Seewölfe - Piraten der Weltmeere 73. Fred McMason

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Seewölfe - Piraten der Weltmeere 73 - Fred McMason


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alte ‚Isabella‘ ist, freß ich den Großmast mitsamt den Segeln.“

      „Jean Ribault?“ Hasard war wie elektrisiert. „Dann kann ich mir denken, warum es der Spanier so eilig hat.“

      „He, Leute!“ brüllte der Profos mit Donnerstimme. „Dahinten rauscht unsere alte ‚Isabella‘ heran. Ferris! Sieh mal durch das Spektiv! Du kennst die alte Tante besser als jeder andere.“

      „Klar, sie ist es!“ schrie Dan aus dem Großmars. „Das sieht man doch schon ohne Spektiv.“

      „Du hast ja auch Spektiv-Augen“, sagte Tucker.

      Ein schneller Blick genügte ihm. Außerdem war das Schiff schon näher herangesegelt. Es segelte über Backbordbug, genau wie der flüchtende Spanier.

      Hurrarufe brandeten an Deck auf. Die alten Freunde hatten sich lange nicht mehr gesehen, es würde eine Menge zu erzählen geben. Allerdings ging Jean Ribault dann auch der Spanier durch die Lappen.

      Hasard ließ das Großsegel halb aufgeien, um der „Isabella“ etwas von ihrer rauschenden Fahrt zu nehmen. Die beiden Schiffe liefen jetzt in spitzem Winkel aufeinander zu.

      Auf der „Le Vengeur“ hatte man den Seewolf ebenfalls bemerkt. Der flüchtende Spanier war vergessen. Gebrüll und Geschrei brandeten über Deck.

      „Der Seewolf!“ hörte man etwas später das Geschrei.

      Die „Le Vengeur“ änderte den Kurs, bis sie parallel mit der „Isabella“ lief. Segel wurden aufgegeit, bis beide Schiffe nur noch kleine Fahrt liefen und sich immer mehr näherten.

      Winken, Rufen, Geschrei von beiden Seiten. Die Männer konnten sich schon fast in die Augen sehen.

      Dann segelten sie hart nebeneinander her. Tampen flogen von Bord zu Bord, Fender waren außenbords angebracht, und weil die See ziemlich ruhig war, riskierten sie es, sich Bordwand an Bordwand zu legen. Ein schwieriges Manöver, doch die erfahrenen Männer scheuten es nicht, sie hatten dem Teufel schon so manches Mal ein Ohr abgesegelt.

      Ribault und Karl von Hutten sprangen auf die „Isabella“, wo die Seewölfe sich auf der Backbordseite am Schanzkleid ausnahmslos versammelt hatten.

      „Ho, ihr dreimal verdammten Rübenschweine!“ rief der Profos gerührt. „Jean, Karl! Mann, Jan Ranse, du Himmelhund! Laßt euch an die Brust quetschen, Nils, Piet, Sven!“

      Grinsend standen die anderen Besatzungsmitglieder Jean Ribaults im Hintergrund. Puchan, Grand, Couteau, Winlow, Coogan, Trooper, und wie sie alle hießen.

      Da wurden harte Fäuste auf Schultern geschlagen, Ellenbogen in die Rippen geknallt, Handflächen auf die Hinterköpfe geschlagen und Schulter an Schulter gerammt. Es dauerte lange, bis sich die allgemeine Begrüßungszeremonie der harten Kerle endlich legte.

      „Wir segeln ein Stück zusammen“, schlug der Seewolf vor. „Unsere Reise geht nach Little Cayman. Und wo wollt ihr hin?“

      „Ja, verdammt!“ schrie Carberry dazwischen. „Hat denn noch keiner einen Begrüßungsschluck geholt, zum Teufel? Sollen wir in dieser Hitze etwa austrocknen, was, wie?“

      Die ehemaligen zur Crew der „Isabella“ gehörenden Männer waren längst hinübergeklettert. Auf dem Hauptdeck wurde der Platz knapp.

      Ribault rief etwas zu seinen Leuten hinüber, die sogleich mit Flaschen aufkreuzten, ihnen die Hälse abschlügen und sie weiterreichten.

      „Feiner alter Malaga“, sagte Ribault. „Haben wir vor ein paar Tagen einem lausigen Don abgenommen. Und um deine Frage zu beantworten, Hasard: Wir jagen den Himmelhund von Spanier, der vorhin euren Kurs gekreuzt hat.“

      Ribault drehte sich verblüfft um, als ihm jemand hart auf die Schulter schlug. Er sah in Dans Gesicht und schüttelte den Kopf.

      „Ich werde verrückt, Mann! Das Bürschchen! Hölle, aus dir ist ja ein erwachsener Kerl geworden. Du bist ja fast größer als die anderen! Junge, hast du dich verändert!“

      Das „Bürschchen“ strahlte über alle Backen. Den Ausdruck hatte Dan ohnehin schon lange nicht mehr gehört, und er war ihm so vertraut, daß ihm manchmal direkt etwas fehlte, nämlich die Erinnerung an die schon lange zurückliegende gemeinsame Zeit, als Ribault, Hutten und die anderen noch zur Crew gehörten.

      Die Flaschen wurden herumgereicht. Anschließend ging das große Erzählen los. Ribaults Gesicht verschloß sich, als er hörte, was in der Zwischenzeit alles passiert war. Hasards Zwillinge tot, Buck Buchanan erschossen, der Schatz der Malteser geborgen und abgeliefert. Aber es gab auch andere Sachen zu erzählen, und die stimmten ihn nach einer Weile etwas froher.

      Hasard sprach nicht gern über die letzte Vergangenheit und Karl von Hutten tat alles, um den Seewolf davon abzulenken.

      „Du bist älter geworden, Hasard, reifer, möchte ich sagen. Du bist nicht mehr so unbeschwert wie früher. Vielleicht bist du auch noch härter geworden“, sagte er abschließend.

      Ribault hatte das Seebeben ebenfalls gespürt, und zwar sehr unangenehm, wie er versicherte. Die Flutwelle, stark abgeschwächt, hatte viele Schiffe in Mitleidenschaft gezogen und Inselteile von Jamaica überrollt, ehe sie sich in der Weite des Karibischen Meeres langsam verlaufen hatte.

      Dann wurde über die Rote Korsarin gesprochen. Ribault war ihr zum drittenmal begegnet.

      „Sehr merkwürdig“, sagte er verwundert. „Und dieser Jonas hat euch gesagt, daß sich auf Little Cayman eine schwarzhaarige Frau in Gefahr befindet?“

      „Ja, er war ganz aufgeregt und fast verrückt. Er hat auch das Seebeben vorausgesagt.“

      „Das ist mir unbegreiflich“, sagte der Franzose. „Weißt du denn, wo die Rote Korsarin steckt?“

      Der Seewolf verneinte.

      „Ich hatte mir vorgenommen, auf das Geschwätz des Alten nicht viel zu geben, doch es läßt mir keine Ruhe. Immerhin sind alle seine Voraussagen eingetroffen.“

      „Ein unheimlicher Mann“, sagte Ribault und sah dem Seewolf fest in die Augen. „Es ist wirklich unheimlich, aber Siri-Tong ist tatsächlich nach Little Cayman gesegelt.“

      Hasard schluckte. Wieder hatte er das Gefühl, als richteten sich alle seine Nackenhaare auf. Die Kopfhaut auf seinem Schädel zog sich zusammen, ein Frösteln lief über seinen Körper.

      „Also doch“, sagte er tonlos. „Was will sie auf Little Cayman? Hast du sie gesprochen?“

      „Allerdings. Ich erwähnte euren Stützpunkt, die Schlangen-Insel. Sie wollte nicht, daß ich das Geheimnis kenne, und noch viel weniger, daß ich die geheimnisvolle Bucht ebenfalls benutzen darf. Das wollte sie nur zusammen mit dir entscheiden. Falls du dazu deine Erlaubnis gibst, wäre sie einverstanden.“

      Da gab es für den Seewolf nichts zu überlegen. Spontan legte er dem alten Freund die Hand auf die Schulter.

      „Du kannst den Stützpunkt jederzeit anlaufen, sofern du mir dein Wort gibst, niemandem das Geheimnis zu verraten. Wir haben Unmengen von Schätzen auf der Insel verborgen. Du kennst die Position?“

      „Mein Wort hast du, mein Ehrenwort“, erwiderte der Franzose ernst. „Und die Position kenne ich auch. Es ist mir nur unerklärlich, wie das Einlaufen vor sich geht. Nach menschlichem Ermessen ist es ausgeschlossen, zwischen den Felsen hindurchzusegeln.“

      Hasard grinste flüchtig. Natürlich würde er mit der Roten Korsarin noch darüber reden, aber die Erlaubnis hatte er Ribault ja schon gegeben.

      Die beiden Männer gaben sich die Hand und sahen sich an. Dann lösten sich ihre Hände, und der Seewolf erzählte dem Franzosen, wie es möglich war, durch die Passage zu segeln.

      Ribault war starr vor Staunen.

      „Eine Barriere?“ sagte er leise. „Nun gut, gelegentlich werde ich es versuchen, da durchzusegeln. Falls du irgendwann mal Trümmer vor der Schlangen-Insel findest, könnten sie von meinem Schiff stammen.“

      Der


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