Seewölfe - Piraten der Weltmeere 427. Roy Palmer

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Seewölfe - Piraten der Weltmeere 427 - Roy Palmer


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daß wir das Schiff angreifen, ehe seine Männer an Land gehen und über uns herfallen.“

      „Im Regen?“ fragte Antola.

      „Glaubst du, daß der Schamane etwas dagegen hat?“

      „Ich werde ihn um seinen Rat fragen“, erwiderte Antola.

      „Tu das“, sagte Chaqui. „Und beeil dich. Die Fremden kommen rasch näher.“ Wieder blickte er zu dem Schiff, das sich drohend auf die Küste zuschob. Es handelte sich, so konnte er schon bald erkennen, um einen großen, dunklen Zweidecker, dem die Aura des Unheimlichen und der Gefahr anhaftete.

      Mit etwas trauriger Miene ging Missjöh Buveur im Großmars der „Caribian Queen“ Ausguck und beobachtete seine Umgebung. An der nötigen Aufmerksamkeit mangelte es ihm dabei nicht, denn er war ein guter Seemann und desgleichen ein nicht minder guter Ausguck. Nur an etwas mangelte es ihm auf seinem luftigen Posten: an etwas Flüssigem, Trinkbarem.

      Er war ein Seemann französischer Herkunft, dieser Missjöh Buveur, dunkelblond, grauäugig und etwas dicklich. Er konnte sehr fröhlich, aber auch sehr melancholisch sein, das hing vom jeweiligen Pegelstand in seinen geheimen Flaschenvorräten ab.

      Seinen Namen hatte er von der Mannschaft, weil er permanent alle mit „Missjöh“ anredete. Der zweite Teil des Beinamens bedeutete dem Wortsinn nach übersetzt „Trinker“, und so nannte man ihn zu recht, denn er befand sich ständig auf der Suche nach Bier, Wein, Brandy, Whisky und Rum. So passierte es, daß er schon mal total betrunken irgendwo an Deck oder in den Schiffsräumen aufgefunden wurde, aber jeder sah ihm das nach, und selbst Siri-Tong pflegte in dem Fall beide Augen zuzudrücken.

      Missjöh Buveur stieß einen Seufzer aus und versuchte, sich mit seiner trockenen Lage abzufinden. Der Wachplan wollte es nun mal, daß er heute den Posten des Ausgucks versah, und zwar gleich mit einer Doppelwache. So geschah es, daß er sich schon den ganzen Tag über hier oben befand. Dieses 11. Oktobers 1594, so wußte er, würde er sich noch lange entsinnen, denn es war einer der ganz wenigen Tage, an denen er wahrhaftig stocknüchtern war.

      Auf Westkurs steuerte die „Caribian Queen“ längs der Nordküste von Darién und lavierte zwischen den unzähligen Palmeninseln und Inselchen hindurch, die den Muletas-Archipel bildeten, der im Westen bis zum Golf von San Blas reichte. Da mußte nun mal scharf aufgepaßt werden – wegen der vielen Untiefen und Sandbänke, die es in dieser Region gab. Missjöh Buveur hielt seine Augen also offen und meldete jede Verfärbung der Fluten, die ihm ein Riff oder eine Bank ankündigte.

      Er versah seinen Ausguck mit Umsicht und Sorgfalt, und keiner konnte sich über ihn beklagen. Er gab immer rechtzeitig genug bekannt, wann der Kurs geändert werden mußte. Dann eilten die Männer an die Brassen und Schoten, und der Riese Barba legte Ruder.

      Wieder lag ein Abenteuer hinter den drei Besatzungen, die sich an Bord des Zweideckers befanden. Dies waren: Siri-Tong mit ihrer Mannschaft, Philip Hasard Killigrew mit seiner Crew von achtundzwanzig Mann sowie Jean Ribault und Karl von Hutten mit den Männern der einstigen „Le Vengeur III.“, zu denen außerdem Le Testu, Montbars, Albert, Pater David, George Baxter und Mulligan gestoßen waren. Als zweiter weiblicher „Bordgast“ war Araua, die Tochter von Arkana, zugegen. Auch die drei Tiere der Arwenacks waren mit von der Partie: Plymmie, die Wolfshündin, Arwenack, der Schimpanse, und Sir John, der karmesinrote Aracanga.

      Dieser große Trupp hatte an Bord der „Caribian Queen“ die panamaische Karibikküste erreicht, die erste Etappe ihres Unternehmens, dessen Ziel die Gold- und Silberminen von Potosi waren. In einer kleinen Bucht etwa dreißig Meilen östlich von San Blas hatten sie mit der Affen-Galeone geankert und die Tierchen an Land in Freiheit gesetzt, denn sie hatten mit der „Andalucia“ nach Spanien gebracht werden sollen. Durch Zufall hatte Carberry dabei die Doppelböden in den Käfigen entdeckt, die mit Perlen, Münzen, Diamanten und Edelsteinen gefüllt waren. Das war eine krumme Tour des spanischen Vizegouverneurs von Cartagena gewesen, die sie jedoch vereitelt hatten.

      Missjöh Buveur hielt nach neuen Untiefen Ausschau, aber ihm entgingen auch die Wolken nicht, die sich mit zunehmender Geschwindigkeit zusammenzogen und der „Caribian Queen“ zu folgen schienen.

      „Deck!“ rief er deshalb vorsorglich. „Es gibt gleich Regen!“

      „Unsinn!“ brüllte Carberry sofort zurück. „Das ist nur Nachmittagsdunst! Der verzieht sich gleich wieder!“

      „Ich persönlich neige zu der Ansicht, daß Buveur recht hat“, sagte Dan O’Flynn grinsend. Er stand gerade auf dem Backbordniedergang, der das Hauptdeck mit dem Achterdeck verband, warf einen Blick in die Runde und sah den Profos herausfordernd an.

      „Drück dich gefälligst nicht so kariert aus, Mister O’Flynn“, sagte Carberry auch prompt. „Ich weiß, was du willst. Du willst mich mit deinen, Sprüchen mal wieder auf die Palme bringen, aber das gelingt dir nicht.“

      „Wetten, daß doch?“ sagte Blacky. „Ich wäre bereit, einen Silberling darauf zu setzen, daß Ed gleich der Kragen platzt.“

      „Mein Hemd hat keinen Kragen, du Saftbarsch“, erklärte Carberry und grinste nun seinerseits. „Na, was sagst du jetzt?“

      „Ich finde, daß Buveur und Dan richtig liegen“, sagte Jean Ribault. Er stieg eben den Backbordniedergang hinunter und blieb bei Dan stehen. „Und eigentlich solltest du dich in der Karibik auch auskennen, Mister Carberry.“

      „Ich?“ Carberry stieß einen Laut aus, der wie eine Mischung aus Röhren und Wiehern klang. „Ich doch nicht! Ich bin gerade erst angekommen! Wie ist denn das hier? Sind wir hier gleich in Indien, oder was ist los?“ Er lachte, denn er hielt dies für einen großartigen Witz, aber keiner lachte mit.

      „Von einem Moment auf den anderen kann hier das Wetter umschlagen“, fuhr Ribault seelenruhig fort. „So ein rauschender Sturzbach ist gar nicht selten.“

      „Was du nicht sagst“, brummelte der Profos. „Du meinst – Regen? Wasser, das einfach vom Himmel fällt?“

      „So was gibt es? Ist es salziges Wasser?“

      „Tränen der Götter“, entgegnete Dan. „Sie hocken oben in den Wolken und heulen sich die Augen aus.“

      „Du sitzt zwar nicht in den Wolken“, sagte Carberry grollend. „Aber du heulst dir trotzdem auch gleich die Augen aus, nämlich dann, wenn ich dir das Oberdeck einbeule.“

      „Und dann regnet es, was?“ Matt Davies grinste wie ein Faun. „Na also. Ich halte auch mit. Einen Silberling für den Regen.“

      Carberry drehte sich langsam zu ihm um. „Wie lange ist es her, daß dir deine Prothese zum letzten Mal ins Wasser gefallen ist, Mister Davies, hm? Nun?“

      „Wenn es jemals passiert ist, dann war es im letzten Sturmregen“, erwiderte Sam Roskill an Matts Stelle. „Wenn die Tropfen so richtig runterprasseln, kann einem nämlich schon mal dieses und jenes abfallen.“

      „Ich steige mit zwei Silberlingen ein“, sagte Stenmark. „Wenn’s tatsächlich regnet, wird Ed ganz schön blechen müssen.“

      „Mal langsam“, sagte der Profos und deutete auf die Wolken. „Das da – das sind keine Regenwolken. Die verziehen sich gleich wieder. Es sind nur Dunstschwaden, klar?“

      „Dunstiger Regen“, sagte Matt.

      „Komm mal her, Mister Davies!“ brüllte Carberry, daß es allen in den Ohren dröhnte. „Hier muß dringend ein Fall klariert werden! Was ist das für eine verdammte Schlamperei?“

      „Keine Ahnung“, antwortete Matt. „Aber für diese Art von Sauerei ist eigentlich die Crew der ‚Caribian Queen‘ zuständig.“

      „Ich hab’ dir was befohlen, Mister Davies!“

      „Wer hat hier was an uns auszusetzen?“ fragte Bill the Deadhead drohend.

      „Niemand“, erwiderte Dan mit wildem Grinsen. „Es ist nur unser Profos, der wieder mal herumstänkert.“

      „Und ich


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