Seewölfe Paket 21. Roy Palmer

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Seewölfe Paket 21 - Roy Palmer


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Juan mischte sich lächelnd in die Debatte ein und brachte das Thema auf eine andere Bahn.

      „Vielleicht liegt der Fehler bei mir“, sagte er unumwunden. „Möglich, daß ich das Verhalten des Gouverneurs falsch eingeschätzt habe.“

      Jean Ribault sah ihn erstaunt an.

      „Du meinst, er will vielleicht gar nicht nach Havanna zurück?“

      „Doch, das schon. An keinem anderen Ort könnte er seine Macht voll ausnutzen. Aber es wäre denkbar, daß er mit Verfolgern rechnet. Und vielleicht ist er raffiniert genug, sich darauf einzurichten.“

      „Das ist mir zu vage“, entgegnete Jean. „Die Wahrscheinlichkeit, daß er Direktkurs auf Havanna nimmt, halte ich für größer. Ich bin dafür, daß wir den Kurs beibehalten.“

      „Ich auch“, sagte Dan, „manchmal muß man einfach stur sein.“ Er wandte sich seinem Vater zu. „Und was hältst du von der Sache?“

      „Nett, daß du mich auch fragst.“

      „Immerhin bist du der Kapitän“, sagte Dan grinsend.

      „Hm. Manchmal könnte man das glatt vergessen.“ Er verschränkte die Arme vor der Brust, hob den Kopf und blickte die anderen nacheinander an. „Der Kurs wird gehalten. Ist jemand dagegen?“

      Es gab keine Gegenstimme.

      „Na also“, sagte Old Donegal zufrieden, „da sind wir uns mal wieder einig. Und verlaßt euch drauf: Wir werden den Fettsack aus Havanna schon schnappen. So oder so.“

      „Praktisch müssen wir ihn schnappen“, sagte Jean Ribault. „Wenn er uns nämlich durch die Lappen geht, müssen wir ständig damit rechnen, daß er neues Unheil ausheckt. Schließlich kennt er die Position der Schlangen-Insel.“

      In diesem Punkt gab es keinen Zweifel. Von Grand Turk konnten die Freunde indessen eine Weile fernbleiben, denn die Ausbesserungsarbeiten würden mit Sicherheit noch länger andauern – zumindest den nächsten und wahrscheinlich auch noch den übernächsten Tag.

      Von der Back der „San José“ aus starrten die beiden Soldaten in die Dunkelheit.

      „Kannst du dir das erklären, Fernando?“ sagte der Sargento kopfschüttelnd. „Warum, zum Teufel, haben sie auf der Schaluppe die Lampen gelöscht?“

      Der Soldat zog die Schultern hoch, daß der Brustpanzer ein schabendes Geräusch verursachte.

      „Ehrlich gesagt, Sargento, ich kann mir überhaupt nichts erklären. Wo sind die Proviantmeister von den beiden anderen Schiffen? Da hat sich doch überhaupt nichts gerührt.“

      Der Sargento ruckte herum und starrte seinen Untergebenen an.

      „Du meinst, die beiden nehmen an dieser wichtigen Besprechung gar nicht teil?“

      „Vielleicht gibt es die Besprechung gar nicht. Vielleicht ist auch die Schaluppe gar nicht mehr da.“

      Der Sargento schwieg minutenlang.

      „Ich muß zugeben“, murmelte er dann, „diesen Gedanken habe ich auch schon gehabt.“ Er schwieg erneut. Wenn es sich so verhielt, wie Fernando angedeutet hatte, dann waren die Konsequenzen nicht auszudenken.

      In der Bucht war es dunkler als draußen auf See, da das Mondlicht durch die Bäume auf der Anhöhe abgeschirmt wurde. De Pinzón konnte mit seiner Schaluppe also in der Tat heimlich das Weite gesucht haben. Und das bedeutete …

      „Der Gouverneur!“ sagte der Sargento tonlos. „Um Himmels willen, wenn das wahr ist …“

      „Bis gestern stand er unter Arrest.“

      „Das ist es ja, verdammt noch mal. Vielleicht hat er die Vergünstigung beim Capitán nur erschlichen, um sich abzusetzen. Und wir verdammten Narren haben ihm dabei auch noch geholfen.“

      „Aber vielleicht irren wir uns“, sagte der Soldat lahm.

      „Dann müssen wir uns eben Gewißheit verschaffen.“ Einen Moment überlegte der Sargento. Dann traf er seine Entscheidung. „Aber diesmal unternehmen wir nichts mehr auf eigene Faust. Davon habe ich die Nase endgültig voll. Ich werde den Ersten Wahrschauen, Fernando. Du bleibst hier auf deinem Posten, bis ich zurück bin.“

      Der Soldat nickte, nahm Haltung an und entspannte sich wieder, als sein Vorgesetzter in Richtung Achterdeck loshastete.

      Leise, um nicht die gesamte Schiffsführung aus dem Schlaf zu scheuchen, klopfte der Sargento eine Minute später an das Kammerschott des Ersten Offiziers. Es dauerte nur Sekunden, bis der Stellvertreter Cuberas reagierte und ein verschlafenes „Herein!“ knurrte.

      Gleich darauf, als der Sargento seinen Bericht abgespult hatte, war der Erste schlagartig hellwach. Eilends griff er nach seiner Kleidung.

      „Sorgen Sie dafür, daß zwei Boote zu Wasser gelassen werden, Sargento. Mobilisieren Sie zwanzig Mann als Rudergasten und lassen Sie sämtliche Laternen an Deck wieder anzünden. Los, los, beeilen Sie sich. Ich bin sofort bei Ihnen.“

      Der Sargento salutierte und stürmte nach einer hastigen Kehrtwendung aus der Kammer. Er eilte ins Logis, trommelte den Bootsmann wach und verklarte ihm den Befehl des Ersten.

      Zehn Minuten später war es auf der Kuhl der „San José“ lebendig geworden. Zwei Jollen wurden weisungsgemäß gefiert und mit jeweils zehn Rudergasten bemannt. Beide Jollen erhielten Laternen, die am Behelfsmast gesetzt wurden. Der Erste Offizier des Flaggschiffs nahm auf der Achterducht eines der beiden Boote Platz, um die Suchaktion selbst zu leiten.

      Einschließlich des ostwärtigen Ausgangs zur See hin wurde die gesamte Bucht abgesucht. Auf der zweiten Galeone und auf der Karavelle, so stellte sich heraus, schlummerten die Proviantmeister selig und ahnungslos. Nachdem sie geweckt worden waren, erfuhr der Erste der „San José“, daß die beiden Männer von einer angeblich so wichtigen Besprechung nichts wußten.

      Es hatte eine solche Besprechung also nie gegeben.

      Und von der Schaluppe fehlte in der Bucht jede Spur.

      Der Erste ließ vorsorglich die Kommandanten und Offiziere der Galeone und der Karavelle wecken, ehe er sich wieder an Bord der „San José“ begab.

      Capitán Cubera erwartete ihn bereits an der Pforte des Schanzkleids, als er über die Jakobsleiter auf enterte.

      „Wenn Sie erlauben“, sagte der Erste, „möchte ich die Meldung lieber unter vier Augen erstatten.“ Cubera nickte nur und begab sich gemeinsam mit dem Offizier in die Messe. Von der Wache hatte der Capitán bereits einen ersten Hinweis erhalten, was es mit der Suchaktion auf sich hatte. In Fällen dieser Art war es gut, Stillschweigen zu bewahren. Die Autorität der Offiziere und Kommandanten konnte leicht untergraben werden, wenn Mannschaften von der Unzuverlässigkeit ranghöherer Personen erfuhren.

      In geraffter Form erstattete der Erste Offizier seinen Bericht. Dabei beschränkte er sich auf das Wesentliche, und eben das war für Cubera bestürzend genug.

      Es stand unwiderlegbar fest:

      Der Gouverneur, der Proviantmeister der „San José“, der Schaluppenführer und die gesamte Crew der Schaluppe waren verschwunden.

      Cuberas Schläfenadern schwollen an. Der Zorn stieg wie eine wallende Glut in ihm auf. Er mußte sich beherrschen, um nicht loszubrüllen.

      „Was das bedeutet, ist klar“, sagte er mit bebender Stimme.

      Der Erste nickte. In seinem Gesicht standen harte Furchen.

      „Fahnenflucht, Señor Capitán. Coloma, de Pinzón und die Mannschaft der Schaluppe sind Angehörige der spanischen Marine.“

      „Und dieser elende Fettsack aus Havanna dürfte sie dazu angestiftet haben“, sagte Cubera erbost. Er atmete tief durch. „Wir müssen sofort das Notwendige veranlassen. Schicken Sie mir die beiden Wachsoldaten herein. Und dann wünsche ich eine Besprechung mit den Kommandanten und Offizieren.“

      „Jawohl,


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