Seewölfe - Piraten der Weltmeere 489. Burt Frederick

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Seewölfe - Piraten der Weltmeere 489 - Burt Frederick


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Seeoffizier Seiner Allerkatholischsten Majestät sollten Sie sich befleißigen, nicht in die Niederungen des Vulgärjargons abzusinken.“

      Der Profos sah blinzelnd zu dem eleganten Mann auf. Weiter hinten auf dem Achterdeck waren de Campos und der Zweite Offizier in ein angeregtes Gespräch vertieft und nahmen nicht die geringste Notiz von den für sie unwesentlichen Geschehnissen im Mannschaftsbereich, von dem sie sich durch Welten getrennt fühlten.

      „Jawohl, ich habe verstanden, Señor“, sagte der Profos stramm, obwohl er nicht einmal die Hälfte begriffen hatte.

      Der Erste nickte gnädig.

      „Dann hoffe ich, daß Sie in Zukunft der Schiffsführung gegenüber nicht jenen Ton anschlagen, mit dem Sie sich an einen der Ihren wenden würden. Ist das klar?“

      „Jawohl, Señor“, antwortete der Klotz dienernd und schien dabei zu schrumpfen.

      Der Ohnmächtige auf den Decksplanken stöhnte verhalten.

      Es ließ Paco Rincons Fassungslosigkeit übermächtig werden. Er konnte es einfach nicht mehr aushalten. Dieser blasierte Gockel von einem Offizier faselte über angemessene Sprachgewohnheiten, und vor ihm lag ein Mann auf den Planken, der möglicherweise sterbenskrank war. Es war ihm wichtiger, dem Profos richtige Sprechmanieren beizubringen, als den Kranken versorgen zu lassen.

      Paco Rincon lief einfach los, an seinem ohnmächtigen Freund vorbei in Richtung Vorschiff. Die Decksleute wichen auseinander und bildeten verdattert und bereitwillig eine Gasse.

      „He!“ brüllte der Profos. „Wer hat dir Drecksack erlaubt, einfach abzuhauen?“

      Aber Paco Rincon hörte nicht hin. Er nahm das Risiko auf sich, wegen Ungehorsams bestraft zu werden. Es ging um Joaquins Gesundheit. Es mußte einfach sein.

      Und er schaffte es. Wohl wegen des Wortwechsels mit dem Ersten war der Profos nicht so schnell mit Befehlen bei der Hand wie sonst. Da gab es keinen, der pflichteifrig hinter Rincon hergerannt wäre und ihn festgehalten hätte.

      Er erreichte die Krankenkammer, die sich neben der Kombüse befand. Das Schott stand offen. In fliegender Hast stürmte er hinein und blieb respektvoll stehen.

      Der Feldscher hatte erstaunt den Kopf gehoben. Vor ihm hockte einer der Helfer des Schiffszimmermanns, dem er einen dicken Splitter aus dem Daumenballen zu ziehen versuchte. Der Feldscher war ein gutmütig aussehender Mann mit schon ergrautem Haar an den Schläfen und Falten um Mundwinkel und Nasenflügel, die ihn ständig betrübt aussehen ließen.

      „Ich nehme an“, sagte er ruhig und väterlich, „dein wilder Auftritt hat mit dem Gebrüll zu tun, das da eben von Deck zu hören war?“

      „So ist es, Señor“, sagte Paco Rincon nach Atem ringend. Hastig schilderte er, was vorgefallen war. Er strengte sich höllisch an, sich so kurz wie möglich zu fassen.

      Der Feldscher runzelte schon nach den ersten Sätzen des stämmig gebauten Decksmanns die Stirn. Dann, als Rincon weiter berichtete, sprang er auf und bedeutete dem Zimmermannsgehilfen, auf dem Behandlungsstuhl sitzenzubleiben und zu warten.

      Ohne eine Sekunde zu verschwenden, ergriff der Feldscher einen messingbeschlagenen Instrumentenkasten und eilte hinaus.

      Paco Rincon folgte ihm, innerlich jubelnd über die Richtigkeit seines Entschlusses. Gottlob hatte er sich nicht von dem verdammten Profos einschüchtern lassen. Und dieser Feldscher, dieser aufrechte Mann, war ein Geschenk des Himmels. Er hatte wesentlichen Anteil daran, daß das Leben an Bord der „Sant Jago“ überhaupt noch erträglich war.

      Die Decksleute wichen auseinander, als die beiden Männer vom Vorschiff herbeirannten.

      „… bringen Sie den Simulanten auf die Beine“, sagte der Erste Offizier soeben in seinem schnarrenden Tonfall und wandte sich ab, ohne das für ihn niedere Volk auf der Kuhl noch eines Blickes zu würdigen.

      „Jawohl, Señor!“ brüllte der Profos, ruckte nach links und schrie den Kerlen zu seiner Linken den Befehl zu: „Holt Pützen mit Wasser, los, los, bewegt euch! Wäre doch gelacht, wenn wir unseren Freund Delvero nicht wieder auf die Beine holten!“

      Der Feldscher war stehengeblieben und warf nur einen raschen Blick auf den Ohnmächtigen.

      Seine Stimme war von klirrender Kälte.

      „Niemand gießt diesem Mann Wasser über den Kopf! Jeden, der das versucht, werde ich wegen Mordversuchs vor das Kriegsgericht bringen!“

      Jähe Stille kehrte ein. Die Decksleute starrten den grauhaarigen Mann an, wie er sich neben Delvero auf die Knie sinken ließ, den Instrumentenkasten öffnete und zunächst den Brustkasten des Ohnmächtigen abhorchte.

      Auch der Profos brachte kein Wort mehr heraus. Seine Kinnlade war nach unten gesackt. Mit offenem Mund stand er da, seine Augen waren groß und rund.

      Auf dem Achterdeck blieb der Erste nach fünf Schritten stehen. Er bemerkte das Stirnrunzeln und den fragenden Blick von Generalkapitän de Campos. Auch der Zweite wirkte konsterniert wegen des lästigen Geschreis auf der Kuhl, dessen Ursache zudem von der Heckbalustrade aus nicht erkennbar war.

      Der Erste hielt es demzufolge für unabdingbar, nun nach dem Rechten zu sehen und für Ruhe zu sorgen. Er vollführte eine schneidige Kehrtwendung und stelzte erneut zur vorderen Querbalustrade des Achterdecks.

      Der Feldscher öffnete prüfend die Augenlider des Ohnmächtigen und tastete seine Stirn und seinen Hals ab.

      „Feldscher!“ ertönte die Stimme des Ersten Offiziers. „Was fällt Ihnen ein, einen Simulanten zu behandeln?“

      Der grauhaarige Mann hob langsam den Kopf. Furchtlos, mit einem beinahe mitleidigen Ausdruck im Gesicht, sah er den Offizier an.

      „Dieser Mann ist schwer krank, Señor. Von einem Simulanten hier an Bord ist mir nichts bekannt.“

      Der Erste lief krebsrot an.

      „Nehmen Sie gefälligst Haltung an, wenn ich mit Ihnen rede!“

      Der Feldscher blieb ruhig.

      „Ich weise Sie darauf hin, Señor, daß ich bei Ausübung meiner Pflicht in einem Notfall von den Dienstvorschriften entbunden bin. Ich müßte beispielsweise auch keine Haltung annehmen, wenn ich Ihnen ein Stück Blei aus dem Hintern operiere.“

      Einige der Männer konnten ein Grinsen nur schwer unterdrücken.

      Dem Ersten entging das nicht. Doch er ließ sich nicht zu weiterem Geschrei hinreißen. Ihm wurde klar, daß er den kürzeren ziehen würde. Der Feldscher war ein allseits geachteter Mann. Er war Kriegsveteran, hatte an den großen Seeschlachten gegen die Engländer teilgenommen und war mehrfach für seine Verdienste geehrt worden.

      Es hieß, daß er in naher Zukunft zum Doktor ehrenhalber ernannt werden sollte. Letzteres war immerhin außergewöhnlich bei einem Mann, der weder von Stand noch ein Studierter war. Der Feldscher der „Sant Jago“ war auch bei der Admiralität in Havanna bekannt.

      Es konnte also kaum von Nutzen sein, ausgerechnet ihn allzu sehr zusammenzustauchen. Andererseits war sich der Erste darüber im klaren, daß er nicht sein Gesicht verlieren durfte. Unwillig, als wolle er eine lästige Fliege verscheuchen, wedelte er mit der Hand.

      „Ich kann meine Zeit nicht mit Nebensächlichkeiten verplempern“, sagte er herablassend. „Was die Dienstvorschriften betrifft, billige ich Ihnen zu, daß Sie die Bestimmungen für Ihren persönlichen Arbeitsbereich wahrscheinlich besser kennen als jeder andere.“

      „Danke, Señor“, sagte der Feldscher trocken, ohne auch nur den Anflug eines Grinsens zu zeigen. Seine Erfahrung verbot es ihm. Wenn der Erste einlenkte, dann fiel ihm das verteufelt schwer. Allein deshalb hatte er seine Formulierung so gespreizt gewählt, daß es kaum einer der gewöhnlichen Decksleute mitgekriegt hatte.

      „Und?“ fuhr der Erste in scharfem Ton fort, nur, um sein Gesicht zu wahren. „Was ist nun so Schlimmes mit diesem Mann?“

      In der Runde der Decksleute klang leises


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