Seewölfe - Piraten der Weltmeere 560. Fred McMason

Читать онлайн книгу.

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 560 - Fred McMason


Скачать книгу
Ich habe das jedenfalls geträumt, und sehr oft haben sich meine Träume bewahrheitet. Das war schon auf der alten ‚Empress‘ so, und auf dieser Dubas ist es genauso. Wir finden den Weg.“

      „Amen und silentium“, sagte der Profos. „Jetzt geht das wieder mit dem alten Pesteimer los, auf dem Gottvater Old O’Flynn über alle Weltmeere geflutscht und geschwuppdiwuppt ist.“

      Die Arwenacks grinsten. Der Profos schien heute etwas grummelig zu sein, oder er ärgerte sich über Donegals Träume. Den Alten focht das jedoch nicht an, er war – im Gegensatz zu Ed – recht guter Laune und voller Zuversicht, daß sie den Weg fanden.

      „Ha, Pesteimer“, sagte er verächtlich. „Bei uns wurde die Pest mit Rum bekämpft. Da soff jeder am Tag eine Buddel, und alle blieben gesund und munter. Da war die Pest so weit weg wie der Mond. Nach so einer Buddel habe ich nicht einmal gemerkt, daß mich ein Köter gebissen hatte.“

      „Wo hat er dich denn gebissen?“ fragte Smoky.

      „Na, ins Bein natürlich. Meist beißen die Köter dahin, weil das am besten zu erreichen ist.“

      „Wenn du das nicht gemerkt hast“, sagte Carberry sarkastisch, „dann wundert mich das keineswegs. Entweder warst du besoffen, oder die Töle hat in dein Holzbein gebissen.“

      Old O’Flynn nickte tiefsinnig.

      „Genau, der Köter hat in mein Holzbein gebissen.“

      „Und was ist daran so komisch?“ fragte der Profos verdrossen.

      „Das ist eine lange Geschichte. Damals hatte ein fürchterlicher Sturm gerade die beiden Beiboote der ‚Empress of Sea‘ zerschlagen, und genau zu diesem Zeitpunkt biß mich der Köter ins Holzbein. Innerhalb von vierundzwanzig Stunden schwoll es an, immer mehr, immer stärker, bis ich nicht mehr laufen konnte. Es schwoll so dick an, daß sie mich der Schiffslänge nach an Deck legen mußten. Der Feldscher konnte mir nicht mehr helfen, er war hilflos. Aber zum Glück hatten wir noch den Schiffszimmermann. Der hat dann Bretter und Planken aus dem Holzbein geschnitten, und das reichte genau aus, um daraus zwei neue Beiboote zu bauen. Danach war alles wieder normal, ja, so war das damals auf dem Schiff, das du als Pesteimer bezeichnet hast.“

      Edwin Carberry erstickte fast an seinem Hustenanfall. Er schluckte hart und mußte erneut husten, bis er knallrot anlief.

      „Um Himmels willen“, stöhnte er entgeistert. „Jetzt kommt aber Nebel auf, mein lieber Mann. Hat die Welt denn so etwas schon mal gehört?“

      Smoky starrte den Alten ganz verdattert an. Paddy Rogers, der neben ihm stand, hielt den Mund geöffnet und blickte auf Donegals Holzbein.

      Der Kutscher seufzte nur entsagungsvoll.

      „Das ist doch wohl nicht möglich“, sagte Smoky voller Zweifel. „Wie kann ein Holzbein denn durch einen Biß anschwellen?“

      „Ja, die Erklärung würde ich auch gern hören“, höhnte der Profos. „Aber da hat er natürlich keine, weil er wieder mal das Blaue vom Himmel heruntermogelt.“

      Das alte Schlitzohr O’Flynn ließ sich jedoch nicht aus der Ruhe bringen. Er grinste reichlich überlegen.

      „Ist doch ganz klar“, stöhnte er, „geradezu logisch. Durch den Biß dringt Feuchtigkeit ins Holz, und wenn Holz feucht wird, dann fängt es an zu quellen, oder?“

      Ein paar Arwenacks nickten zustimmend. Carberrys höhnisches Grinsen erstarrte so langsam und wurde zur Grimasse.

      „Na also, so quoll es immer mehr auf. Was gibt’s daran zu zweifeln, ihr Töpfer? Wenn ihr das mit dem Holz nicht glaubt, dann könnt ihr ja Ferris fragen, der wird gern bestätigen, daß feuchtes Holz nach einer Weile quillt.“

      „Kann ich bestätigen“, sagte Ferris, „das weiß schließlich jeder Dackel. Nur an dem Umfang scheiden sich die Geister. Aber auf der braven ‚Empress‘ war ja schließlich alles möglich.“

      „Schade, daß es nicht noch für einen Mast gelangt hat“, bedauerte Carberry lebhaft. „Der hätte dir dann auf die Birne fallen müssen.“

      Old O’Flynn grinste wie ein Faun. Da hatte er den Kerlen wieder mal eine feine Geschichte aufgetischt!

      Carberry, der sich mächtig verschaukelt fühlte, wandte O’Flynn demonstrativ den Rücken zu und betrachtete angelegentlich die Küste, die etwa eine Meile entfernt war.

      Die Dubas segelte auf Südkurs fast raumschots und lief gute Fahrt.

      Hin und wieder war an Land ein schmaler heller Sandstreifen zu sehen. Dahinter begann Wald, der mit niedrigen Vegetationszonen abwechselte. Dann wieder tauchten kleine Wäldchen voller Olivenbäume auf.

      Einmal entdeckten sie dicht am Wald ein Rudel Wildschweine. Ein gewaltiger Keiler mit mächtigen Hauern wühlte in einer Schlammsuhle, umgeben von vier Sauen mit mehr als zwanzig Frischlingen.

      Der Abstand zur Küste hatte sich verringert. Sie waren nur noch drei, vier Kabellängen entfernt, weil an Backbord immer wieder dunkle Schatten aus dem Wasser wuchsen, die auf Untiefen deuteten.

      Big Old Shane lief das Wasser im Mund zusammen, als er die Wildschweine sah. Er fuhr sich grinsend mit der Hand durch seinen dichten grauen Bart.

      „Das wäre mal was für uns“, sagte er lüstern. „Vor Anker gehen und eine kleine Sauhatz veranstalten. Dazu ein Lagerfeuer mit gebratenem Wildschwein und süffigem Bier.“ Er geriet richtig ins Schwärmen, der Ex-Schmied von Arwenack. „Das gab es früher auf der Feste Arwenack“, erzählte er, „beim alten Killigrew. Sie tafelten, daß sich die Tische bogen.“

      Shanes Erzählung und sein lüsterner Blick auf die Wildschweine wirkten auf die anderen ansteckend. Selbst auf den Kutscher, der nach Profos-Art die Arme in die Hüften stemmte und ebenfalls interessiert und neugierig zum Land blickte.

      Dort tauchten immer mehr Wildschweine auf, ganze Rudel trieben sich da herum.

      „Ja, das wäre was“, sagte er begeistert. „So ein paar Schweinchen, die sich am Spieß drehen, schön knusprig und kroß sind, mit einer herrlicher Soße dazu, vielleicht einer Cumberlandsoße, die sich zu Wild ganz besonders eignet.“

      Big Old Shane schluckte ganz unbewußt.

      „Das hört sich gut an“, sagte er heiser. „Was ist denn eine Cumberlandsoße?“

      „Die gab es bei Doc Freemont zu Wild oder Geflügel. Dazu braucht man Marmeladengelee, ein bißchen Senf, ein bißchen Rotwein, eine feingehackte Zitronenschale und …“

      „Haben wir doch alles an Bord“, warf Shane ein, der in Gedanken bereits vor einem Wildschweinbraten mit Cumberlandsoße hockte und kräftig die Zähne reinhieb.

      „Bloß die Wildschweine nicht“, sagte der Kutscher betrübt. „Die laufen da draußen rum und suhlen sich im Dreck.“

      „Könnten sich bei mir im Magen viel besser suhlen“, sagte Shane. Der sonst so ruhige Mann sah heute aus wie ein hungriger Wolf. Und als der Kutscher dann noch von Koriandersoße, Pilzen und Bohnen sprach, da begann sein Magen hörbar zu knurren.

      Inzwischen hatten die Kerle alle hungrige Augen und stierten so intensiv zum Land, als wollten sie die Wildschweine herbeizaubern.

      Paddy Rogers war schon ganz krank. Er leckte sich über die Lippen, schluckte und hing mit gierigen Blicken an des Kutschers Lippen, als der das alles so richtig ausmalte.

      Die Kerle stöhnten verzückt.

      Der Profos blies die Backen auf und kriegte ebenfalls prompt Hunger.

      Die Kunde von dem leider noch imaginären Essen verbreitete sich im Nu bis zum Achterdeck der Dubas. Sofort kam auch Old O’Flynn angehumpelt und verklarte den Mannen, daß Wildschwein am Spieß das Größte sei, außer vielleicht noch eine fette Gans, für die er ganz besondere Vorliebe hegte, mit Rotkraut und so. Aber da es hier keine Gänse gab, war Wildschwein vielleicht noch besser.

      Auf dem Achterdeck konnte Hasard sich


Скачать книгу