Perry Rhodan 1017: Auf den Spuren der Bruderschaft. Kurt Mahr

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Perry Rhodan 1017: Auf den Spuren der Bruderschaft - Kurt Mahr


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»Mein Auftrag duldet keinen Aufschub.«

      Kerlighan antwortete nicht sofort. Surfo wusste, was in seinem Kopf vorging. Warum werfe ich diesen Zwerg nicht einfach hinaus?, fragte er sich. Weil der Kommandant auf Karselpun geheimnisvolle Andeutungen über weitreichende Beziehungen gemacht hat. Und weil der Zwerg so aussieht wie die Wesen, die angeblich als Diener des Orakels beschäftigt sind.

      Surfo beschloss, dem Kranen die Entscheidung zu erleichtern. »Ich kann über die Angelegenheit nicht offen sprechen«, sagte er. »Aber es geht um die Bruderschaft.«

      In Kerlighans dunklen Augen leuchtete es auf. Das Stichwort hatte gewirkt. Aber noch waren die Bedenken des Kommandanten nicht vollends zerstreut.

      »Du kennst die Vorschriften der Flotte«, sagte er. »Wenn ich meinen Flugplan ändere, nur weil ein unbekannter Rekrut mich darum bittet, riskiere ich eine empfindliche Maßregelung.«

      »Für dich mag ich ein unbekannter Rekrut sein«, antwortete Surfo. »Für andere bin ich mehr als das. Und um eine Bitte handelt es sich keineswegs. Ich fordere, dass du mich und meine Begleiter so rasch wie möglich auf Keryan absetzt. Weigerst du dich, dann muss ich einen förmlichen Befehl erwirken. Dabei lässt sich nicht vermeiden, dass andere Mitglieder der Besatzung von der Sache erfahren, zum Beispiel der Funker, der den Befehl aus dem Hauptquartier empfängt. Du weißt, wie gefährlich die Bruderschaft ist. Ich lege Wert darauf, dass dieses Gespräch unter uns bleibt. Barkhaden wird es zu schätzen wissen, wenn du dich in diesem Fall nicht engherzig an die Vorschriften hältst.«

      »Barkhaden ...«, hauchte der Krane.

      »Der Jäger«, bestätigte Surfo.

      Kerlighan straffte sich. »Dein Wunsch wird erfüllt«, erklärte er.

      »Gut«, sagte Surfo herablassend. »Ich danke dir. Wann etwa werden wir auf Keryan landen?«

      Der Krane warf einen Blick auf die Uhr. »Ich kenne unseren gegenwärtigen Standort nur ungefähr. Zwei Zeitbahnmanöver, eine Strecke von ...« Er murmelte etwas Unverständliches. »Nicht mehr als zwölf Stunden«, schloss er.

      *

      »Was soll ich sagen, wenn Kerlighan nach dir verlangt?«, fragte Brether Faddon. Sein jungenhaftes, fröhliches Gesicht wirkte verwirrt. In letzter Zeit fiel es ihm immer schwerer, Surfos Gedankengängen zu folgen. Das hing damit zusammen, dass der Doppel-Spoodie Surfos Denkvermögen beschleunigte.

      Surfos Stirn krauste sich. Mitten auf der Stirn trug er eine Buhrlo-Narbe, eine glasartige, kreisrunde Verdeckung der Haut, von der ein schmaler Ausläufer quer über den Schädel strich. Buhrlo-Narben waren Spuren einer evolutionären Variation, die sich an den Raumfahrern der SOL vollzogen hatte.

      »Lass dir etwas möglichst Lächerliches einfallen«, sagte Surfo. »Sag, ich hätte Leibschmerzen.«

      »Das durchschaut er doch sofort.«

      »Soll er auch. Er soll merken, dass es ein Vorwand ist. Dann denkt er, ich wäre mit geheimen Vorbereitungen beschäftigt.«

      Er hockte sich auf die provisorische Couch. Der Erste Kommandant der TRISTOM hatte sich Mühe gegeben, seine geheimnisvollen Gäste standesgemäß unterzubringen. Die rechteckige Kabine diente ihnen als gemeinschaftlicher Aufenthaltsraum. An ihn grenzten vier kleinere Gelasse, von denen die drei Betschiden sich je eines als Privatunterkunft ausgesucht hatten.

      Scoutie trat durch eine der schmalen, fast vier Meter hohen Türen. Surfo sah zu ihr auf. Sie wirkte nachdenklich.

      »Du hast Angst, dass Kerlighan dir auf die Schliche kommt?«, fragte sie.

      Surfo nickte. »Killsoffer kam auf den Gedanken, dass ich einen Doppel-Spoodie mit mir herumtrage. Warum nicht auch Kerlighan? Wir wissen von Killsoffer, dass das Tragen von mehr als einem Spoodie gegen das Gesetz verstößt und dass, wer das Gesetz übertritt, automatisch als Mitglied der Bruderschaft betrachtet wird. Wozu also ein unnötiges Risiko eingehen? Wir sind nur noch ein paar Stunden von Keryan entfernt. Es darf jetzt nichts mehr schief gehen.«

      Sie setzte sich neben ihn. Sie war achtzehn Chircool-Jahre alt, die Jüngste unter den dreien, zierlich gebaut und wohlproportioniert. Surfo hatte sich schon immer zu Scoutie hingezogen gefühlt; aber die langen Wochen der Enthaltsamkeit hatten in die leise züngelnden Flammen der Zuneigung geblasen und ein knisterndes Feuer des Verlangens daraus gemacht. Es gab Stunden, da sonderte sich Surfo bewusst von den Freunden ab, um die Qual der Askese leichter ertragen zu können. Er wusste, dass Brether Faddon Scoutie gegenüber ebenso empfand wie er.

      »Du bleibst einer von uns, nicht wahr?«, fragte Scoutie mit sanfter Stimme.

      Sie saß dicht neben ihm. Er atmete den eigenartigen Duft ihrer Haare, der von einer kranischen Reinigungslauge herrührte, die nach feuchter Erde und Küchenkräutern roch. Am liebsten hätte er sie in die Arme genommen und ihr versichert, dass er immer an ihrer Seite bleiben werde, und selbst wenn sie ihm noch zwei Spoodies unter die Kopfhaut operierten. Aber drüben am Ausgang stand Brether und beobachtete ihn mit argwöhnischem Blick.

      »Auf jeden Fall«, sagte er daher burschikos. »Mich werdet ihr so schnell nicht los.«

      *

      Eine der charakteristischsten Größen für die Oberflächenbeschaffenheit einer Sauerstoffwelt, nämlich das Verhältnis von Festland zu Wasser, ließ sich für Keryan nur innerhalb schwankender Grenzen angeben. Landmassen von nennenswerter Größe gab es kaum, statt dessen Tausende von Inseln, Landzungen, Festlandstrichen und Bergrücken, wobei tiefer gelegenes Gelände im Wechsel der Gezeiten periodisch unter der Wasseroberfläche verschwand. Für die Verteilung der Meere galt Ähnliches: Es gab keine einzige Wasserfläche, die vom Umfang her den Namen Ozean verdient hätte. Unzählige Lachen, Tümpel, Kanäle, Buchten, Seen und Lagunen drängten sich durch das fadenähnliche Gewirr der Miniaturlandmassen, und selbst das Ahyr-Meer, an dessen nördlichem Ufer die Hafenstadt Unadern lag, besaß eine größte Ausdehnung von nicht mehr als vierhundert Kilometern.

      Der Durchmesser des Planeten betrug rund 25.000 Kilometer, seine Oberflächenschwerkraft maß 1,85 Gravos. Im Bereich der einzigen Siedlung, des Raumhafens mit den daran angeschlossenen Städten, hatten die Kranen ein kuppelförmiges, künstliches Schwerefeld angelegt, das die Gravitation auf einen Wert von 1,2 Gravos reduzierte. Die eigenartige Oberflächenbeschaffenheit von Keryan wurde, so hatte Killsoffer erklärt, auf das Auseinanderbrechen des Mondes zurückgeführt. Rasch wechselnde Gezeitenkräfte hatten das glutflüssige Innere des Planeten aufgewühlt und eine apokalyptische Katastrophe hervorgerufen, der der unübersichtliche Wasser-und-Land-Wirrwarr seine Entstehung verdankte. Die beiden Bruchstücke des geborstenen Mondes hatten sich schließlich stabilisiert. Seitdem besaß Keryan zwei natürliche Satelliten, die in geringem Abstand voneinander um einen gemeinsamen Schwerpunkt rotierten.

      Nachdem die TRISTOM den Orbit verlassen hatte, kam das Gelände des Raumhafens in Sicht. Der Hafen war eine unregelmäßig geformte Fläche von mehreren hundert Quadratkilometern. Er lag auf einem von Nordost nach Südwest verlaufenden Landstreifen. Südlich des Raumhafens befand sich die Stadt Gruda, die das eigentliche Verwaltungszentrum der Kolonialwelt darstellte. Gruda wurde im Halbkreis von Bergen umgeben. Durch das Berggelände zog sich, wiederum in südwestlicher Richtung, ein breites Tal, das nach sechzig Kilometern das Ende des Landstreifens erreichte. An diesem Ende, auf drei Seiten von Wasser umspült, lag die Hafenstadt Unadern.

      Während die TRISTOM sich auf die weite Landefläche hinabsenkte, wurden grellweiße, schimmernde Gebilde sichtbar, die in beträchtlichen Abständen über das Feld des Raumhafens verteilt waren. Surfo zählte insgesamt achtzehn – eine beachtliche Anzahl von Großraumschiffen auf einem Planeten, dessen Siedlerbevölkerung kaum mehr als eine Million zählte.

      Surfo wandte sich vom Bildschirm ab. Es war ihm ein Gedanke gekommen.

      »Brether, sieh zu, ob du Killsoffer herbeischaffen kannst«, sagte er.

      Brether Faddon drehte sich um und sah ihn erstaunt an. »Was willst du von ihm?«, fragte er.

      »Ihn fragen, ob er mit uns kommen will.« Das war eine Lüge, aber es hätte


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