Seewölfe Paket 16. Roy Palmer
Читать онлайн книгу.übertreibt zwar“, fügte Hasard lächelnd hinzu, „aber ein bißchen eilig haben die es schon.“
Nils Larsen hörte das als Däne gar nicht so gern. Besonders Carberrys geharnischte Bemerkung trieb ihm die Röte ins Gesicht.
„Für dich sollte man noch eine Maulsteuer einführen, Mister Carberry“, sagte er gereizt.
„Eine was?“
„Eine Maulsteuer! Jedesmal, wenn einer wie du sein Schandmaul aufklappt, sollte er dafür eine Golddublone an Steuern bezahlen, das wäre nicht mehr als recht und billig, wenn man an die gepeinigten Ohren anständiger Christenleute denkt!“
„Ha!“ rief Ed. „Unser Blondschopf kann wohl die Wahrheit nicht vertragen, was, wie? Sag diesen Rübenschweinen aus Helsingör lieber, daß sie sich verholen sollen, denn wir hätten die Angewohnheit, Steuern jeder Art mit Eisenkugeln zu bezahlen, und zwar mit solchen, die hübsch rund sind und siebzehn bis fünfundzwanzig Pfund wiegen.“
„Jetzt reg dich wieder ab, Ed“, sagte Hasard. „Um den Sundzoll kommen wir nicht herum. Bezahlen müssen wir ihn so oder so. Also tun wir es lieber gleich, dann brauchen wir uns morgen nicht mehr damit aufzuhalten.“
Der Seewolf dachte praktisch, zumal er aus den Segelanweisungen für die Ostsee, die in der versiegelten Order enthalten waren, wußte, daß der Sundzoll eine legale Sache war.
Schon seit Anfang des 15. Jahrhunderts erhoben die dänischen Könige den sogenannten Sundzoll von allen den Sund passierenden Schiffen, und zwar von Helsingör aus. Die Berechtigung dazu war durch Verträge mit den seefahrenden Nationen anerkannt worden. Eine Ausnahme bildeten lediglich die sechs Hansestädte Lübeck, Hamburg, Rostock, Stralsund, Wismar und Lüneburg sowie die Städte Stettin, Kolberg und Kammin. Sie waren vom Sundzoll völlig befreit, während einzelnen Staaten wie Schweden, Holland, England und Frankreich eine Ermäßigung bewilligt worden war.
Der Sundzoll setzte sich aus einer Schiffsabgabe von durchschnittlich zwölf Speziestalern und dem Warenzoll zusammen, der ein bis eineinhalb Prozent des Ladungswertes betrug. Auf diese Weise flossen in die Kassen des dänischen Königshauses ansehnliche Summen.
Auf Anweisung des Seewolfs stand Nils Larsen Rede und Antwort, indem er das Herkunftsland der „Isabella IX.“ sowie den Namen ihres Kapitäns nannte. Außerdem wies er darauf hin, daß man beabsichtige, am nächsten Morgen den Öresund zu passieren.
Die Antwort der Dänen erfolgte prompt, und Nils Larsen übersetzte.
„Der Kapitän der Schaluppe heißt Aage Svensson. Er möchte an Bord kommen, um die Formalitäten zu erledigen.“
„Einverstanden“, sagte Hasard, „er soll kommen.“
Nils Larsen gab die Antwort des Seewolfs weiter.
Während dessen rümpfte Edwin Carberry die Nase.
„Woher wissen wir eigentlich, daß das alles stimmt, was die Beutegeier da erzählen? Vielleicht wollen sich die Rübenschweine nur bei uns einschleichen, um dann plötzlich über uns herzufallen.“
„Solange nicht die ganze Besatzung zu uns an Bord steigt, habe ich in dieser Hinsicht keine Bedenken“, erwiderte der Seewolf. „Ich nehme an, daß der Kapitän in angemessener Begleitung auf der ‚Isabella‘ erscheinen wird. Und solange er sich in unserer Mitte befindet, werden seine Leute gewiß nicht auf dumme Gedanken verfallen. Oder würdest du mit einer winzigen Schaluppe ein gut armiertes Schiff unserer Größenordnung zu entern versuchen?“
„Genaugenommen nicht, Sir. Und wenn du mit diesem Schiff unsere ‚Isabella‘ meinst, dann würde ich lieber gleich die Flucht ergreifen.“
„Na also. Bringen wir die Sache hinter uns. Wenn wir den Sundzoll bezahlt haben, wird man uns nicht mehr behelligen, und wir können morgen unseren Weg fortsetzen.“
„Aye, Sir“, sagte der Profos und behielt trotzdem sein mißtrauisches Gesicht bei.
Die Schaluppe schor längsseits, und wenig später enterte ihr Kapitän, ein blonder Kleiderschrank mit hellen, harten Augen, an Bord der „Isabella“. In seiner Begleitung befanden sich zwei Männer, die einander glichen wie Tag und Nacht. Der eine war klein und dick, der andere glich einer abgebrochenen Bohnenstange und trug ein Tintenfaß sowie Federkiele und Papier bei sich. Wahrscheinlich handelte es sich um den Schreiber, der dafür zu sorgen hatte, daß alles „von Amts wegen“ über die Bühne ging.
Edwin Carberry stieß Old Donegal an, der am Steuerbordschanzkleid lehnte und die Männer wortlos musterte.
„Und solche Affenärsche setzen ihre ungewaschenen Füße auf die Planken unserer Lady“, raunte er. „Ich würde den Kerlen eine Ladung Pulver in die Stiefel füllen und dann einige Funken hineinfallen lassen. Auf diese Weise könnten wir diesen verdammten Sundzoll gleich mit dem Fersengeld, das sie geben müßten, verrechnen.“
Hasard, der diese Bemerkung gehört hatte, warf dem Profos einen tadelnden Blick zu, was diesen dazu veranlaßte, einen unschuldsvollen Blick gen Himmel zu schicken.
Aage Svensson, der Kapitän der Schaluppe, trug eine schmucke Uniform. Nachdem er sich dem Seewolf vorgestellt hatte, musterte er aufmerksam das Schiff.
„Ein stolzer Segler, Kapitän Killigrew“, sagte er mit einem verbindlichen Lächeln. „Mein Kompliment!“
„Das heißt Sir Hasard!“ ließ sich der Profos laut und deutlich vernehmen. Offenbar gelang es ihm immer noch nicht, seine Antipathien, die er gegen die Geldeintreiber hegte, zu unterdrücken. „Die englische Königin hat unseren Kapitän nämlich zum Ritter geschlagen!“
Edwin Carberry hatte das in englischer Sprache gesagt, trotzdem schien ihn Aage Svensson verstanden zu haben, denn er vollführte eine entschuldigende Geste.
„Ed – bitte!“ sagte der Seewolf mit scharfer Stimme. Und zu dem dänischen Kapitän gewandt, fuhr er fort: „Ich bin nicht titelsüchtig, nennen Sie mich ruhig so, wie es Ihnen beliebt.“
Svensson lächelte.
„Ehre, wem Ehre gebührt! So steht es schon in der Bibel. Ich freue mich jedenfalls, ein solch hervorragendes Schiff inspizieren zu können, Sir Hasard.“
In Begleitung des Seewolfs, Nils Larsens und des immer noch mürrischen Edwin Carberrys besichtigte er dann die „Isabella“. Dabei ließ er sich auch die Laderäume der großen Galeone zeigen. Nur wegen der Zollfestsetzung, versteht sich.
„Sie führen keine Ladung mit sich?“ fragte er erstaunt.
„Nein“, erwiderte Hasard. „Wir sind bestrebt, Handelsbeziehungen mit den Ostseeanliegern anzuknüpfen. Und da wir keine Ware verkaufen, sondern kaufen möchten, führen wir keine Ladung mit uns.“ Daß die „Isabella“ im Auftrag der englischen Königin unterwegs war, verschwieg er wohlweislich.
Aage Svensson nickte.
„Ich verstehe. Und wer ist der Schiffseigner? Ich meine, in wessen Auftrag sind Sie unterwegs?“
„Ich segle auf eigene Rechnung“, erklärte Hasard.
„Nun gut“, sagte der Schaluppenkapitän. „Da Sie keine Handelsware mit sich führen, muß ich die Schiffsabgabe nach Größe und Ausstattung Ihrer Galeone berechnen.“
„Walten Sie Ihres Amtes“, forderte ihn Hasard auf. „Und bedenken Sie, daß für englische Schiffe eine Ermäßigung vertraglich vereinbart ist.“
„Aber selbstverständlich, Sir“, sagte Svensson und setzte nun eine amtliche Miene auf. „Die Zollabgabe wird in ihrer Höhe den vertraglichen Vereinbarungen angepaßt sein. Schreiber“, wandte er sich an die dürre Bohnenstange, die würdevoll mit dem Tintenfaß einherschritt, „bist du bereit, das amtliche Dokument auszufertigen?“
„Natürlich, Kapitän.“
„Also“, fuhr Svensson fort, „dann setze ich hiermit im Namen und im Auftrag des dänischen Königs den Sundzoll für die ‚Isabella IX.‘