Seewölfe - Piraten der Weltmeere 112. Fred McMason

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Seewölfe - Piraten der Weltmeere 112 - Fred McMason


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neben Carberry platschte etwas Buntes an Deck. Es zappelte, krächzte und versuchte sich aufzurichten, aber der Regen drückte das bunte Etwas immer wieder auf die Planken zurück.

      Carberry grapschte danach, hielt es fest und legte es dann unter das Segeltuch. Unartikuliertes Gekrächze erklang, und der Profos lachte aus vollem Hals. Das Wasser troff ihm in Strömen vom Gesicht und lief über sein Rammkinn auf die Planken ab.

      „Seht euch mal diesen Piepser an“, sagte er grinsend und deutete auf Sir John, den stolzen Aracanga-Papagei, der mit den Flügeln wild um sich schlug und lahme Kreise drehte.

      „Pfui Teufel, ist der häßlich“, sagte Smoky kopfschüttelnd.

      Das stimmte allerdings, und die Männer lachten noch lauter.

      Sir John hatte eine ganze Menge seiner stolzen Federpracht eingebüßt. Er sah wie ein fast nackter großer Spatz aus, der in allen Farben auseinanderfloß. Sein jetzt riesengroßer Schnabel verlieh dem nackten Körper etwas direkt Abstoßendes. Klein und häßlich hockte er an Deck, ein nasser Lappen, den der Regenguß schlagartig vom Mast gewischt hatte.

      Auf dem Achterdeck fragte sich der Seewolf vergeblich, was bei den Männern dieses Gelächter ausgelöst haben mochte. Durch den Regen sah er kaum etwas, aber die Kerle lachten, er hörte sie brüllen, lachen und toben.

      Dann war der Schauer so schnell vorbei, wie er erschienen war. Sie hatten die Regenwolke durchsegelt, und jetzt sah auch der Seewolf, was die anderen so sehr belustigte.

      Er lachte stoßartig auf, als er das Bündel an Deck sah, das vergeblich Anstalten unternahm, um wieder nach oben zu fliegen. Es ging nicht, der Vogel drehte sich im Kreis und das versetzte ihn anscheinend in hilflose Wut, denn als Carberry nach ihm griff, biß er ihn kräftig in den Daumen.

      „Mann, siehst du aus“, sagte der Profos und setzte ihn auf seine Schulter.

      Sir John hatte es die Sprache verschlagen. Mehr als ein wütendes grelles Krächzen brachte er nicht heraus. Aber er hackte nach allem, was ihm zu nahe geriet. Carberry vermutete, daß der Vogel sich schämte und durch das Gelächter beleidigt war, womit er der Wahrheit sehr nahe war. Er trug ihn noch eine Weile auf der Schulter, bis Sir John langsam, aber sicher wieder einem Papagei ähnelte, sein Gefieder putzte und sich nach einer weiteren halben Stunde laut zeternd aufschwang, um auf die nächste Rah zu entwischen.

      Diesmal ließ er sogar seinen Erzrivalen Arwenack, den Schimpansen, in Ruhe, solange seine Farbenpracht noch nicht wiederhergestellt war.

      Der Wind fiel jetzt ab und zu in kleinen Böen ein, und Pete Ballie, der am Ruder stand, paßte höllisch auf. Er lief in den Böen, die das Schiff hart nach Backbord krängen ließen, so lange mit, bis er auch den letzten Rest Wind genutzt hatte.

      Die Regenfront wanderte, immer noch gut sichtbar, nach achtern ab und wurde schwächer.

      Das Mädchen Ch’ing-chao Li-Hsia, das dem Flußgott Ho Po geopfert werden sollte und deren Name soviel wie „Flüssiges Licht im beginnenden Sommer“ bedeutete, erschien an Deck. Sofort blickte jeder unauffällig, wie er glaubte, in ihre Richtung, denn diese kleine zierliche Chinesin zog die Männerblicke magisch auf sich.

      Auf ihrem zarten Mandelblütengesicht lag die Andeutung eines Lächelns, als sie mit einem Kopfnicken grüßte. Sie hielt sich immer sehr zurück, obwohl sie ihre anfängliche Scheu längst überwunden hatte. Zu einem Baumwollhemd, das Bill ihr geliehen hatte, trug sie Leinenhosen. Aus der Ferne wirkte sie wie ein etwas magerer Knabe. Für den Moses Bill war sie ständig ein Anlaß, tief Luft zu holen, seine magere Hühnerbrust hervorzurecken, den Kopf leicht zwischen die Schultern zu ziehen und sich wie ein alter Seemann zu gebärden.

      Auch jetzt, als er sie sah, pumpte er sich wieder voll Luft, hütete sich aber, zu irgendeinem von der Mannschaft dämliche Bemerkungen zu sagen. Er gab bloß still für sich an, und um zu demonstrieren, was er für ein Mordskerl sei, lüpfte er das schwere Wasserfaß an, bis er einen knallroten Schädel kriegte.

      Sie sah es zufällig und lächelte ihn an.

      Sein Schädel glich einer reifen Tomate, er grinste etwas dümmlich, kratzte mit dem Zeigefinger über den Flaum an seinem Kinn und überlegte ernsthaft, ob er sich an Deck rasieren solle, so wie Carberry oder die anderen es immer taten. Aber das hätte ohnehin nur Heiterkeitsstürme ausgelöst, und so unterließ er es lieber.

      Außerdem bemerkte er Carberrys scheinbar gleichgültigen Blick, aber dahinter erkannte er etwas Lauerndes, und er dachte wieder an den lausigen Rum, der so ekelhaft geschmeckt hatte.

      Aber etwas mußte er tun, sonst würde er platzen, und so holte er den Faßdübel, setzte ihn aufs Spundloch und ergriff einen Hammer, der in Tuckers Kiste unter der Nagelbank lag.

      Er holte aus und hieb zu, mit einer Wucht, die dem kleinen Kerl niemand zugetraut hätte. Selbst der Schiffszimmermann Ferris Tucker zuckte zusammen, als der Bengel zuschlug.

      Es gab einen fürchterlichen Knall. Das obere Eisenband um das Faß zersprang, und die Dauben flogen auseinander: Gleichzeitig brach aus dem Faß ein Wasserschwall hervor, der so spontan herausschoß, daß er den Bengel von den Beinen riß und ihn bis zum Schanzkleid schleuderte. Eine Wand aus Wasser brach über ihm zusammen. Er prustete, schluckte und versuchte auf die Beine zu gelangen.

      „Verdammt“, murmelte er und sah verächtlich auf den Hammer, „ich kann mir diesen harten Schlag einfach nicht abgewöhnen.“

      Kopfschüttelnd und mit in die Hüfte gestemmten Armen besah er sich die Überreste des Fasses.

      Carberry sah ihn völlig ausdruckslos an. Und Smoky musterte ihn genauso, wie er vorhin den Papagei Sir John gemustert hatte, als der triefnaß an Deck gefallen war.

      „Tut mir leid, Mister Carberry“, stammelte der Bengel, „ich, äh, mir ist der Hammer ausgerutscht.“

      „Hast du schon mal ein Faß repariert?“ fragte Ed.

      „Jjjaaahh, Sir.“

      „Dann repariere es“, sagte der Profos trocken. „Wasser haben wir trotzdem genug. Und in Zukunft haust du nicht mehr so kräftig zu, verstanden? Das Mädchen glaubt auch so, daß du ein Kerl bist, der das ganze Schiff mit einem Schlag zertrümmern kann!“

      Bill nickte. Verdammt, bei dem Profos durfte er sich auf nichts einlassen, der durchschaute ihn immer sofort. Vielleicht war der früher auch mal in so ein hübsches Mädchen verknallt gewesen und kannte alle Tricks, um die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken.

      Während er sich mit dem kaputten Faß abmühte und kein brauchbares Ergebnis sah, weil die Dauben immer wieder zusammenfielen, erklang aus dem Großmars ein Ruf.

      Blacky deutete nach Steuerbord voraus.

      „Zwei Grad Steuerbord voraus!“ rief er laut. „Ein Schiff! Viermaster!“ setzte er hinzu.

      Fast an der Kimm stand es, man sah nur die Masten wie hauchfeine Nadeln aus dem Wasser ragen.

      Hasard blickte durch das Spektiv, setzte es ab und blickte noch einmal hindurch.

      „‚Eiliger Drache‘ über den Wassern“, sagte er laut. „Dort vorn segelt die Korsarin, kein Zweifel.“

      Er fühlte sich erleichtert. Die Ungewißheit, wo die Rote Korsarin Siri-Tong sich befand, war vorüber. Vielleicht hatte ihre Eile durch irgend etwas einen Dämpfer erfahren, überlegte der Seewolf. Oder sie hatte sich besonnen und war zu der Einsicht gelangt, daß sie allein doch nicht viel ausrichten konnte.

      Das schwarze Schiff segelte langsam, es hatte nur zwei Segel gesetzt, und wenn den Seewolf nicht alles täuschte, dann kreuzte es sogar, denn gerade jetzt ging es auf den anderen Bug, und es hatte den Anschein, als segele es ihnen entgegen. Genau ließ sich das nicht erkennen, die Entfernung war noch zu groß, so daß man sich leicht täuschen konnte.

      Unter der Crew verbreitete es sich schlagartig, daß der schwarze Segler sich vor ihnen befand, und nach einer Weile ließen sich auch mit bloßem Auge seine unverwechselbaren Konturen erkennen. Alles an dem Schiff war schwarz,


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