Seewölfe - Piraten der Weltmeere 450. Fred McMason
Читать онлайн книгу.geholt, viele andere waren ins Meer hinausgetrieben worden, aber etliche lagen noch am Strand. Für sie wurde am anderen Ende der Bucht eine große Grube ausgehoben.
Dann wurden die vier Jollen aus den Felsen geholt und zum Wasser gebracht. Auch das war wieder eine Heidenarbeit, die nur durch viele Männer bewältigt werden konnte.
Noch an diesem Nachmittag herrschte auf der Insel eine Emsigkeit, die fast beängstigend wirkte.
Aber Ben hatte das erreicht, was er wollte, und bewies damit, daß er die Leute zu führen verstand. Sie hatten jetzt so viel zu tun, daß sie pausenlos beschäftigt und abgelenkt waren.
Das Zelt für Hasard wurde errichtet und eine Lagerstatt aus Decken und Moosen geschaffen. Als es stand, trugen sie den Seewolf hinein. Seine Söhne wichen nicht von seiner Seite. Pater David und der Kutscher bemühten sich ebenfalls ständig um ihn. Sein Gesicht war immer noch bleich und eingefallen, sein Atem ging flach, und auf seiner Stirn perlte der Schweiß. Die Schnittwunde auf seiner linken Wange war dick mit Salbe bestrichen worden.
„Mehr können wir vorläufig nicht tun – nur beten“, sagte Pater David zum Kutscher. Der nickte nur stumm und betrübt. Nein, mehr konnten sie nicht tun, auch ihre ärztliche Kunst war begrenzt. Aber Hasard hatte eine bärenstarke Natur, und darauf hoffte der Kutscher, hofften auch die Zwillinge und all die anderen.
Sam Roskill, Bob Grey und Gary Andrews fischten inzwischen mit einer Jolle die Bucht ab. Eine zweite Jolle mit Pete Ballie, Al Conroy und Batuti war ebenfalls unterwegs, um das in der Bucht treibende Zeug zu bergen.
Da war trotz der wilden Explosion, die die „Estrella“ zerfetzt hatte, noch allerlei aufgetrieben. In der schwachen Dünung bewegten sich rußgeschwärzte Planken, da trieben angekohlte und versengte Holzstücke in allen Größen herum, und da war von der Karavelle noch ein ebenfalls pechschwarzes Gerippe übriggeblieben, das langsam Kurs auf die offene See nahm. Auch Tauwerk, Segelfetzen und ein paar leere Fässer trieben herum.
Das chinesische Drachenschiff war ebenfalls zerfetzt worden, als es in einem Glutball auseinanderflog. Erstaunlicherweise gab es aber auch hier noch Überreste.
An einem Maststück hing noch ein toter chinesischer Schnapphahn, der ebenfalls in die See abtrieb. Sie ließen ihn, wo er war. Die Haie würden ihn ohnehin bald holen, und sie hatten Wichtigeres zu tun, als in der See treibende tote Piraten an Land zu bringen.
Das schwarze Gerippe wurde in Schlepp genommen. Gary Andrews band es an der Jolle fest. Dann pullten sie zum Strand zurück, wo die Männer mit allerlei Arbeiten beschäftigt waren.
Die Bergeaktion in der Bucht diente nicht nur dem Zweck der Ablenkung. Das Holz konnte zumindest als Brennholz noch verwendet werden. Viele Bäume gab es auf der Insel Isabela nicht, und so wurde jede Planke und jeder Splitter geborgen und zum Ufer gebracht, wo es gestapelt wurde.
Unterdessen war Mac Pellew zusammen mit dem Koch Eric Winlow damit beschäftigt, eine Kochstelle zu errichten.
Dazu nahmen sie Lavabrocken, die sie bei den Felsen fanden. Mitunter aber mußten sie auch größere Brocken aus dem Fels schlagen, und das erwies sich als sehr mühsam. Das Lavagestein, das so porös aussah, erwies sich als hartes Zeug, das nur schwer zu bearbeiten war.
Die beiden Köche schufteten im Schweiße ihres Angesichts. Mac sah noch grämlicher drein als zuvor, und seine Laune ließ ebenfalls sehr zu wünschen übrig. Seit Araua tot war und der Seewolf schwer verletzt im Zelt lag, hatten sich Falten und Kerben in Macs Gesicht gegraben. Er war auch nicht gerade freundlich und sprach nur selten ein Wort.
Etwas weiter von ihnen entfernt war der Profos mit Smoky, Blacky und Luke Morgan dabei, für die acht Hühnerchen, die in einem Verschlag an Land gebracht worden waren, einen Auslauf zu bauen. Dieser Auslauf wurde aus Steinen errichtet, hoch genug, damit die Hühner nicht darüber flattern konnten.
Carberry ging hinüber, wo Mac Pellew und Eric Winlow die Lavasteine abschlugen, suchte sorgfältig ein paar Brocken heraus, klemmte sie unter den Arm und nahm sie mit, um damit die Mauer für den Stall zu errichten. Mac Pellew war so beschäftigt, daß er nichts davon bemerkte.
Als der Profos das zweite Mal aufkreuzte, hatte Mac aber doch etwas gesehen und lauerte schon auf ihn. Sein Blick war äußerst gallig, und in der Hand hielt er einen Hammer, als wollte er damit gleich zuschlagen.
„Von wegen“, knurrte Mac. „Ich racker mir hier die Seele aus dem Leib, um einen verdammten Herd zu bauen, und du kreuzt einfach auf und klaust mir die Steine. Nicht mit mir, Mister Carberry. Hau dir deinen Scheiß gefälligst selbst raus.“
„He, was ist denn mit dir los, Mac?“
„Ich bin nicht dein Mac, Mister Carberry, und ich kann es auf den Tod nicht leiden, wenn du mir die Steine klaust.“
„Wer klaut denn hier?“ fragte Ed erstaunt. „Ich habe mir doch nur ein paar genommen, die ihr nicht brauchen könnt. Die Mauer muß hoch, sonst flattern mir die Hühner davon.“
„Koch deine Hühner doch zu Brühe, dann fliegen sie nicht mehr, und du kannst sie in einem Faß unterbringen. Und was ich hier brauchen kann oder nicht, das mußt du schon mir überlassen.“
Der Profos wollte gerade losbrüllen, weil Mac eine große Lippe riskierte, aber dann stemmte er nur die Pranken in die Seiten und sah Mac Pellew nachdenklich an.
„Verstehe“, brummte er, „dir geht es genauso beschissen wie mir und den anderen. Klopfen wir die Steine zusammen ab, was, wie?“
„Wenn’s denn sein muß“, brummte Mac. „Ich habe heute nicht gerade meinen besten Tag, weißt du!“
„Ja, manchmal regt man sich über jede Kleinigkeit auf“, gab der Profos zu. Aber dann klopften sie in stiller Eintracht doch zusammen die Brocken aus dem Fels. Mac Pellew sprang ein paarmal erschreckt zur Seite, denn der Profos schlug zu, als habe er die Absicht, den ganzen Berg abzuräumen.
Nach und nach erschienen auch die Pinguine und die Seelöwen wieder, die der gewaltige Feuerzauber in der Bucht vertrieben hatte. Sie hielten zwar noch Abstand, aber sie waren wieder da. Die neugierigen Pinguine, die wie kleine Kinder umhertollten, watschelten bald wieder näher heran und sahen offenbar interessiert dem seltsamen und ungewohnten Treiben zu.
Ben Brighton erschien mal am Strand, dann wieder in der Mulde und kümmerte sich um alles. Ferris Tucker stand mit seiner riesigen Axt unten am Strand und sichtete das Treibgut. Was noch verwendet werden konnte, sortierte er aus. Der Rest wanderte auf den Stapel, der später als Brennholz dienen sollte.
„Sehr viel ist es ja nicht“, sagte Ferris. „Es wird auch nur ein paar Tage reichen. Aber ich war mal bei den Mangroven da drüben. Das Holz kann man notfalls zum Feuern, besser aber noch zum Räuchern verwenden. Es gibt hier auch viele Fische, die man über dem Mangrovenholz räuchern kann. Wir müssen sie nur fangen.“
„Mit dem Fischfang beginnen wir morgen“, sagte Ben. „Wer hier länger überleben will, muß mit erheblichen Problemen rechnen und vor allem damit fertig werden. Ein großes Problem ist augenblicklich noch das Trinkwasser. Hoffen wir, daß Jean auf Wasser stößt, sonst sieht es böse für uns aus.“
„Notfalls ziehen wir um. Ich bin ganz sicher, daß es auf irgendeiner der Inseln Trinkwasser gibt.“
„Ja, ich hoffe es wenigstens. Wir werden auch damit beginnen, die Inseln zu erkunden. Von dieser hier haben wir zwar noch nicht viel gesehen, aber Dan sagte, daß sie ziemlich trostlos sei. Er hatte sich aber auch nur einen kurzen Überblick verschafft.“
Ben kehrte wieder zurück, ging ins Zelt und sah nach Hasard. Aber sein Zustand hatte sich nicht geändert. Er war weder besser, aber auch nicht schlechter geworden.
Inzwischen hatten Jean Ribault, Roger Lutz, Dave Trooper und Tom Coogan die Felsen erstiegen.
Ribault war tief in Gedanken versunken, denn Arauas Tod ging ihm sehr nahe. Er wußte noch nicht, wie sie diese schlimme Nachricht ihrer Mutter Arakana beibringen sollten, obwohl noch viel Zeit vergehen würde, bis sie die Schlangen-Insel erreichten. Vorerst war daran noch nicht zu denken. Aber Arkana