Western Sammelband 4 Romane: Lady in Blei und andere Western. Pete Hackett

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Western Sammelband 4 Romane: Lady in Blei und andere Western - Pete Hackett


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      18

      Die Morgensonne vergoldete die Stadt. Im Westen hingen noch Nebelschwaden über der Prärie.

      Der Wagen folgte den weniger ausgefahrenen Rinnen nach Westen.

      Erst am Stadtende fragte Nathan Gratty: »Wohin fahren wir eigentlich?«

      »Wir fahren bei der Station vorbei. Ich will mir das mal ansehen.«

      »Warum?«

      »Weiß ich auch nicht. Es interessiert mich einfach.«

      Die Stadt blieb hinter dem schweren Frachtwagen zurück. Die vier ausgeruhten Pferde kamen schnell voran.

      Nach ungefähr einer Stunde wurde das Gelände hügelig. Buschwerk wucherte auf den Hügelflanken und den Kuppen, in den Tälern standen Gruppen von Krüppelkiefern.

      »Waren es gute Freunde von dir?«

      »Nein. McLean hatte sie kurz vor dem Trail angeworben.«

      »Komisch, dass du sie trotzdem besuchen willst. Ich wette, wir verlieren einen ganzen Tag.«

      Das Krachen eines Schusses unterbrach die Unterhaltung. Eine Kugel schlug klatschend in die Bordwand.

      Sie sprangen rechts und links vom Wagen und suchten Deckung hinter dem Gefährt.

      Auf einem Hügel im Südwesten stieg Pulverrauch empor.

      »Hoffentlich keine Rothäute, die es auf unsere Skalps abgesehen haben!«, knurrte Nathan. »Wären wir nur auf dem Wagenweg geblieben. Da kann man das Gelände meilenweit übersehen. Hier kann hinter jedem Busch einer stecken!«

      »Reiß dich zusammen, Nathan, du lebst doch noch.« Jack schlich gebückt hinter den Wagen, das Gewehr in den Händen und den Blick auf das Dickicht gerichtet.

      Der Pulverrauch verwehte über dem Hügel.

      Nathan stülpte seinen Hut aufs Gewehr und hielt ihn hinter dem Wagen hoch. Doch der Trick klappte nicht. Niemand feuerte darauf.

      »Die werden doch nicht schon wieder weg sein?« Nathan ließ das Gewehr sinken und setzte den Schlapphut auf.

      Sie warteten eine Weile. Als nichts geschah, richtete Jack sich auf, ging am Wagen nach vorn und stieg auf den Bock.

      Nathan stand noch auf der anderen Seite. »Das gefällt mir an dem Job nicht, Jack. Man muss ständig damit rechnen, dass man überfallen wird. Auf dem Bock sitzt man wie auf dem Präsentierteller.«

      »Du kannst ja nach Dallas zurücklaufen und dort auf die nächste Postkutsche warten.« Jack beobachtete den Hügel, legte das Gewehr aus der Hand und griff nach der Peitsche.

      Nathan stieg über das Rad auf den Bock und fluchte derb.

      »Du lässt den Hügel nicht aus den Augen, Nathan!« Jack knallte mit der Peitsche.

      Die vier Pferde zogen an.

      Nathan hielt das Gewehr angeschlagen, bis ein Waldstück die Sicht auf die Hügelkuppe verdeckte. Da ließ er die Waffe seufzend sinken. »Nein, die sind wieder weg.«

      19

      Die Station im Hügelland bestand aus einem großen, doppelstöckigen Haupthaus mit einem Flachdach, einem Anbau, dem Schuppen und einem Corral. Alles sah ziemlich verwahrlost aus. Das Haus war irgendwann einmal weiß gestrichen worden, aber nur noch wenige Stellen waren mit Farbe bedeckt. Immerhin besaßen die vielen Fenster verstaubte Glasscheiben.

      Die Tür des Anbaus stand offen. Davor war der flache Ranchwagen so abgestellt, dass er den Stall verdeckte, der sich im Anbau befand.

      »Mist«, murmelte Ves, der sein Pferd absattelte.

      »Die haben also nichts abbekommen?«, fragte Dunn, der im halbdunklen Stallgang stand.

      »Verdammt, wie oft willst du es noch hören?«, herrschte Barn den Kumpan an. »Ich war aufgeregt. Ist das ein Wunder? Und die Entfernung war auch ziemlich groß.«

      Dunn ging zur Tür und spähte nach Osten. Noch konnte er den Frachtwagen nicht sehen.

      Barn hängte den Sattel über die Trennwand, schob Dunn zur Seite und verließ den Stall. »Schärfe ihr ein, dass sie die Klappe zu halten hat, Ves!«

      Barn gab dem Kumpan keine Antwort. Er ging zum Haus.

      Jed Dunn schloss die Tür und folgte ihm.

      Das Stationshaus bestand im Untergeschoss aus einem saloongroßen Saal, in den die kleinen Fenster nur wenig Licht einließen. Ein rundes Dutzend Tische mit Stühlen darum standen links des Tresens, hinter dem sich ein langes Regal an der Wand entlang zog. Einige wenige Flaschen waren dort aufgereiht. Mitten im Saal führte eine Treppe ins Obergeschoss. Eine Galerie nahm oben drei Wände ein. Türen gingen von ihr ab. Auf der Treppe lag ein zerfledderter Teppich, der einmal rot gewesen sein musste und von besseren Zeiten kündete.

      An einem Tisch nahe des Tresens saß Melanie, ein großes, starkknochiges Mädchen mit rotblonden, widerspenstigen Haaren, die wie abgefressen aussahen. Sie hatte ein breites Gesicht mit weit auseinanderliegenden, kalten Augen, einen zu lang geratenen Hals, volle Brüste und lange Beine. Sie trug ein dünnes Kleid von grellroter Farbe, das bis zum schwarzen Lackgürtel ausgeschnitten war.

      Barn schenkte sich am Tresen einen Whisky ein, als Dunn den Stationsraum betrat. »Es werden gleich zwei Fremde kommen, Mel. Du bist so nett und hältst die Klappe. – Kapiert?«

      Melanie, die mit weit von sich gestreckten Beinen dasaß und mit einer winzigen Feile an ihren Fingernägeln herummachte, gab darauf keine Antwort.

      Dunn blickte den Kumpan an.

      Barn winkte ab. »Lass sie. Sie wird uns keinen Ärger machen. – Auch einen?«

      »Den hab ich nötig.«

      Barn trank sein Glas leer, stellte ein zweites auf den Tresen und goss beide voll.

      »Warum seid ihr denn so aufgeregt?« Melanie ließ die Feile sinken. »Habt ihr was ausgefressen?«

      »Die geht mir auf den Geist!« Dunn nahm sein Glas und trank es auf einen Zug aus.

      »Du sollst sie in Frieden lassen!«

      »Na klar, sie ist ja auch dein Liebchen. Dir ist es doch recht, dass sie hier rumhängt. Völlig nutzlos im übrigen. Die Fallensteller, die sich hier ab und zu sehen lassen, geben wegen ihr kaum was aus. Und die Rothäute, die mitunter kommen, die denken höchstens darüber nach, wie man sie verschleppen könnte.«

      Melanie wurde bleich und stand auf. »Was willst du damit sagen, Jed?«

      »Dass es für dich hier nicht ungefährlich ist.«

      Barn winkte ab. »Er spinnt. Hör nicht auf ihn, Mel. Die Rothäute wollen von uns Fusel. Squaws haben die selbst genug.«

      Dunn ging zum Fenster und sah den Wagen über die Hügelkuppe rollen.

      »Jetzt«, murmelte er. »Soll ich ...« Er schaute sich um.

      »Bist


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