Seewölfe Paket 17. Roy Palmer
Читать онлайн книгу.doch das störte sie nicht. Das frische Bachwasser ließen sie sich direkt aus dem Schlauch in die Kehlen rinnen. Den Beerwurz tranken sie abwechselnd aus der klobigen grünen Flasche. Er war angenehm kühl und hatte genau die richtige Temperatur. Von Saxingen schnalzte nach dem ersten Schluck genießerisch mit der Zunge, wischte sich den Mund ab – und nahm gleich noch einen Schluck zu sich.
Im Keller verfolgten Dan und Piet alles, was die beiden Kerle sprachen, und Piet gab sich die allergrößte Mühe, wenigstens die wichtigsten Sätze zu verstehen und sie Dan zu übersetzen. Was sie hörten, versetzte sie in noch größere Wut und steigerte ihren Haß gegen Erich von Saxingen und Bruno von Kreye.
Die beiden Junker tranken jetzt weniger Wasser und immer mehr Schnaps. Die Flasche war bereits halb geleert, sie hatten beide einen kräftigen Zug. Da sie überdies seit den Mittagsstunden nichts mehr gegessen hatten, tat der hochprozentige Alkohol sehr rasch seine Wirkung. Ihre Sauferei sollte zu einem erbitterten Streitgespräch führen.
»Ist das nicht herrlich?« fragte von Saxingen begeistert. »Wir hocken hier gemütlich zusammen und saufen uns einen an, und in Rügenwalde heulen Killigrew und von Manteuffel und ihre Kerls sich die Augen darüber aus, daß die Lankwitz, die dumme Kuh, ins Gras gebissen hat.«
»Bist du ganz sicher, daß sie nur heulen?«
Von Saxingen war viel zu begeistert von seinem Beerwurz-Fund, um jetzt auf von Kreyes Bedenken einzugehen.
»Ja, ja«, antwortete er ihm nur. »Die verlassen sich ganz auf die beiden Narren hier unten. Bestimmt denken sie, daß die dummen Hunde uns gestellt und eingefangen haben. Aber denen husten wir was.«
»Der Schnaps reicht aber nur für heute nacht. Und zu beißen haben wir auch nichts bei uns.«
»Wie war das? Ach, du meinst, wir sitzen bald auf dem Trockenen? Herrgott, ein paar Tage können wir auch vom Wasser leben. Und was die Verpflegung betrifft: Da ist der Wald, wir haben unsere Musketen und ausreichend Munition. Wir können uns was jagen, hast du das vergessen?« Von Saxingen lachte.
Von Kreye schüttelte den Kopf. »Wenn wir erst in der Gegend herumballern, wird irgend jemand nachsehen, was hier los ist. Dann hat man uns bald entdeckt, und wir sitzen wirklich in der Falle.«
»Nein!« Erich von Saxingen schrie es fast, sein Jähzorn brach wieder durch. »Hör mit dieser blöden Schwarzmalerei auf! Auch in Pommern wird überall gejagt, landauf und landab! Es fragt keiner danach, wer die Rehe und die Hasen abknallt und woher er kommt!« Schnell nahm er einen Schluck aus der Flasche, um den aufkeimenden Zorn herunterzuspülen.
»Erich«, sagte Bruno von Kreye in eindringlichem Tonfall. »Überlege doch mal. Die beiden da unten kehren nicht an Bord ihres Schiffes zurück. Spätestens im Morgengrauen fangen Killigrew und von Manteuffel an, nach ihnen zu suchen. Vielleicht schaltet sich auch der Stadthauptmann von Rügenwalde noch mit ein. Sie kriegen dann bestimmt eine Meute von fünfzig Mann zusammen, die überall nach uns sucht. Dann bleibt uns nur eine Möglichkeit, uns nämlich in dieser Hütte zu verkriechen, mucksmäuschenstill zu verhalten und darauf zu hoffen, daß sie uns nicht finden.«
Von Saxingen umklammerte die grüne Flasche mit beiden Händen. Er hatte sie jetzt sozusagen beschlagnahmt und sah es als sein Vorrecht an, allein daraus zu trinken. Rasch hob er sie an den Mund und ließ noch einen kräftigen Schluck Beerwurz durch seine Kehle rinnen.
»Bist du verrückt?« sagte er dann mit etwas schwerer Zunge. »Das glaubst du doch wohl nicht im Ernst, oder?«
»Es ist mein voller Ernst«, entgegnete Bruno von Kreye.
»Aber wir haben die Geiseln!«
»Die nutzen uns wenig, wenn sie uns erst umzingelt haben.«
»Wir bringen als ersten den großen Blonden um!« brüllte von Saxingen seinen Kumpan über den Tisch hinweg an. »Wir schmeißen ihn aus der Hütte raus und diesem Killigrew-Bastard vor die Füße! Dann wagt es keiner mehr, hier noch in der Gegend herumzuschleichen!«
»Und danach?«
»Danach befreien wir Hugo, meinen Bruder«, sagte von Saxingen wütend. »Du gehst mir mit deinem Gefasel auf den Geist, Bruno. Hör endlich auf damit.«
»Sie warten nur darauf, daß wir nach Rügenwalde zurückkehren«, sagte von Kreye unbeirrt. »Dort lassen sie uns in eine Falle laufen.«
»Du Trauerkloß«, sagte von Saxingen und beugte sich mit verzerrter Miene vor. »Jetzt weiß ich, was mit dir los ist. Angst hast du – und was für welche. Ich wette, du hast die Hosen schon voll.«
Bruno von Kreye richtete sich kerzengerade auf. Er griff nach der Flasche, doch der andere zog sie noch ein Stück weiter zu sich heran.
»Ich habe die Hosen noch nie voll gehabt«, sagte Bruno von Kreye erbost. »Und ich bin kein Feigling, mein Junge. Das lasse ich mir von dir nicht in die Stiefel schieben.«
»Und ich bin nicht dein Junge, verdammt noch mal!«
»Können wir jetzt vernünftig miteinander reden?«
»Was – was willst du denn noch?« fragte Erich von Saxingen, der sein Lallen nicht mehr unterdrücken konnte. Die Flasche war fast leer, der Beerwurz stieg ihm in erheblichem Maße zu Kopf. »Halt j-jetzt endlich d-deinen Mund, zum Teufel!«
Bruno von Kreye hieb mit der Faust auf den Tisch. »Schluß! Von dir lasse ich mir den Mund nicht verbieten! Ich bin mein eigener Herr, merk dir das! Ich hab mein eigenes Land und Gut und lasse mir von dir nicht auf der Nase 'rumtanzen!«
»V-verstanden«, sagte Erich von Saxingen höhnisch. Wieder trank er aus der Flasche. »Der f-feine Herr pocht auf seinen R-r-rechten rum, n-nicht wahr? Na g-gut. Was w-willst du mir eigentlich er-erklären, B-bruno, du blödes A-arschloch?«
»Daß du unüberlegt gehandelt hast!«
»Ich? Wo denn?«
»In Rügenwaldermünde, als du auf die Freiin von Lankwitz geschossen hast! Ich wollte dich ja zurückhalten, aber du …«
»Ich?« brüllte Erich von Saxingen. »Was ist mit mir? Du hast mir g-gar nichts vorzuwerfen, du H-hammel! Was ich tue, ist im-immer ri-richtig!«
»Nein!«
Diesmal war es von Saxingen, der mit der Faust auf den Tisch hieb. Der Tisch wackelte, die Flasche drohte umzufallen, doch er packte sie wieder mit beiden Händen. Dann sprang er auf. »Doch! Der Schuß auf diese pommersche Kuh war eine grandiose Idee!« Sein Lallen war wie weggewischt, es war die grenzenlose Wut, die ihn wieder normal sprechen ließ. »Denn er hat uns zwei Gefangene eingebracht, die wir jetzt als Geiseln benutzen können …«
»Das klappt nie!«
»… um meinen Bruder freizupressen!« brüllte Erich von Saxingen. »Ich beweise dir, wie das klappt!«
»Und wir enden beide am Pranger von Rügenwalde, werden angespuckt und mit Füßen getreten!« schrie Bruno von Kreye, der sich nun ebenfalls erhoben hatte. »Anschließend hängt man uns am Galgen auf, wo wir dann im Wind baumeln und vorbeisegelnde Seeleute grüßen! Oder? Ist es nicht so? Hölle, wann gehen dir endlich die Augen auf? Wir stecken bis zum Hals im Schlamassel!«
Erich von Saxingen leerte die Flasche Beerwurz bis auf den Grund, fluchte und umrundete den Tisch.
»Ich hab keine Lust, mich von dir anöden zu lassen, du Sack«, sagte er. »Lieber schlage ich dir gleich den Schädel ein.« Drohend hob er die Flasche.
Bruno von Kreye blieb stehen und wich um keinen Deut vor ihm zurück.
»Versuch's doch mal!« schrie er.
»Halt's Maul!«
»Einen Dreck werde ich tun!«
Erich von Saxingen war drauf und dran, sich auf ihn zu stürzen, doch im letzten Moment siegte in einem verborgenen Winkel seines Hirns doch wieder die Vernunft. Er ließ die Flasche sinken.
»Verdammt«, sagte er. »Was sind wir doch für blöde Hunde. Wir gehen