Seewölfe Paket 16. Roy Palmer

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Seewölfe Paket 16 - Roy Palmer


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      Hasard atmete tief aus und nickte erleichtert. Die anderen hörten mit gespannten, Gesichtern zu, was der Lord noch alles zu berichten hatte.

      Es war eine ganze Menge, und dabei kamen immer mehr Untugenden des eifrigen Marquess heraus.

      Lord Cliveden bedankte sich bei Hasard noch einmal für den persönlichen Einsatz, den er für England geleistet hatte, und erhob sich dann nach einer weiteren Stunde mit seinen beiden schweigsamen Begleitern, den Abgesandten der Königin.

      „Wir sehen uns heute nachmittag noch, Sir Hasard“, sagte er abschließend, „dann werden wir noch die näheren Details besprechen.“

      „Ich danke Ihnen, Lord Cliveden“, sagte der Seewolf. „Ich danke Ihnen auch im Namen meiner Männer für die faire Untersuchung.“

      Hasard erhob sich ebenfalls und nahm aus einer Schublade eine in Leder gebundene Mappe, die er dem Lord überreichte.

      „Bis heute nachmittag“, sagte er. „Hier sind die Schiffspapiere der ‚Hornet‘, die ich damit wieder der Krone überstelle, damit alles seine Richtigkeit hat. Es fehlt ein Segel an Bord, Sir. Es ging durch einen unglücklichen Umstand verloren.“

      „Ich war der Ansicht, man bezeichnet das als sogenannte Kettenkugel“, sagte der Lord ernst, „Aber das mag wohl auch ein unglücklicher Umstand sein.“

      Die Männer verabschiedeten sich. Hasard brachte sie an Deck und geleitete sie bis zur Kutsche. Dann verbeugte er sich knapp.

      Der Lord sagte noch etwas zu ihm, woraufhin alle beide lächelten.

      Als die Kutsche anfuhr, hielt Carberry es vor Neugier nicht mehr aus.

      „Was hat er gesagt, Sir?“ wollte er wissen.

      „Ich fragte ihn, was aus dem Marquess nun wird.“

      „Und was wird aus ihm?“

      „Der Alte hat ihm eine sehr üble Standpauke vor versammelter Mannschaft gehalten, vor der gesamten Besatzung. Und dann nahm er seinen Ableger mit, zwecks Erholung, wie er das ausdrückte. Künftig wird Onkel Henry sich wohl mit Hühnern, Pferden und Schweinen beschäftigen, denn der Duke hat riesige Landgüter, und auf denen soll der Lümmel sich erst einmal Landluft um die Ohren wehen lassen.“

      Die Seewölfe grinsten schadenfroh.

      „Die Hühner tun mir leid“, sagte Ed. „Der Kerl wird doch sofort die Eier requirieren, die sie legen.“

      Befreites Gelächter erklang, und als Ed vorschlug, Plymmie heute abend einen kleinen Besuch abzustatten, hatte niemand etwas dagegen. Natürlich würde dieser Besuch in allen Ehren verlaufen, das war klar.

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      1.

      Jaulend strich der Wind um das scheunengroße Gemäuer hinter dem Deich von Norderney, in dem gelacht und getrunken, geflucht und gespielt wurde. An den Fensterläden rüttelte er, zerrte an den Dachpfannen, eilte weiter, trieb Schneisen in den kniehohen Strandhafer, fauchte zwischen den tiefer im Inselinneren errichteten Gemäuern hindurch und raste nach Süden über das Wattenmeer weg zum Festland hinüber.

      Zu dem Heulen des Windes gesellte sich das Rauschen der See. Hohe Brandungswellen liefen gegen Strand und Deich an und brachten die kleinen Boote an den Piers, die wie dürre Finger in die Nacht hinausragten, zum Tanzen.

      Schweren Schrittes verließ Onno Osten das Wirtshaus hinter dem Deich und rammte die Bohlentür hinter sich zu. Er spuckte aus, wischte sich mit der Hand über den Mund, versenkte beide Hände tief in den Hosentaschen und stapfte zum Deich hoch, wobei er leicht ins Wanken geriet.

      Doch es war nicht der rauhe Wind, der sein Gleichgewicht etwas unsicher werden ließ – es waren das viele Bier und die Schnäpse, die er getrunken hatte.

      Gezecht und gelärmt hatte er mit seinen Freunden, was ihn mit unbändiger Freude erfüllte. Nachdem er noch rasch seinen Schlenderschluck zu sich genommen hatte – wie die Friesen dies nannten – trieb es ihn nun mit Macht nach Hause zu Herma, seiner Frau, der er von seinem Glück zu berichten gedachte.

      Gut den Ablauf eines Stundenglases lang, also eine halbe Stunde, stand er wie festgenagelt oben auf dem Deich und blickte starr nach Norden, auf die See hinaus. Manchmal lehnte er sich etwas vor, dann wieder zurück, aber nie geriet er völlig aus der Balance.

      Der eisigkalte Januarwind pfiff ihm mitten ins Gesicht und versuchte, seine mächtige Gestalt zu packen. Aber nichts konnte einen Mann wie Onno umwerfen, leichter war es, einen Baum zu fällen. Er war über sechs Fuß groß und hatte schrankbreite Schultern. Sein wuchtiger Kopf saß scheinbar halslos auf dem stiernackigen Oberkörper, sein leicht fliehendes Kinn führte zu dem dünnlippigen Mund hinauf, der nichts von dem ausdrückte, was in seinem Hirn vor sich ging.

      Es arbeitete hinter Onno Ostens Stirn, und hin und wieder zuckte es in seinem breiten, von einem feinen Netz roter Äderchen durchzogenen Gesicht. Doch der Schnaps und das Bier hatten seinen Geist umnebelt, er brauchte seine Zeit, um zu einem vernunftsmäßigen Schluß dessen zu gelangen, was er sah.

      Schließlich stieß er einen Laut aus, der einer Mischung aus Grunzen und Seufzen glich, und seine winzigen blauen Augen verengten sich zu Schlitzen.

      „Sturm wird’s geben“, brummte er, dann wandte er sich um und verließ den Deich. Auch diese bedeutungsschwere Erkenntnis wollte er Herma mitteilen, falls sie von dem Schlechterwerden des Wetters noch nichts bemerkt hatte – was er nicht annahm.

      Schweigend durchquerte er den wilden Hafer. Der vom Regen des Tages aufgeweichte Untergrund schmatzte unter seinem groben Schuhwerk. Ohne auch nur ein weiteres Wort zu sich selbst zu sagen, wanderte er auf die trostlose Ansammlung von Häusern zu, die die Menschen von Norderney stolz „das Dorf“ zu nennen pflegten.

      Fast war Onno schon an dem ersten, größten Gebäude vorbei, da hob er seinen Blick – und blieb wie vom Donner gerührt stehen.

      Es waren nicht die wenigen Lichter, die aus einigen Fenstern, deren Läden noch nicht verschlossen waren, ins Freie fielen. Es war der fahle Schein des Mondes, der ihm zu der grausigen Entdeckung verhalf.

      Hätten die Wolken in diesem Augenblick den Mond verdeckt, wäre Onno auf das, was sich hier seinen Augen darbot, wahrscheinlich nicht aufmerksam geworden. So aber blieb er stehen und starrte wie gebannt auf das Tor des großen Hauses. Seine Lippen bewegten sich plötzlich heftig und schienen ein Wort formen zu wollen, doch es drang nur Unverständliches aus seinem Mund.

      Das, was vom Balken über dem Tor herabbaumelte, mochte beim ersten Hinsehen wie ein Sack voll Lumpen wirken, aber Onno begriff trotz seiner Trunkenheit, daß der Schein trog. Er überwand seinen inneren Widerstand und näherte sich mit linkischem Schritt der reglosen Gestalt. Dann berührte er ihr Bein.

      Er wollte sich nicht nur davon überzeugen, daß der, der da hing, ein offensichtlich toter Mensch war. Er wollte auch wissen, um wen es sich handelte. Fast zuckte er zusammen, die Erkenntnis traf ihn wie ein Hieb.

      „Klusmeier“, murmelte er.

      Er ließ das Bein des Toten los, drehte sich um und ging davon. Er wandte nur noch einmal den Kopf und blickte über die Schulter zurück zu dem Unglücklichen, dann strebte er seinem Heim zu, entschlossen, sich nicht mehr aufhalten zu lassen, durch nichts auf der Welt. Gleich drei Neuigkeiten an diesem Abend, und das auf der unwirtlichen Insel, die nur selten etwas Interessantes bot, wenn man von den Aktivitäten ihrer Bewohner absah.

      Onno Osten stieß fast gegen die Tür seiner Behausung, so eilig hatte er es. Er brauchte wieder eine ganze Weile, um die Tür zu öffnen, und er bemerkte nichts von dem, was innen vorging, konnte nichts wissen und nicht ahnen, zumal er im Moment viel zu aufgeregt war.

      „Herma“, sagte er mit undeutlicher, dumpfer Stimme, aber Herma schien nicht zu hören, da sie nichts erwiderte.

      Es


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