Seewölfe - Piraten der Weltmeere 489. Burt Frederick

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Seewölfe - Piraten der Weltmeere 489 - Burt Frederick


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auch um ein ganz gewöhnliches Fieber handeln, das wir mit einer angemessenen Behandlung in den Griff kriegen.“

      Der Erste bemühte sich, seine Betroffenheit nicht zu zeigen.

      „Profos“, sagte er knarrend, „Sie werden in Zukunft keine Diagnosen mehr treffen, die nicht in Ihr Fachgebiet fallen. Ich billige Ihnen allerdings zu, daß Sie in diesem Fall nicht in der Lage waren, wirkliche Krankheitssymptome von Simulation zu unterscheiden. Ist das klar?“

      „Jawohl, Señor“, antwortete der Profos grunzend – was nichts als eine Standard-Antwort war, denn der Gesichtsausdruck des klotzigen Mannes sprach Bände. Er stierte abwechselnd den Kranken, den Ersten Offizier und den Feldscher mit offenem Mund an. Und wie er das Gespräch zwischen den beiden letzteren verfolgte, waren seine Augen groß und stumpf und begriffsstutzig.

      „Feldscher“, fuhr der Erste fort, „veranlassen Sie sofort die angemessene Behandlung, und melden Sie sich danach bei mir.“

      „Jawohl, Señor“, erwiderte der grauhaarige Mann mit einem Nicken. Er war froh darüber, wie sich die Dinge entwickelt hatten, doch er zeigte es nicht. „Ich muß allerdings darauf hinweisen, daß der Kranke einen ständigen Pfleger braucht. Meiner Meinung nach ist Señor Rincon der rechte Mann für diese Aufgabe.“

      Der Erste hob die Unterarme ein Stück und drehte die behandschuhten Handflächen nach oben.

      „Ihre fachliche Entscheidung duldet keine Einwände. Sorgen Sie bitte umgehend für alles Notwendige.“

      Der Feldscher klappte seinen Kasten zu, erhob sich und deutete eine Verbeugung an. Dann gab er Rincon und einem anderen einen Wink, den immer noch Ohnmächtigen zu einer gründlicheren Untersuchung in die Krankenkammer zu bringen.

      „Du mußt dich eine Weile gedulden“, sagte der Feldscher zu dem Mann auf dem Behandlungsstuhl. „Warte draußen. Dein Splitter ist nichts, woran man sterben könnte.“

      Der Zimmermannsgehilfe entfernte sich gehorsam, wobei er Delvero mit furchtsamem Blick betrachtete. Es mußte von der Kuhl zu hören gewesen sein, über was man gesprochen hatte. Vor unheimlichen und unheilbaren Krankheiten hatte jeder eine höllische Angst.

      Der Feldscher ließ den Kranken auf eine Pritsche betten und entblößte seinen Oberkörper. Joaquin Delvero war ein kräftig gebauter Mann von dreiundzwanzig Jahren, an seinem Körperbau gab es nichts auszusetzen, kein Gramm überschüssigen Fetts.

      Auch seine Hautfarbe zeugte normalerweise von blühender Gesundheit. Jetzt allerdings war sein gesamter Oberkörper schweißnaß, das dunkle Haar klebte in nassen Strähnen an seinem Kopf, und seine Haut hatte eine Färbung von seltsamem Oliv angenommen.

      „Was ist es, Señor?“ fragte Paco Rincon atemlos, während der Feldscher den Kranken abhorchte. „Können Sie schon etwas sagen?“

      Der grauhaarige Mann antwortete nicht sofort. Erst nach einer Weile drehte er sich um. Sein Gesicht wirkte eingefallen.

      „Wir Menschen sind klein und hilflos, Rincon. Nur, allzuoft vergessen wir das. Bisweilen sind unsere Wünsche so stark und übermächtig, daß sie in unserem Denken zur Wirklichkeit werden. Dann halten wir uns für allmächtig. Aber wir werden es niemals sein. Gestern noch hätte ich diesem jungen Mann, deinem Freund, bestätigt, daß er bei seiner Konstitution ohne Mühe vierzig Jahre oder älter werden kann. Heute kann ich nicht einmal mit Sicherheit sagen, ob er die beiden nächsten Tage überlebt.“

      Pacon Rincon senkte den Kopf.

      „Aber kann man denn überhaupt nichts tun?“

      „Doch. Du wirst dich um ihn kümmern. Wir müssen vor allem das Fieber senken. Ich gebe dir eine genaue Anleitung für die Umschläge, die du ihm regelmäßig auflegen wirst. Außerdem erhält er einen Kräutersud nach altem Inka-Rezept. Wenn du meine Anweisungen genau befolgst, können wir hoffen. Nach vierundzwanzig Stunden müßte sich dann ein positives Ergebnis zeigen.“

      Paco Rincon sah den Mann mit den grauen Schläfen ehrfurchtsvoll und zugleich rätselnd an.

      „Ich werde mein Bestes tun“, sagte er pflichteifrig. „Joaquin ist ein feiner Kerl. Er hat es nicht verdient, jetzt schon abtreten zu müssen.“

      Der Feldscher nickte nur. Er sah, daß dem Freund des Kranken unzählige Fragen auf den Lippen brannten. Doch es hatte keinen Sinn, Antworten zu geben, die keine wirklichen Antworten waren. Seit Columbus die Neue Welt entdeckt hatte und die Conquistadores Spaniens Besitzansprüche gefestigt hatten, waren viele sonderbare und unerklärliche Dinge zutage getreten, über die sich selbst die gelehrtesten Mediziner die Köpfe heiß redeten.

      Zwei Welten waren aufeinandergeprallt. Weise Männer bezweifelten, daß diese Welten wirklich jemals eine Verbindung eingehen konnten. Und die schlimmsten Pessimisten befürchteten, daß nur das Böse an die Oberfläche drängen und die Kirche niemals genügend Macht haben werde, um das Teuflische aus der Neuen Welt zu tilgen.

      Menschen aus dem Mutterland Spanien, aus Europa, erkrankten hier auf eine Weise, wie man sie nie kennengelernt hatte. Nach allem, was man bislang wußte, mußte es an den Kontakten mit den Wilden liegen. Daß auch die Ureinwohner an ihnen unbekannten Krankheiten starben, wußte man zwar, aber es wurde nicht als bedeutend angesehen.

      Nein, es hatte keinen Sinn, dem einfachen Decksmann Paco Rincon alles dies und die vielen weiteren Konsequenzen zu erklären. Er konnte es nicht verstehen, denn ihm fehlte das grundlegende Wissen. Alle Erklärungen würden ihn nur noch weiter verunsichern.

      Deshalb ließ der Feldscher den Kranken ins Logis bringen und gab Rincon genaue Anweisungen für das Anlegen der Umschläge und das Verabreichen der Kräutermedizin.

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