Seewölfe - Piraten der Weltmeere 204. Roy Palmer

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Seewölfe - Piraten der Weltmeere 204 - Roy Palmer


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und das bedeutet für uns dicken Verdruß.“

      „Pech für Sirius“, sagte Blacky lakonisch, ohne den Alten auch nur aus den Augenwinkeln heraus anzusehen. „Diese Venus soll ja ein scharfer Brocken sein, hab ich gehört, und da …“

      „Nein!“ unterbrach Old Donegal ihn scharf. „Sie ist kein Brocken, sondern ein Stern!“

      „Ah so.“

      „Und es gibt eine Wissenschaft, du Lorbas, die nennt sich Astrologie. Man sieht sich die Sterne an und weiß, welches Schicksal einem beschert wird.“

      „So?“ meinte Blacky. „Aber wie sollst du die Sterne sehen, wenn der Himmel wolkenverhangen ist? Kannst du mir das mal erklären?“

      Old O’Flynn verzog das Gesicht zu einer Grimasse der Verachtung. „Dummbeutel“, sagte er – und verließ schleunigst das Ruderhaus. Eine Antwort auf Blackys berechtigte Frage wußte er nämlich selbst nicht.

      Der Seewolf war mittlerweile an die vordere Schmuckbalustrade des Achterdecks getreten, beugte sich leicht vor und legte die Hände als Schalltrichter an den Mund.

      „Ed!“ schrie er.

      „Sir?“ tönte es von der Kuhl zurück, etwa aus der Richtung der Gräting und der Beiboote. Die Gestalt des Profos’ war dort mehr zu ahnen, als richtig zu erkennen, aber er war da, allgewaltig und lautstark wie immer.

      „Laß die Zurrings der Beiboote und die Haltetaue der Kanonen noch mal überprüfen!“ rief Hasard ihm zu. „Und dann sollen die Männer vorsichtshalber schon mal die Luken und Schotten verschalken und die Manntaue spannen, verstanden?“

      „Aye, Sir, verstanden!“ meldete Carberry. Er schwenkte herum und ließ die übliche Wortkanonade auf die Männer los: „Ihr Himmelhunde, habt ihr’s nicht gehört? Flitzt los und zeigt die Hacken, willig, oder braucht ihr eine Sondereinladung? An die Stücke, an die Boote, und her mit den Spanntauen, zur Hölle, ich hab das schon schneller gesehen, ihr blinden Kanalratten! Ich will die Taue so stramm wie eure gottverdammten Affenärsche sehen, oder es gibt Zunder, daß es raucht! Mister Davies, pennst du? Mister Stenmark, muß ich dir Feuer unterm Achtersteven machen? Oh, ihr Triefaugen und Rübenschweine, wer hat euch bloß gezeugt?“

      Matt Davies rannte zum Kutscher hinüber, um mit diesem zusammen das Kombüsenschott zu verschalken.

      „Teufel auch“, sagte er wütend. „Manchmal denke ich, es wäre doch besser gewesen, wenn sie unseren Profos auf Seribu in den Teich gekippt hätten, wie sie’s vorgehabt hatten!“

      „Wie?“ Der Kutscher hob erstaunt den Blick. „Hättest du ihm das wirklich gewünscht – daß er mit Steinen beschwert jämmerlich ersoffen wäre?“

      „Na“, meinte Matt mit einem schiefen Grinsen. „Das nun auch wieder nicht. Aber sie hätten ihn ja wenigstens mal kurz einstippen und dann wieder hochziehen können. Vielleicht hätte ihm das Salzwasser ein wenig seine große Klappe gestopft.“

      „Das glaubst du wirklich?“

      „Man wird doch wohl noch an was glauben dürfen“, sagte Matt Davies. „Stell dir mal vor, du dürftest ihm ein paar Gallonen Wasser aus dem Wanst pumpen. Wäre das nicht …“

      Weiter gelangte er nicht, denn hinter seinem Rücken brüllte Carberry von neuem los: „Mister Davies, du Höhlenmolch, glaubst du, ich sitze auf meinen Ohren? Du sollst nicht dumm ’rumquatschen, du sollst arbeiten, daß die Schwarte kracht!“

      „Jetzt wird einem schon das Maul verboten“, brummte Matt Davies.

      „Leg dich bloß nicht mit ihm an, Matt“, sagte der Kutscher, der die riesige, ungeschlachte Gestalt des Profos’ aus dem Dunkeln anrücken sah, warnend.

      „Tue ich ja auch nicht.“

      „Matt Davies!“ dröhnte Carberrys mächtige Stimme. „Hast du nicht gehört, was ich gesagt habe? Rede ich zu leise?“

      „Herrgott, nein“, stöhnte Matt.

      „Was, wie?“

      „Ich sagte: Aye, Sir!“ rief Matt, und dann kramte er rasch die Persenning und die Schalklatten her, mit denen der Kutscher und er das Kombüsenschott abzudichten hatten.

      Carberry blieb stehen. Durch Beinarbeit glich er die schwankenden Schiffsbewegungen aus. Er stemmte die Fäuste in die Körperseiten, schaute den Männern eine Weile zu und sagte dann: „Gut. So gefällt’s mir schon besser, ihr Stinte.“ Er gab noch einen grunzenden Laut der Zufriedenheit von sich, danach wandte er sich ab und marschierte von dannen, um auch den Rest der Crew zu kontrollieren.

      Bill, der Moses, hatte sich zu diesem Zeitpunkt vorsichtshalber schon mit einem Tau am Großmast festgebunden, um nicht von seinem luftigen Posten, dem Großmars, zu fallen. Er hielt prüfend Ausschau nach Südwesten, wo es wetterleuchtete und heftig blitzte und von wo aus jetzt unterschwellig grollender Gewitterdonner zu vernehmen war.

      Wie alle anderen wartete auch Bill darauf, daß der Seegang und der Wind zunahmen und es bald wie aus Eimern zu schütten begann. Doch in diesem Punkt wurden sie angenehm enttäuscht. Noch brach der Sturm nicht mit seiner vollen Macht los, ja, er schien zu zögern, irgendwie auf einem Wartepol angelangt zu sein, um Luft zu holen und dann so heftig wie nie loszubrüllen.

      Die erste Nachtwache, die bis Mitternacht dauerte, verlief voll innerer Anspannung und Ungewißheit über das, was noch folgen mochte. Energisch stemmte sich die „Isabella“ mit ihrem Vorschiff gegen die aufgerührte See, teilte die Wogen mit ihrem Bug und lief näher und näher auf die Straße von Mentawai zu.

      Würde es wirklich noch Verdruß geben, wie Old O’Flynn wieder mal prophezeit hatte – oder hatte der Alte dieses Mal die nahe Zukunft doch zu schwarz gemalt und sich getäuscht?

      2.

      Die Zeit verstrich quälend langsam, und Morgan Young spürte, wie ihm der Schweiß aus allen Poren des Körpers trat und Hoffnungslosigkeit von ihm Besitz ergriff.

      „Mein Gott, Romero“, flüsterte er. „Jesus, beeil dich, schlag kräftiger zu. Und wenn ich auch ein paar Kratzer dabei abkriege – es macht mir nichts aus.“

      „Sei still“, zischte der junge Spanier ihm zu. „Ich bin fast soweit. Santa Madre, sage jetzt nichts.“

      „Morgan“, flüsterte in diesem Moment Trench, einer von Youngs englischen Kameraden. „Die Zeit bis zur nächsten Wachablösung ist gleich um.“

      „Nein!“

      „Dann erscheint der Posten und überprüft unsere Ketten, dann …“

      „Halt den Mund!“ unterbrach Young ihn scharf. So laut, daß seine Stimme das Heulen und Tuscheln des Windes fast übertönte.

      „Madre de Dios“, flüsterte Romero. „Müßt ihr euch denn ausgerechnet jetzt herumzanken? Seid ihr des Teufels?“

      „Ja“, murmelte Young. „Wir sind alle des Teufels. Wir sind Narren, die das kriegen werden, was alle Narren verdient haben: einen Gnadenschuß ins Genick oder sonstwohin.“

      Romero hatte den einen Beinschäkel um Morgan Youngs Fußknöchel mit dem Scharfeisen aufgestemmt, so weit, daß der Engländer seinen Fuß jetzt herausziehen konnte. Jetzt arbeitete er an dem Schäkel des anderen, linken Beines, setzte das Auftreibwerkzeug an und schlug immer wieder mit dem kleinen Hammer zu, knapp, gezielt, mit verbissener Miene und aufeinandergepreßten Zähnen. Seine Hände und Arme schmerzten inzwischen heftig, er konnte es kaum noch aushalten.

      Dann, als Young kaum noch mit einem Erfolg seiner Anstrengungen rechnete, wisperte der Spanier: „Es geht, Morgan. Versuch es. Es kommt jetzt auf dich ganz allein an.“

      Morgan Young zog sofort die Beine an und zerrte sie aus den Beinschäkeln, die von Romero gerade weit genug aufgetrieben worden waren, daß er seine nackten Füße herausnehmen konnte. Von den Fußketten und dem schweren Eisengewicht befreit, vermochte Young


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