Seewölfe - Piraten der Weltmeere 361. Roy Palmer

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Seewölfe - Piraten der Weltmeere 361 - Roy Palmer


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dem Gewicht des Dicken, legte ab und wurde mit kräftigen Riemenschlägen zum Ufer der Bucht gepullt.

      Alba Villas schenkte weder dem Dicken noch dem schnauzbärtigen, wieselartigen Franzosen Beachtung, die zur Bootscrew gehörten. Seine volle Aufmerksamkeit galt der Black Queen. Er ließ sie nicht mehr aus den Augen. Ihr Boot schien fast genau auf sein Versteck zuzuhalten und würde nur wenige Fuß entfernt landen.

      Der Spanier griff nach dem Heft des Messers. Nur diese Waffe war ihm geblieben, aber er würde sie zu benutzen verstehen. Mein Empfang gilt dir, schwarze Teufelin, dachte er. Ich töte dich!

      Natürlich war der Kanonendonner, der zuletzt von El Triunfo herübergedrungen war, an der Mündung des Rio Leán nicht ungehört geblieben. Hier lag – gut versteckt hinter Mangroven und einem undurchdringlich wirkenden Vorhang aus Spanischem Moos – die „Le Vengeur III.“ vor Anker.

      Für Jean Ribault, Siri-Töng und die Crew bestand kein Grund mehr, noch länger in Honduras zu verweilen. Die Black Queen hatte El Triunfo vor ihnen erreicht, aber eine Auseinandersetzung würde nicht stattfinden. Sie war durch das verfrühte Auftauchen der spanischen Galeonen vereitelt worden. Anders ausgedrückt: Ribault und die Rote Korsarin hatten keine Chance mehr, ihrer Feindin eine Niederlage zu bereiten. Wahrscheinlich hatte sie sich mit ihren Schiffen, der „Caribian Queen“ und der „Aguila“, inzwischen längst abgesetzt.

      „Sie hat nicht gewagt, den Kampf gegen die Spanier aufzunehmen“, sagte Ribault in diesem Moment. „So verrückt ist sie nicht. Bestimmt hat sie sich mit ihren Leuten noch rechtzeitig genug aus der Siedlung zurückgezogen.“

      „Und was hat der Kanonendonner von eben zu bedeuten?“ fragte Siri-Tong. „Waren es nicht doch die Geschütze der ‚Caribian Queen‘, die da abgefeuert wurden?“

      „Das läßt sich nicht heraushören“, sagte Barba.

      „Aber irgendwer hat die Spanier angegriffen“, sagte Jenkins, der Rudergänger. „Die Siedler können es nicht gewesen sein. Sie haben keine größeren Schiffe. Und es waren Galeonen, ausschließlich dicke Kaliber, die geschossen haben.“

      „Das Rätselraten hat keinen Sinn“, meinte Carlos Rivero. „Und wir müssen ja doch die Nacht abwarten, um von den Spaniern ungesehen auslaufen zu können. Ich schlage vor, daß einige der Siedler und ich aufbrechen und die Lage erkunden. Wir erfahren bestimmt, was da geschehen ist.“

      Eine Gruppe von mehr als zwanzig Siedlern befand sich an Bord der „Le Vengeur III.“ – Ribault und die anderen hatten sie vor einem spanischen Verfolgertrupp gerettet. Ebenso hatten sich Doc Delon und Marty, das schielende Kerlchen, beide aus El Triunfo, ihnen angeschlossen. Sie gehörten zu den wenigen, die nicht mit einer Umsiedlung aller Bewohner einverstanden gewesen waren, wie die Black Queen es Willem Tomdijk, dem Bürgermeister, vorgeschlagen hatte.

      Doc Delon war es inzwischen mühelos gelungen, auch die kleine Gruppe von Engländern und Franzosen, die am Ufer des Flusses um ein Haar von den Spaniern erschossen worden wäre, von seinen Ansichten zu überzeugen. Die Queen spielte falsch. Sie brauchte Gefolgsleute, die dann später als Kanonenfutter verheizt werden sollten. Es empfahl sich, sich nicht von ihrem Busen und ihrem Hüftschwung blenden zu lassen.

      „Es könnte auch sein, daß ihr auf der Strecke bleibt“, gab Jenkins zu bedenken. „Vergeßt das nicht. Es befinden sich immer noch Patrouillen der Spanier im Busch.“

      „Wir kennen uns hier besser aus als die Dons“, sagte Marty. „Wir benutzen Schleichpfade und bedienen uns aller erdenklichen Tricks. Uns erwischt so leicht keiner, jedenfalls nicht im Dunkeln.“

      „Na gut“, sagte Ribault. „Das ist richtig, wir haben es ja selbst erlebt. Aber ich begleite dich, Carlos.“

      „Dann gehe auch ich mit“, sagte die Rote Korsarin.

      Carlos Rivero schüttelte den Kopf. „Nein. Ihr müßt an Bord der ‚Vengeur‘ bleiben. Wenn die Spanier von der Seeseite auftauchen, seid ihr hier unentbehrlich. Versteht mich nicht falsch. Ich will nicht kommandieren, dies ist nur meine Empfehlung.“

      Siri-Tong lächelte grimmig. „Wir legen deine Worte auch nicht falsch aus, ganz bestimmt nicht, Carlos. Aber wie willst du dich verteidigen, wenn ihr doch in eine Falle lauft?“

      „Mit Waffen“, erwiderte der Spanier. „Wir nehmen Musketen, Tromblons, Pistolen und Säbel mit – und genügend Munition.“

      Doc Delon mischte sich ein. „Ich finde Carlos’ Vorschlag auch gut. Die ‚Vengeur‘ braucht in dieser Situation ihre gesamte Schiffsführung und darf außerdem auf keinen Fall unterbemannt bleiben. Marty und ich schließen uns freiwillig Carlos an. Richtig, Marty?“

      „Richtig“, antwortete das Kerlchen.

      „Unser Doc ist ganz schön hartnäckig, was?“ sagte einer der Siedler und lachte.

      „Ja“, erwiderte Jean Ribault. „Aber ich glaube, er hat recht.“

      „Trotzdem ist das, was Carlos vorhat, riskant“, sagte die Rote Korsarin. „Und irgendwie gefällt mir die ganze Situation nicht.“

      „Keine Sorge“, sagte Doc Delon. „Ich bin zwar nur ein verkrachter Wundarzt und hoffnungsloser Säufer, aber wenn man mir zu Leibe rückt, weiß ich mich meiner Haut zu wehren, Madam. Man reiche mir eine Pistole, ich kann damit umgehen.“

      Sie händigte ihm eine Miqueletschloßpistole aus. „Ich zweifle nicht an Ihren Fähigkeiten, Doc. Aber nachdem Sie Jean Ribault und Carlos Rivero geholfen haben, fühle ich mich für Ihr Leben verantwortlich.“ Sie drehte sich zu den Siedlern um. „Das gilt auch für euch. Die Spanier haben in El Triunfo ein Massaker angerichtet. Es darf keine weiteren Todesopfer geben.“

      Die Blicke der Männer waren auf sie gerichtet, keiner verbarg die Bewunderung, die er für diese Frau empfand. Es wurde noch eine Weile diskutiert, dann fällte Jean Ribault die Entscheidung: Carlos, der Arzt, Marty und zehn Freiwillige sollten mit ausreichender Bewaffnung an Land gehen und die Umgebung abforschen. Gab es Schwierigkeiten, würde Carlos mit der Muskete einen Signalschuß in die Luft abgeben. Auf dieses Zeichen hin sollte von der „Le Vengeur III.“ sofort ein Trupp von zehn Männern als Nachhut zur Unterstützung des Kommandos aufbrechen.

      Die Patrouille begab sich an Land und war kurze Zeit darauf im verfilzten, Feuchtigkeit und giftige Dünste verströmenden Dickicht verschwunden. Wieder begann eine Zeit des Wartens und der Ungewißheit an Bord des Schiffes.

      Ribault und die Rote Korsarin verließen das Achterdeck keinen Augenblick, und auch die Crew blieb auf den Beinen. Verstärkt durch die Siedler, die an Bord geblieben waren, brauchte sich keiner von ihnen wegen der Gefechtsbereitschaft zu sorgen.

      Wurden sie angegriffen, konnten gleichzeitig die Geschütze und die Handfeuerwaffen bedient werden, und die „Le Vengeur III.“ würde sich in eine feuerspeiende Festung verwandeln. So gesehen, war allen Männern die Anwesenheit der Siedler nur recht. Was später mit ihnen geschehen sollte, wußte noch keiner.

      „Jean“, sagte Siri-Tong, „uns sind mal wieder die Hände gebunden, und wir können nichts unternehmen. Eine ganz verdammte Lage ist das. Die Sache hier hat schlecht begonnen und könnte einen üblen Ausgang nehmen.“

      „So pessimistisch bist du noch nie gewesen.“

      „Ich habe schlicht und einfach das untrügliche Gefühl, daß die Queen bei dem Überfall der Spanier die lachende Dritte ist.“

      „Und wir haben keine Aussicht, ihr das Handwerk zu legen, meinst du?“

      Sie blickte ihn an. „Genau das. Wir müssen unverrichteter Dinge wieder davonsegeln. Das wurmt mich. Warum sind wir überhaupt hiergewesen?“

      „Weil wir jede Bewegung der Queen verfolgen müssen“, erwiderte Ribault. „Sie hat jetzt zwei Schiffe und schart Männer um sich, die zu allem entschlossen sind und für sie durch die Hölle gehen. Dieser Narr Willem, der Bürgermeister, ist einer von ihnen. Aber je mehr wir über die Machenschaften der Queen und Caligulas wissen, desto besser können wir unsere Strategie entwerfen. Bald kommt der Tag, an dem


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