Seewölfe Paket 21. Roy Palmer

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Seewölfe Paket 21 - Roy Palmer


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      Die Tür der Kommandantur knallte gegen die Außenwand. Cubera lief zur Pier und erfaßte mit einem einzigen Blick, was geschehen war. Don Antonio de Quintanilla war frei! Er eilte watschelnd von der Pier zum Kai, gefolgt von seinen vier Lakaien. Von Bord der „San José“ ertönten Flüche und Schreie, und die ersten Männer verließen mit Musketen und Pistolen in den Händen das Schiff.

      Cubera stürmte genau auf den Dicken zu. Hinter Cubera stürzte auch der Hafenkommandant ins Freie und versuchte zu erkennen, was vorgefallen war.

      Plötzlich war der Teufel los.

      „Aus dem Weg!“ schrie Don Antonio Cubera zu. „Ich knalle dich ab, du Hurensohn!“

      Cubera dachte nicht daran, ihn an sich vorbeizulassen. Mit wenigen Schritten überbrückte er die Distanz, die zwischen ihnen lag. Don Antonio zielte jedoch auf ihn und drückte ab. Der zweite Lauf der Pistole spuckte seine Ladung aus, aber Don Antonio hatte nicht mit der Geistesgegenwart des Capitáns gerechnet.

      Cubera ließ sich fallen, blitzschnell. Er schlug hart auf und spürte das Katzenkopfpflaster von Remedios in allen Knochen. Aber er entging dem tödlichen Schuß. Die Kugel pfiff über ihn weg.

      „Zur Hölle!“ brüllte Don Antonio, dann, zu seinen Lakaien gewandt: „Schießt den Weg frei!“

      Cubera war ebenso schnell, wie er sich hingeworfen hatte, wieder auf den Beinen. Er jagte auf den Dicken los und warf sich auf ihn. Don Antonio riß die Pistole hoch, um damit zuzuschlagen. Einer der Lakaien sprang zwischen sie. Don Antonios Hieb traf ihn zwischen die Schulterblätter, und er stieß einen pfeifenden Ächzer aus.

      Cubera packte den Lakaien, riß ihn zu sich heran und fällte ihn mit einem Schlag gegen das Kinn. Seine Pistole landete auf dem Pflaster.

      Don Antonio versuchte zu entwischen. Aber Cubera war mit einem Satz bei ihm, packte seine rechte Schulter und holte ihn zu sich herum. Don Antonio taumelte und drohte das Gleichgewicht zu verlieren. Er stieß einen Schwall von Flüchen aus, sein Gesicht war gräßlich verzerrt.

      Er versuchte, mit der Pistole zuzuschlagen, aber Cubera fegte sie ihm mit einer wilden, heftigen Bewegung seiner rechten Hand aus den Fingern. Sie segelte durch die Luft und fiel dem heranstürmenden Hafenkommandanten vor die Füße.

      „Hau ab!“ kreischte Don Antonio. „Laß mich in Ruhe!“

      „Das könnte dir so passen“, sagte Cubera grimmig und schmetterte dem Dicken die Faust unters Kinn. Sie schien sich in eine weiche, teigartige Masse zu graben, das Gefühl war abstoßend. Aber irgendwo war doch der harte Punkt – und Don Antonio verdrehte, von diesem Rammhieb getroffen, die Augen und torkelte rückwärts.

      Er stieß noch einen Seufzer aus, dann fiel er in sich zusammen, einem breiigen Berg ähnlich, der sich wie durch ein Wunder noch für wenige Lidschläge hielt, dann aber jeglichen inneren Halt verlor. Er blieb auf dem Rücken liegen, die Arme ausgebreitet und die Beine abgespreizt. Sein Bauch ragte wie eine Kuppel auf. Er hatte die Perücke verloren – die rollte wiederum dem Hafenkommandanten vor die Füße, der jetzt bei ihm war.

      Die drei Lakaien trafen Anstalten, mit erhobenen Pistolen an Cubera und dem Hafenkommandanten vorbeizustürmen, doch Cubera fuhr mit der Pistole zu ihnen herum.

      Inzwischen waren auch die Männer der „San José“ heran.

      „Gebt auf!“ schrie der Zweite Offizier. „Ihr habt keine Chance! Ihr sterbt, wenn ihr auch nur einen Schuß abgebt!“

      Die drei blieben stehen. Cubera und der Hafenkommandant, der nun ebenfalls seine Pistole gezückt hatte, versperrten ihnen den Weg. Sie konnten den Durchbruch nicht mehr wagen – er endete zweifellos mit einem Blutbad.

      Hinter ihnen standen die Männer der „San José“ mit Musketen und Pistolen, die unmißverständlich auf sie gerichtet waren. Es gab keine Rettung mehr. Die Fluchtwege waren versperrt, abgeriegelt. Sie saßen in der Falle.

      „Laßt die Waffen fallen, und hebt die Hände“, sagte Cubera.

      Die Lakaien schienen noch zu überlegen. Was blühte ihnen, wenn sie gehorchten? Wurden sie an der Rah aufgehängt wie Gomez Guevara? Oder übte der Capitán Nachsicht und begnadigte sie?

      „Señor“, sagte einer von ihnen. „Was geschieht, wenn wir uns ergeben?“

      „Das kann ich jetzt nicht sagen. Weg mit den Waffen!“

      Seine Worte ließen keinen Widerspruch und keine Gegenwehr zu. Die Übermacht war zu groß. Kämpften sie, starben sie ohnehin. Aber sie wollten leben und ihr Schicksal nicht hier, in Remedios, besiegelt sehen.

      Die Pistolen landeten auf den Katzenköpfen. Langsam hoben die drei die Hände. Der Profos der „San José“ gab seinen Männern einen Wink, und sie begannen sofort, die drei und auch den bewußtlosen Lakaien nach weiteren Waffen abzutasten.

      Aber sie hatten keine Waffen mehr, bis auf ein Messer, das aus der Tasche des Bewußtlosen zutage gefördert wurde. Auch Don Antonio wurde nun einer Leibesvisitation unterzogen, und die Männer gingen dabei nicht zimperlich mit ihm um.

      „Woher hatte er die Pistole?“ fragte Cubera.

      „Er muß sie in seiner Kammer gehabt haben“, erwiderte der Zweite Offizier. „In seinem Gepäck. Anders können wir es uns nicht vorstellen, Señor.“

      „Ich habe einen Fehler begangen“, sagte der Capitán. „Ich hätte sein Gepäck durchsuchen lassen sollen.“

      „Wer hat daran schon gedacht?“ fragte der Dritte. „Keiner von uns, Señor.“

      „Wo ist der Erste?“ fragte Don Garcia Cubera und blickte zum Schiff.

      Dort wurde eine Jakobsleiter abgefiert, denn der Erste war bis zum Heck der „San José“ getaucht, um sich vor weiteren möglichen Schüssen in Sicherheit zu bringen. Jetzt schob er den Kopf aus dem Wasser und hielt sich am Ruderblatt fest.

      „Der Gouverneur hatte ihn als Geisel genommen, Señor Capitán“, antwortete der Zweite. „Aber er ist jetzt in Sicherheit.“

      „Unfaßbar“, murmelte Cubera. „Daß so etwas passieren konnte. Aber es ist meine Schuld.“

      „Das dürfen Sie nicht sagen“, erklärte der Hafenkommandant, der in diesem Moment neben ihn trat. „Vielmehr ist es höchst verwunderlich und skandalös zugleich, daß sich der Gouverneur von Kuba zu einer derartigen Handlung hinreißen läßt.“

      „Ich habe Ihnen berichtet, was an Bord der ‚San José‘ vorgefallen ist. Dieser Mann wird sich einem Prozeß stellen müssen, einer Verhandlung, die über sein weiteres Leben entscheidet. Davor hat er Angst.“

      „Was haben Sie jetzt vor?“

      Don Garcia Cubera blickte zu dem Ersten Offizier, der in diesem Augenblick an der Jakobsleiter aufenterte und ihnen zuwinkte.

      Don Antonios Fluchtversuch war gescheitert, und sein Tun verschlechterte seine Lage noch mehr. Er gestand seine Mittäterschaft an dem Mordanschlag auf den Capitán dadurch praktisch ein, und, mehr noch, er hatte sich des direkten Mordversuchs schuldig gemacht, indem er auf Cubera geschossen hatte.

      Cubera deutete auf Don Antonio und sagte zu seinen Männern: „Abführen, den Mann. Er wird wieder in seine Kammer gesperrt und scharf bewacht. Das Gepäck wird in eine Nebenkammer gebracht und gründlich durchsucht.“

      „Ja, Señor“, sagte der Zweite Offizier. Dann teilte er die Männer ein, die den Dicken zurück an Bord des Flaggschiffes tragen sollten.

      „Was geschieht mit den vier Lakaien, Señor?“ fragte der Dritte Offizier.

      „Die wandern ab in die Vorpiek“, entgegnete Cubera mit ruhiger, kühler Stimme. „Auch die Vorpiek wird bewacht. Alle weiteren Befehle erhalten Sie von mir im Verlauf des Vormittags.“

      Er steckte seine Pistole weg und wandte sich erneut an den Hafenkommandanten. „Bitte begleiten Sie mich an Bord der ‚San José‘. Wir haben noch einiges


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