Die Natur. Die (d.i. Mira Alfassa) Mutter

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Die Natur - Die (d.i. Mira Alfassa) Mutter


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Sri Aurobindo

      Sri Aurobindo

      Weil Du alle Ewigkeit zu ergötzen hattest,

      O Bildner von lebendigen Formen der Erde,

      O Bühnendichter von Tod und Leben und Geburt,

      Welt-Künstler, der in Formen und Farben schwelgt,

      Hast Du der wirbelnden Sphären gewirkt,

      Ein Wissenschaftler, der mit Natur experimentiert

      Und mit Zahlen, Maßen, Theoremen, Würfeln spielt,

      O mathematischer Geist, der niemals irrt,

      Bauend aus Deinen Theorien ein All?

      Proteisch ist Dein Geist der Wonne,

      Meister kleinsten Details und Architekt der Macht,

      Welt-Adept von tausend Mysterien.

      Oder schmiedete eine tiefe Notwendigkeit, nicht Laune von Dir,

      Schicksal, Nichtbewusstheit und das Netz der Zeit?

      — Sri Aurobindo

      * * *

Teil I

      Kapitel 1

      Die Mutter und die Natur

      Worte der Mutter

      Jedes Mal, wenn ein Herz aufglüht bei Deinem göttlichen Hauch, scheint ein wenig mehr Schönheit auf Erden geboren zu werden, die Luft erfüllt sich mit süßem Wohlgeruch, alles wird freundlicher.

      Wie groß ist Deine Macht, O Herr allen Daseins, dass ein Atom Deiner Freude genügt, um so viel Dunkelheit, so viele Sorgen zu zerstreuen, dass ein Strahl Deiner Glorie so den dumpfsten Stein, das schwärzeste Bewusstsein erhellen kann!

      Du hast mich mit Deiner Gunst überhäuft, Du hast mir viele Geheimnisse enthüllt, Du hast mich viele unerwartete, unverhoffte Freuden kosten lassen; aber keine Gnade von Dir kommt dieser gleich, die Du mir gewährst, wenn ein Herz aufglüht bei Deinem göttlichen Hauch.

      In diesen gesegneten Stunden singt Dir die ganze Erde eine Hymne der Freude, das Gras erschauert vor Glück, die Luft ist von Licht durchbebt, die Bäume heben ihr sehnsüchtigstes Gebet zum Himmel, der Gesang der Vögel wird ein Choral, die Wogen des Meeres schwellen vor Liebe, das Lächeln der Kinder erzählt vom Unendlichen, die Seelen der Menschen erscheinen in ihren Augen.

      Sage, wirst Du mir die wundervolle Macht gewähren, diese Morgenröte in aufmerksamen Herzen herbeizuführen, das Bewusstsein der Menschen für Deine erhabene Gegenwart zu erwecken, in dieser so traurigen und so wehrlosen Welt etwas von Deinem wahren Paradies erstehen zu lassen? Welches Glück, welcher Reichtum, was für irdische Kräfte könnten dieser herrlichen Gabe gleichkommen?

      O Herr, nie habe ich umsonst zu Dir gefleht, denn Du selbst in mir sprichst zu Dir selbst.

      Tropfen um Tropfen lässt Du in befruchtendem Regen das lebendige Feuer Deiner allmächtigen Liebe fallen. Wenn diese Tropfen ewigen Lichtes sachte auf unsere Welt des dunklen Unwissens tropfen, so regnen gleichsam auf die Erde goldene Sterne einer um den anderen aus düsterem Firmament.

      Und alles kniet in stummer Andacht vor diesem immer erneuten Wunder.

      * * *

      Kapitel 2

      Er ist in dir – Er ist du

      Worte Sri Aurobindos

      Blick auf zur Sonne; Er ist dort in jenem wunderbaren Herzen des Lebens und Lichtes und Glanzes. Sieh des Nachts die zahllosen Konstellationen, die leuchten wie viele heilige Wachfeuer des Ewigen in der grenzenlosen Stille, die keine Leere ist, sondern pocht mit der Gegenwart einer einzigen, ruhigen und gewaltigen Existenz; schau dort Orion mit seinem Schwert und Riemen, leuchtend wie einst den arischen Vorvätern vor zehntausend Jahren zu Beginn des arischen Zeitalters; schau Sirius in seinem Glanz, und Lyra Millionen von Meilen entfernt im Ozean des Raumes segelnd. Denk daran, dass diese zahllosen Welten – die meisten von ihnen mächtiger als unsere eigene – mit unbeschreiblicher Geschwindigkeit wirbeln auf Geheiß jenes Urahns, und Er allein weiß, wohin, und dass sie doch millionenfach älter sind als dein Himalaya, beständiger als die Wurzeln deiner Hügel, und dass sie dies bleiben werden, bis Er auf seinen Willen hin sie abschütteln wird wie welke Blätter vom ewigen Baum des Universums. Stell dir die Endlosigkeit der Zeit vor, erkenne die Grenzenlosigkeit des Raumes; und dann denk daran, dass, als diese Welten nicht waren, Er derselbe war wie jetzt, und wenn diese Welten nicht mehr sind, Er immer noch derselbe sein wird; sieh, dass jenseits von Lyra Er ist, und weit fern im Raum, wo die Sterne des Kreuzes des Südens nicht gesehen werden können, Er doch da ist. Und dann komm zurück zur Erde und erkenne, wer Er ist. Er ist dir ganz nahe. Sieh dort den alten Mann, der nahe an dir vorübergeht, gebückt und gebeugt, mit seinem Gehstock. Erkennst du, dass dies Gott ist, der da vorübergeht? Dort lacht ein Kind und läuft im Sonnenlicht. Kannst du Ihn hören in jenem Lachen? Ja, Er ist dir noch näher. Er ist in dir, Er ist du. Du selbst bist es, der dort Millionen von Meilen entfernt in den unendlichen Weiten des Raumes brennt, der mit sicheren Schritten wandelt auf den rollenden Wogen des Äthermeeres; du bist es, der die Sterne an ihren Ort gesetzt hat und das Halsband der Sonnen gewebt hat, nicht mit Händen, sondern durch jenen Yoga, jenen stillen handlungslosen unpersönlichen Willen, der dich heute hierher gebracht hat und dich veranlasst, mir zuzuhören. Blick auf, o Kind des Yoga alter Zeiten, sei nicht mehr ein Zauderer und Zweifler; fürchte dich nicht, zweifle nicht, sorge dich nicht; denn in deinem Scheinkörper ist Einer, der Welten mit einem Atemzug erschaffen und zerstören kann.

      * * *

      Kapitel 3

      Das Geheimnis der Natur

      Worte der Mutter

      „Das Hauptmotiv“, das heißt, der Zweck irdischen Daseins, besteht darin, den Geist zu erwecken, zu entwickeln und schließlich zu offenbaren, der im Zentrum der Materie verborgen liegt und diese Materie von innen her nach außen hin in Richtung auf eine fortschreitende Entwicklung treibt, die den von innen her wirkenden Geist befreien wird.

      So finden wir in den äußeren Erscheinungen, wie wir sie sehen, zunächst das Mineralreich mit Steinen, Erde, Mineralien, die unserem äußeren Bewusstsein absolut unbewusst erscheinen. Und doch liegt hinter dieser Unbewusstheit das Leben des Geistes, das Bewusstsein des Geistes, der vollständig verborgen, gleichsam im Schlafe befindlich ist – obgleich das nur ein Anschein ist – und der von innen her wirkt, um diese Materie, die dem Anschein nach vollständig leblos ist, schrittweise umzuwandeln, damit ihre Organisation sich mehr und mehr der Manifestation von Bewusstsein öffne... Zunächst ist dieser Schleier lebloser Materie so vollständig, dass sie dem oberflächlichen Blick etwas ist, was weder Leben noch Bewusstsein hat. Wenn du einen Stein nimmst und ihn mit deinen gewöhnlichen Augen und deinem gewöhnlichen Bewusstsein betrachtest, sagst du, „er hat kein Leben, kein Bewusstsein.“ Denn für denjenigen, der hinter die Erscheinungen zu blicken vermag, befindet sich, verborgen im Zentrum dieser Materie – im Zentrum eines jeden Atoms dieser Materie – die Höchste Göttliche Wirklichkeit, die von innen her schrittweise durch Jahrtausende wirkt, um diese träge Materie in etwas umzuwandeln, was genug Ausdruckskraft besitzt, um den Geist im Inneren offenbaren zu können. Dann haben wir den stufenweisen Ablauf der Geschichte von Leben: wie plötzlich vom Stein ein rudimentäres Leben erschien, und durch aufeinanderfolgende Gattungen eine Art Organisation, das heißt, eine organische Substanz, die fähig ist, das Leben zu offenbaren. Doch zwischen den Mineral- und Pflanzenreichen gibt es Übergangselemente;


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