Seewölfe Paket 21. Roy Palmer

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Seewölfe Paket 21 - Roy Palmer


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sehe, mein lieber Coloma, wir beide liegen auf einer Ebene. Wenn wir uns weiter so gut verstehen, haben Sie noch eine glänzende Karriere vor sich. Das kann ich Ihnen heute schon versprechen.“

      „Vielen Dank, Señor Gouverneur.“ Coloma verbeugte sich beim Pullen. „Ich darf sagen, daß es mir ein besonderes Vergnügen ist, Ihnen zu dienen. Ich weiß nicht, wie ich es sagen soll, aber wenn man das Gefühl hat, daß sich etwas lohnt, dann – dann …“

      „Dann ist die Einsatzfreude besonders groß“, ergänzte Don Antonio wohlwollend. Schnaufend holte er Luft. „Sehen wir also erst einmal zu, daß wir diese Episode hinter uns bringen.“

      Von den Kriegsschiffen aus war das Beiboot in der Dunkelheit der Bucht mittlerweile kaum noch zu erkennen. Auch hatte niemand darauf geachtet, daß die Schaluppe des Vicente de Pinzón bereits kurz zuvor an den Ausgang der Bucht verholt worden war.

      Auf dem Flaggschiff „San José“ war bekannt, daß die Proviantmeister eine nächtliche Besprechung beabsichtigten und zu diesem Zweck zuvor ihre Bestandslisten auswerten mußten. Dem Beiboot mit Coloma und dem Gouverneur, so sagten sich die Wachen, brauchte man folglich keine weitere Aufmerksamkeit zu widmen. Eben dies galt auch für die Schaluppe, die man offenbar als Besprechungsort ausgewählt hatte.

      Bald darauf erreichte das Boot den Einmaster. Schweißgebadet manövrierte Coloma die hecklastige Nußschale längsseits und holte die Riemen ein.

      De Pinzón erschien höchstpersönlich an Deck, um dem Gouverneur beim Aufentern zu helfen. Den Männern der Besatzung gab er einen Wink, sich um Coloma und das Beiboot zu kümmern. Eine zusätzliche kleine Jolle konnte man immer brauchen.

      Eilends wurden die Segel gesetzt. Fünf Minuten später war die Schaluppe bereits westwärts in der Dunkelheit verschwunden.

       6.

      „Heiliges Kanonenrohr“, sagte Matt Davies entgeistert. Mit der Hakenprothese kratzte er sich am Hinterkopf. „Wenn an dieser Geschichte nicht was faul ist, fresse ich meine Stiefel ungekocht und ohne Zutaten.“

      „Aus dem Genuß wird nichts“, entgegnete Dan O’Flynn, „die Sache stinkt nämlich zum Himmel.“

      Unter ihnen, so nahe, daß man fast hinüberspucken konnte, hatte die Schaluppe den Ausgang der Bucht hinter sich gebracht und ging nun auf Westkurs.

      „Es gibt keinen Zweifel“, sagte Don Juan. Er stützte sich auf den rechten Ellenbogen und blickte seine beiden Gefährten an. „Der Dicke auf der Achterducht des Beiboots war kein anderer als Don Antonio de Quintanilla.“

      „Keine Verwechslung möglich?“ entgegnete Dan.

      „Ausgeschlossen. Ich habe den sehr ehrenwerten Gouverneur zur Genüge kennengelernt. Und das in jeder Beziehung.“

      „Also gut.“ Dan richtete sich halb auf. „Dann gibt’s nicht mehr viel zu überlegen. Nehmen wir die Verfolgung auf, und sehen wir, was der hochwohlgeborene Fettsack im Schilde führt!“

      Die drei Männer machten auf der Gurtschnalle kehrt, krochen ein paar Yards abwärts und richteten sich dann auf, als keine Gefahr mehr bestand. Die Ausguckposten auf Grand Turk mußten ohnehin sehr scharfe Augen haben, wenn sie in der Dunkelheit überhaupt etwas bemerken wollten.

      So schnell es der Strauchbewuchs erlaubte, eilten Dan O’Flynn, Don Juan und Matt Davies auf den schmalen Strand zu. Auf der „Empress“ war keine Lampe gesetzt worden. Eine Vorsichtsmaßnahme, die vielleicht überflüssig war, aber der alte O’Flynn gehörte zu denen, die stets auf Nummer Sicher gingen. Überraschungen hatte es für den Bund der Korsaren bereits zur Genüge gegeben. Es bestand bei keinem der Männer ein Verlangen nach neuen Unwägbarkeiten. Jeden einzelnen von ihnen erfüllte der feste Wille, den Auftrag zur Zufriedenheit auszuführen. Das Fortbestehen der Schlangen-Insel und ihrer aller Zukunft hingen davon ab.

      Am Strand angelangt, zogen die drei Männer das Beiboot aus dem Gestrüpp. Zwei Minuten später pullten sie mit kraftvollen Schlägen auf die „Empress“ zu.

      Old Donegal, Jean Ribault und die anderen erwarteten sie bereits. Auch die Zwillinge harrten erwartungsvoll an Deck aus. Lediglich Plymmie war in einen der Unterdecksräume gesperrt worden, aus Sicherheitsgründen, denn man konnte nie wissen, wann und aus welchem Anlaß sie plötzlich in Gebell auszubrechen gedachte.

      „Hievt das Boot an Bord“, befahl der alte O’Flynn, noch bevor die Nußschale längsseits ging. „Schnell, beeilt euch.“

      „Kannst du Gedanken lesen?“ rief Dan verwundert.

      Old Donegal lachte krächzend.

      „Mein Sohn, ich habe nicht das zweite Gesicht, wenn du das meinst. Aber ich kann zwei und zwei zusammenzählen. Und aus der Tatsache, daß ihr alle drei den Beobachtungsstand verlassen habt, läßt sich nur eines folgern: Es gibt einen besonderen Grund, weshalb wir sofort ankerauf gehen sollten. Genau deshalb habe ich auch alle Mann an Deck befohlen.“

      „Was ist unser Old Man doch für ein kluges Kerlchen“, sagte Matt Davies halblaut und mit einem glucksenden Lachen.

      Dem Alten entging es dennoch nicht.

      „Und gute Ohren hat das kluge Kerlchen auch schon“, sagte Old Donegal giftig. „Paß auf, daß ich dir die deinen nicht gleich langziehe, Mister Davies!“

      Die drei Beobachter enterten auf, und Matt befleißigte sich, respektvollen Abstand von dem Alten zu bewahren. Wenn Old Donegal einen seiner Wutausbrüche erlitt, geriet man besser nicht in seine Nähe.

      Nachdem sie das Beiboot aufgehievt hatten, begaben sich Jean Ribault, Dan O’Flynn und Don Juan gemeinsam mit Old Donegal auf das Achterdeck. Die übrigen Männer waren unterdessen dabei, den Anker zu lichten und die Segel zu setzen.

      „Was hältst du von der Sache?“ wandte sich Jean Ribault an den Spanier, nachdem Dan O’Flynn einen knappen Bericht erstattet hatte. „Du kennst unseren hochverehrten Gouverneur schließlich am allerbesten.“

      „Das kann man wohl sagen“, erwiderte Don Juan grimmig. „Für mich ist es völlig klar: Don Antonio will sich absetzen. Er sieht seine Felle davonschwimmen, und ihn hält nichts mehr bei dem kläglichen Rest des Kampfverbandes.“

      „Und wenn es sich nun um eine Patrouillenfahrt handelt?“ sagte Old Donegal. „Vielleicht wollen sie sogar bei Nacht die Schlangen-Insel erkunden.“

      Don Juan lachte.

      „Nie und nimmer. Dafür ist Don Antonio de Quintanilla nicht der richtige Mann. Außerdem ist die Schaluppe heimlich verschwunden – zu einem Zeitpunkt, der dafür besonders gut geeignet war. Nur die Deckswachen hielten sich auf den oberen Decks der Kriegsschiffe auf. Im übrigen hatte der Einmaster vorher rechtzeitig zum Ausgang der Bucht verholt. Ich bin sicher, der ehrenwerte Gouverneur hat wieder einmal sein Bestechungsgeschick angewandt, damit alles reibungslos klappt. Außerdem: Wenn Cubera wirklich die Schaluppe zur Erkundung losgeschickt hätte, dann wäre das bei Einbruch der Dunkelheit geschehen und nicht erst um Mitternacht.“

      „Alles sehr logisch“, sagte Dan O’Flynn. „Ich bin dafür, daß wir sofort die Verfolgung aufnehmen.“

      „Ich auch“, sagte Old Donegal, „aber damit vernachlässigen wir unsere eigentliche Aufgabe. Die lautete, den spanischen Verband zu beobachten.“

      „Cubera und seine Leute sitzen noch eine Weile in der Bucht fest“, entgegnete Don Juan. „Mit der schnellen ‚Empress‘ müßten wir den Gouverneur sehr bald schnappen und rechtzeitig wieder hier sein.“

      Trotz der Dunkelheit war das stolze Lächeln des alten O’Flynn zu erkennen. Schließlich war er es gewesen, der Hesekiel Ramsgate verklart hatte, wie die „Empress of Sea“ auszusehen hatte. Demzufolge war auch dieses Prachtexemplar einer Kleinstkaravelle entstanden, mit der man allen Teufeln sämtliche Ohren absegeln konnte.

      Die Abstimmung der Männer fiel einstimmig aus: Sofortige Verfolgung der Schaluppe, die ohne


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