Seewölfe Paket 16. Roy Palmer

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Seewölfe Paket 16 - Roy Palmer


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trat dicht vor Karl hin und fragte: „Wer hat Klusmeier umgebracht?“

      „Ich nicht“, erwiderte der andere. „Aber wollen wir das nicht später klären? Wir halten uns doch an unsere Vereinbarung, oder?“

      „Ja.“ Aber wir rechnen noch ab, dachte Lüder.

      Die Nacht ging schnell vorbei, die Ebbe legte das Watt frei, und bald herrschte in den Prielen ein reger Bootsverkehr. Alle Inselbewohner, auch die Frauen und Mädchen, halfen beim Abwracken der „Eendracht“ mit.

      Nicht nur die Beute aus den Laderäumen wurde übernommen, auch das Holz war auf, beiden Inseln knapp. Alles wurde unter der strengen Oberaufsicht von Eberhard und Frieda gerecht halbiert und mal nach Norderney, mal nach Baltrum transportiert. Es gab auch jetzt keinen Streit, der Burgfrieden dauerte an.

      Jeder fragte sich, welches Schiff wohl als nächstes der Friesenfalle zum Opfer fallen würde. Keiner rechnete damit, daß es noch eine böse Überraschung geben würde. Die Jehans feierten ihren guten Fang mit Bier und Korn und tranken, bis sie fast nicht mehr auf ihren Beinen stehen konnten.

      5.

      Nathaniel Plymson hatte sich beruhigt, denn die Seewölfe und ihre Kameraden von dem Schwarzen Segler hielten sich an ihre Versprechungen. Alles blieb friedlich, es schien keine Gefahr für die Einrichtung der „Bloody Mary“ zu bestehen. Schon wollte der dicke Wirt erleichtert aufatmen und sich den Schweiß von der Stirn wischen, da trat gegen Mitternacht etwas ein, mit dem selbst er nicht gerechnet hatte.

      Ganz unerwartet öffnete sich zu dieser späten Stunde die Kneipentür, und ein Kommando der Stadtwache erschien. Es bestand aus fünf Männern unter der Leitung eines Offiziers, der seiner Uniform nach den Rang eines Lieutenants bekleidete. Groß und wuchtig gebaut war dieser Mann, sein kantiges Gesicht drückte Strenge und Entschlossenheit aus.

      „Wer ist denn das?“ fragte Ben Brighton den Seewolf. „Den habe ich hier in Plymouth noch nie gesehen.“

      „Er muß neu sein“, entgegnete Hasard. „Vielleicht will er sich ein paar Lorbeeren verdienen. Wie er aussieht, scheint er nicht bereit zu sein, ein Auge zuzudrücken.“

      Der Lieutenant war zur Theke gegangen und blickte Plymson kühl aus seinen grauen Augen an.

      „Mister Plymson“, sagte er schroff. „Haben Sie das Schlagen der Kirchturmuhr nicht gehört? Brauchen Sie einen Trommler, der Sie gesondert darauf hinweist, wie spät es ist?“

      „Ich – nun, ich wollte gerade schließen“, erwiderte der Dicke und warf einen beschwörenden Blick zu seinen Gästen hinüber. Die aber rührten sich von ihren Plätzen nicht fort.

      Wiederholt hatte Plymson diesen Lieutenant, der tatsächlich erst seit zwei Wochen zur Stadtgarde von Plymouth gehörte, zu einem Umtrunk eingeladen und vorgehabt, ihn mit einem Fäßchen Wein oder Bier auf die übliche Weise zu bestechen. Aber darauf hatte der Mann sich nicht eingelassen. Er blieb stur und hielt am Reglement fest.

      Jetzt umrundete er mit ein paar Schritten die Theke, zog seinen Degen und gebot durch einen Schlag der Klinge auf den Zapfen in einem gerade frisch angestochenen Bierfaß Feierabend. Dies war der Zapfenstreich, der gleichsam Gesetzeskraft hatte, niemand hatte dagegen aufzubegehren.

      Mit einem Ruck drehte sich der Lieutenant zu den Zechern um und sagte: „Gehen Sie! Es wird nicht mehr getrunken. Soll ich das Lokal räumen lassen?“

      „O nein, natürlich nicht“, beeilte sich Plymson zu sagen. „Meine Gäste zahlen sogleich die Zeche und kehren an Bord ihrer Schiffe zurück, nicht wahr?“ Der Blick, den er Hasard zuwarf, war flehend.

      Thorfin Njal hatte sich von seinem Stuhl erhoben.

      „Bei Geri und Freki, den Wölfen Odins“, brummte er. „Jetzt, da es gerade richtig gemütlich wird, will man uns rausschmeißen? Das soll wohl ein mieser Witz sein?“

      „Thorfin“, sagte Hasard ruhig. „Feure bloß keine Breitseite ab, es lohnt sich nämlich nicht.“

      „Ich will nur ein Wörtchen zu dem Mann dort sagen“, erklärte der Wikinger. Er trat mit drei langen Schritten auf den Lieutenant zu und tippte diesem mit seinem großen Zeigefinger so derb gegen die Brust, daß er unwillkürlich ein Stück zurückwich. „Meinen Feierabend“, sagte Thorfin unwirsch, „lasse ich mir von keinem vorschreiben. Und schon gar nicht von einem aufgeblasenen Kerl wie dir.“

      Die Seewölfe und die Männer des Schwarzen Seglers hielten die Luft an. Plymsons Blick wurde flackernd, er suchte nach einem Loch, durch das er sich verkriechen konnte. Die Männer der Stadtgarde legten die Hände an die Griffe ihrer Waffen. Die Luft schien von einem Moment auf den anderen vor Spannung zu knistern.

      Der Lieutenant sah den wilden, bärtigen Mann mit dem Kupferhelm auf dem Haupt wie ein Wesen aus einer fremden Welt an. Noch nie hatte er einen Menschen vor sich gehabt, der derart eigentümlich gekleidet war. Und er konnte sich weder seine Herkunft noch seine tolldreiste Art aufzutreten erklären.

      Daß dieser Thorfin Njal der Kapitän des Viermasters war, davon wußte der Lieutenant auch nichts, denn die Belange des Hafens interessierten ihn nicht sonderlich, da dieser sonst nicht zu seinem unmittelbaren Dienstbereich gehörte. Nur in dieser Nacht war er als Ablösung für einen seiner Offizierskollegen tätig, und der Zufall wollte es, daß er ausgerechnet in der „Bloody Mary“ auf diese Meute von verwegenen Männern gestoßen war.

      „Ich höre immer dann mit dem Saufen auf, wenn es mir paßt“, verkündete der Wikinger und sah den Lieutenant drohend an. „Außerdem ist das hier nicht üblich, um zwölf auf den Zapfen zu hauen.“

      Der ist verrückt, dachte der Lieutenant, total übergeschnappt. Dennoch war er nicht bereit, dem Wikinger nachzugeben.

      „Was üblich ist, bestimme ich“, sagte er zornig. „Treten Sie zur Seite, Sie ungehobelter Klotz.“

      „Ungehobelter Klotz?“ echote der Stör, der bei Eike, Arne, Olig und drei anderen Männern von „Eiliger Drache“ an einem der Tische hockte. „Das hat aber noch keiner zu unserem Kapitän gesagt.“

      Thorfin Njal wandte den Kopf und blickte ihn ärgerlich an. „Stör, du Plattfisch, was fällt dir denn ein? Wenn du schon was nachplapperst, dann aber nur das, was ich sage, verstanden?“

      „Verstanden“, antwortete der Stör, aber er war doch verwirrt. Sonst pflegte Thorfin ihm immer in den Allerwertesten zu treten, wenn er seine letzten Worte nachsprach.

      „Verlassen Sie augenblicklich das Lokal!“ fuhr der Lieutenant den Wikinger an. „Verschwinden Sie! Nehmen Sie Ihre Leute mit!“

      „Ich wünschte, Hugin und Munin würden dir die Augen auspicken“, sagte Thorfin, der jetzt langsam vor Wut zu kochen begann.

      „Hugin und Munin?“ fragte der Lieutenant verdutzt. „Wer sind denn das?“

      „Odins Raben. Aber warum äffst du alles nach wie der Stör?“

      Der Lieutenant lief um eine Nuance dunkler im Gesicht an, seine Schläfenadern traten leicht hervor. „Wer in aller Welt ist Odin – und wer der Stör?“

      „Odin ist der Herr aller Götter“, erklärte Thorfin Njal und hob würdig den Kopf. „Ein Narr, wer das nicht weiß.“

      „Der Stör sitzt dort drüben!“ stieß Nathaniel Plymson fast schluchzend hervor und rang dabei verzweifelt die Hände. „Der lange Kerl mit dem Schnauzbart. Aber, bitte, Gentlemen, können Sie Ihre Diskussionen nicht woanders austragen?“

      Der Wikinger hieb mit der Faust auf die Theke, daß die darauf stehenden Humpen ein Stück hochsprangen. „Von dir lasse ich mir auch nichts vorschreiben, Plymson! Ich rede hier, soviel und solange ich will!“

      „Sie sind verhaftet!“ schrie der Lieutenant. „Sie haben sich der Ordnungsmacht widersetzt und sie obendrein beleidigt! Sie stehen unter Arrest und folgen mir!“

      „Ich


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