Vielleicht sind wir schuld daran, dass sie bei ihrer überstürzten Flucht einen Fehler gemacht haben.«

      Goman-Largo verzog das hagere Gesicht. Die schmalen Lippen verschwanden vollständig. Er erkannte, dass Anima sich wieder in einer Phase des Tiefs befand. Es konnte sich nur noch um Sekunden handeln, bis sie sich die Schuld an dem hypothetischen Unfall der Fremden gab.

      »Da ist etwas«, sagte er schnell. Er hatte POSIMOLS Lichtzeichen entdeckt. Der Bildschirm wechselte die Perspektive, und sie erkannten mehrere dunkle Punkte, die sich der STERNENSEGLER näherten.

      »Atlan kommt«, rief Anima freudig aus. Ihre Niedergeschlagenheit war übergangslos verflogen. »Er wird etwas entdeckt haben!«

      »Atlan kommt«, bestätigte Neithadl-Off. »Und Chipol ist bei ihm. Und ein paar andere Freunde. Sie wollen uns besuchen!«

      Die Punkte wurden deutlicher. Es handelte sich um acht Gestalten, die sich durch die Ebene auf das Schiff zu bewegten. Bisher hatte das Schiff sie nicht ausgemacht, und der Tigganoi trat an eine der Konsolen und befragte die Bordpositronik nach der Ursache. Die schriftliche Antwort alarmierte ihn. Er drückte einen Sensor und versetzte das Schiff übergangslos in Gefechtsbereitschaft. Anima verfolgte sein Tun mit weit aufgerissenen Augen.

      »Was ist ...«, begann sie, doch Goman-Largo fiel ihr ins Wort.

      »Liebreizende Seele, es ist nicht Atlan. Es handelt sich um Fremde, die sich nähern. Sie müssen schon längere Zeit im Anmarsch auf das Schiff sein, aber erst jetzt hat POSIMOL sie geortet. Das bedeutet, sie besitzen einen Antiortungsschutz.«

      Es waren also die Fremden aus der ENTE. Oder Einheimische, die Bewohner des Planeten Orgro. Ihr Ziel war die STERNENSEGLER.

      Die Fremden trugen hellrote Uniformen. Sie marschierten hintereinander, und zweihundert Meter vom Schiff entfernt blieben sie stehen. Sie bildeten einen Kreis und lagerten am Boden. Der Wind trieb Staub und Sand in ihre Richtung.

      »Der erste Kontaktversuch«, erkannte der Modulmann. »Sie wollen sich uns zeigen, trauen sich jedoch nicht, näher an das Schiff heranzukommen.«

      »Was sollen wir tun? Atlan ist nicht da!« Anima blickte ihre Gefährten ratlos an.

      »Seit du deinen Ritter wieder hast, bist du nicht mehr in der Lage, eigene Entscheidungen zu treffen«, warf Goman ihr vor. »Neithadl-Off und ich werden hinausgehen und mit den Fremden sprechen. Du kannst von mir aus hierbleiben und auf deinen Atlan warten. Er untersucht irgendwelche Kavernen. Er ist jetzt wirklich ein Ritter der Tiefe.«

      Ohne eine Antwort abzuwarten, eilte er zum nächsten Antigrav, der ihn nach unten in die Nähe der Bugschleuse brachte. Die Vigpanderin folgte ihm, und außerhalb des Schutzschirmwulsts holte sie ihn ein. Der Wind hatte ein wenig an Kraft verloren, und die beiden so unterschiedlichen Wesen stapften nebeneinander durch den Staub, bis sie von den Roten entdeckt wurden. Goman-Largo erkannte Rangabzeichen und interpretierte ihre Träger automatisch als Soldaten. Er blieb stehen und wartete. Aus der Gruppe der Lagernden erhoben sich zwei und kamen ihnen entgegen.

      Der Modulmann betrachtete ihre Gestalten. Die Fremden waren hominid. Sie maßen weit über zwei Meter und waren rund um die Hälfte größer als der Tigganoi. Sie wirkten schlank, fast dürr. Ihre Schädel waren schmal und lang, das Kinn ging in den Hals über, der ebenso breit wie der Kopf war. Die Schultern fielen rund nach außen ab, und die Arme schlenkerten neben dem Körper.

      Die Fremden trugen Waffen, aber sie hielten sie nicht in den Händen, sondern hatten sie in den Taschen stecken. Es war ein Zeichen des Friedens, dass sie sie auch dort ließen.

      In der Mitte zwischen der STERNENSEGLER und den Lagernden trafen sie sich. Hellrote Augen mit gelben Pupillen starrten sie an, und Goman-Largo zeigte die leeren Handflächen, um seine friedlichen Absichten anzudeuten. Er schaltete den Translator ein.

      »Wir grüßen euch. Wir sind Goman-Largo und Neithadl-Off. Uns gehört die STERNENSEGLER. Wir sind notgelandet und können vorläufig nicht starten. Seid ihr Mitglieder des kleinen Schiffes, das vor uns floh?«

      Der Translator gab nichts von sich, und der Fremde begann langsam zu sprechen. Es war ein ungewohntes Kauderwelsch, eine Mischung aus gedehnten und genuschelten Silben, als würde ein Verzerrer die Worte in die Länge ziehen.

      »Nauhau-uhghawwi bewheflahamrragg fulslitibwooorgh, bam bam!«, klang es, und die mageren Finger des Sprechers machten eine ausladende Geste in Richtung auf seinen Begleiter. »Sfeehedhulwurh Tehesswalawer.«

      »Fehlanzeige«, rumpelte der Translator. »Erbitte weitere Informationen!«

      »Sprecht weiter«, forderte Goman-Largo sie auf. Er warf einen Seitenblick auf Neithadl-Off. Sie stand reglos da, die Sensorstäbchen vollzählig und auf höchste Leistung ausgefahren. Sie sog die fremden Worte in sich auf.

      Der Fremde redete wie ein Wasserfall. Er hatte offensichtlich begriffen, worum es ging. Gleichzeitig schaltete seine rechte Hand an einer Gürtelschnalle. Der Gürtel gab etwas wie ein Brummen von sich und sagte dann laut und deutlich: »Willikommang!«

      »Willkommen!«, korrigierte der Modulmann. »Es heißt willkommen!«

      »Dahangge!«, gab der Translator des Fremden heraus.

      Neithadl-Off


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