Seewölfe - Piraten der Weltmeere 431. Fred McMason

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Seewölfe - Piraten der Weltmeere 431 - Fred McMason


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die Farbe, als er die zerstörte Jolle sah. Es gab kaum mehr Hilfe für sie, sie hatten eine Möglichkeit zur Flucht verloren.

      Aber eine Jolle mußte noch hier ganz in der Nähe liegen. Sie fanden sie jedoch erst nach längerer Suche, und dabei erlebten sie ein Fiasko. Die Jolle war intakt, aber die Chimús hatten sie sozusagen als Köder benutzt, weil sie wußten, daß diese Jolle für die Spanier die letzte Chance bedeutete und sie sich auf das Boot konzentrieren würden.

      Erleichtert nahm Samola zur Kenntnis, daß die Jolle heil war. Er dachte jedoch nicht im Traum daran, den anderen Männern am Ostufer zu Hilfe zu eilen. Er wollte nur noch weg von hier. Vor sich selbst entschuldigte er sein Handeln damit, daß ja schließlich einer nach Guayaquil durchkommen mußte, um Bericht zu erstatten. Der Teniente hätte sicherlich auch keine Zeit verloren.

      „Schiebt das Boot ins Wasser!“ befahl er.

      Als die Spanier zupackten, tauchten aus den Mangroven plötzlich Schatten auf. Zischende Worte erklangen.

      Samola feuerte blindlings drauflos. Er traf auch einen Indianer, aber neben ihm brach einer seiner Leute zusammen und fiel mit dem Kreuz auf das Dollbord. Von dort aus rutschte er in den Schlick.

      Die anderen erfaßte erneut wilde Panik. Sie hieben und stießen um sich, feuerten mit den Pistolen und sprangen ins Boot. Ein weiterer Schatten brach in einem Feuerblitz zusammen. Sie konnten zwischen ihren eigenen Leuten und den Indianern nicht mehr unterscheiden.

      „Weg hier!“ schrie der Capitán. „Pullt, ihr Bastarde!“

      Wieder feuerte er zwei Pistolen ab. Ein weiterer Mann brach schreiend neben ihm zusammen.

      Sie warfen sich in das Boot, sprangen es an oder krallten sich daran fest. Ein paar von ihnen griffen zu den Riemen und hieben sie wie verrückt ins Wasser. Nur fort von dieser Teufelsinsel, weg von hier, sonst fielen sie doch noch den heimtückischen Indianern zum Opfer.

      Samola lag langgestreckt zwischen den Duchten und feuerte seine Männer mit wüstem Gebrüll zum Pullen an. Im schwachen Licht sah er voller Entsetzen, daß einer der Ruderer lautlos auf der Ducht zusammensackte. Ein gefiederter Pfeil hatte sich in seinen Hals gebohrt. Ein anderer Pfeil zerbrach splitternd, als er auf den Brustpanzer eines Seesoldaten prallte.

      Die Schatten am Ufer waren verschwunden. Den Dons saß das nackte Grauen im Genick, als sie sich endlich außerhalb der Schußweite von Pfeil und Bogen befanden.

      Ächzend richtete sich Samola auf und zählte seine Leute. Da gab es nicht mehr viel zu zählen. Im Boot hockten noch ganze sechs Mann, der Tote nicht mitgerechnet.

      Das Blitzen und Krachen am anderen Inselufer hatte aufgehört. Samola versuchte etwas zu erkennen, doch das war zwecklos. Die Dunkelheit hing immer noch wie ein schwarzes Tuch über ihnen, und mehr als vage Umrisse waren nicht zu erkennen.

      Unaufhörlich trieb er die Männer an, die aus Leibeskräften pullten.

      „Seht nach, ob er tot ist“, sagte er dann, auf den zusammengesunkenen Mann deutend.

      „Er ist tot, Capitán.“

      „Dann werft ihn über Bord.“

      Ein leises Klatschen, ein Körper tauchte in der Dunkelheit ins Wasser und verschwand dann. Die Dons pullten weiter.

      Niemand fragte nach dem Teniente, sie wollten nur ihre eigene Haut retten. Der Teniente würde schon durchkommen, trösteten sie sich. Sie selbst hatten es ja schließlich auch geschafft. Außerdem würden sie ihn in der Dunkelheit ja auch gar nicht finden.

      Als es dämmerte, liefen sie ausgelaugt, verdreckt, entnervt und total fertig in Guayaquil ein.

      Capitán Augusto Samola begab sich unverzüglich zum Generalkapitän Don Pascual de Alcedo, um die ungeheuerliche Nachricht zu überbringen.

       2.

      Das Gebäude war ein Steinbau in der Nähe des Altstadtviertels Las Peñas, wo sich auch die Kirche Santa Domingo befand.

      Der Generalkapitän saß mit zwei weiteren Señores beim Frühstück. Zu der frühen Stunde pflegten die Señores bereits ausgiebig zu speisen. Es gab Cebique de Corvina, das war marinierter Fisch in Zitronensoße, den Don Pascual zu allen Tageszeiten besonders schätzte. Den Fisch hatten noch die Chimú-Indianer geliefert. Die beiden anderen Señores aßen Llapingachos, überbackenen Kartoffelbrei mit Käse. Das Essen wurde mit süffigem Rotwein hinuntergespült.

      Eine Ordonnanz trat ein und meldete einen „gewissen Capitán Augusto Samola“, der den Generalkapitän dringend zu sprechen wünsche.

      „Aber doch nicht jetzt“, sagte de Alcedo ungehalten. „Der Kerl soll gefälligst warten.“

      „Es sei sehr dringend, Señor Generalkapitän.“

      Im kantigen Gesicht des Generalkapitäns stand ein böser Ausdruck.

      „Ich habe gesagt, daß dieser Kerl warten soll. Oder hören Sie etwa schlecht! So dringend kann es auch wieder nicht sein, denn dieser Samola will mir nur melden, daß er die Indianer erledigt hat. Aber das ist keine umwerfende Neuigkeit, denn schließlich habe ich den Landungsplan und die Eliminierung dieses Packs selbst angeordnet. Und jetzt verschwinden Sie! Schicken Sie mir den Kerl in einer halben Stunde herein.“

      „Jawohl, Señor Generalkapitän“, sagte der Mann betreten.

      Nach einer hastigen Kehrtwendung verschwand er. De Alcedo hatte heute offenbar schlechte Laune, aber die hatte er oft.

      Die Señores wandten sich wieder ihrem Frühstück zu. Dem Generalkapitän gegenüber saßen der Stadtkommandant von Santiago de Guayaquil, Don Alfredo, und der Kapitän der Kriegsgaleone „Neptuno“, Bernado dos Santos.

      „Wenn diese Chimú-Affen erledigt sind“, sagte Don Alfredo süffisant, „wer wird uns dann mit Fisch und Früchten, Flecht- und Knüpfarbeiten beliefern, Don Pascual?“

      „Das weiß ich nicht, es ist mir auch egal. Notfalls verzichte ich auf Cebique de Corvina. Aber es wird sicher ein paar Überlebende gegeben haben. Die werden froh sein, uns beliefern zu können. Es geht jedenfalls nicht an, daß eine Horde nackter Wilder eine spanische Patrouille angreift. Wenn ich das duldsam hinnehme, büße ich mein Ansehen ein. Es ist besser, solchem Gesindel unnachgiebig und hart zu demonstrieren, daß sie zu gehorchen und uns als die eigentlichen Herren anzuerkennen haben.“

      „Sehr richtig, Don Pascual“, sagte Bernado dos Santos blasiert. Er gab dem Generalkapitän immer recht, denn der hatte hier das große Sagen und wer ihm widersprach, der wurde von den vielen Vorteilen und Annehmlichkeiten ausgeschlossen. Ganz zu schweigen von den kleinen Vergünstigungen, die Don Pascual mitunter verteilte.

      So geschah es also, daß Capitán Augusto Samola etwas länger als eine halbe Stunde warten mußte, bis die Señores Frühstück und Unterhaltung beendet hatten und gnädig geruhten, ihn zu empfangen.

      Samola hatte sich im Atrium des großen Hauses am Brunnen ein wenig erfrischt und seine Kleidung in Ordnung gebracht. Das änderte jedoch nicht viel an seinem schmutzigen Aussehen, seinen zerschundenen Händen, dem zerkratzten Gesicht und den stark in Mitleidenschaft gezogenen Kleidern.

      Zudem hatte ihn diese halbe Stunde total genervt, denn Don Pascual erwartete Erfolgsmeldungen, aber keine Niederlagen. Dem Capitán stand ein harter Strauß bevor, denn Don Pascual war ein durch nichts zu belehrender, starrsinniger Feuerfresser. Dazu hatte er noch das Gemüt eines Schlachterhundes, der auch dann nicht aufgab, wenn ein Spiel längst verloren war.

      Als Samola eintrat, sahen ihm die drei Señores erwartungsvoll entgegen, doch dann verzogen sich ihre Gesichter in ungläubigem Staunen. Der Generalkapitän blickte ihn verwirrt an, dann stand er auf, und auf seiner Stirn erschien eine tiefe Falte des Unmuts.

      „Wie sehen Sie denn aus, Sie Ferkel?“ schnauzte er den Capitán an. „Sind Sie verrückt geworden, in diesem Aufzug hier zu erscheinen? Sie beleidigen in diesem Lumpenzeug das Ansehen der spanischen Kriegsflotte.


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