Seewölfe Paket 17. Roy Palmer
Читать онлайн книгу.polterte zu Boden. »Laß uns die S-sache vergessen, wie?«
Bruno von Kreye ergriff seine Hand und drückte sie. »In Ordnung. Wir sollten lieber einen Plan schmieden. Wir haben uns gemeinsam in die Sache hineingeritten, und gemeinsam müssen wir uns auch wieder rauswinden. Aber von dem Beerwurz hättest du mir wirklich etwas übriglassen können.«
Von Saxingen grinste. »Ich habe noch eine volle Flasche in meiner Satteltasche. Na, was sagst du jetzt?«
»Du bist ein Teufelskerl«, antwortete Bruno von Kreye.
Sie lachten und hieben sich gegenseitig auf die Schultern. Die Freundschaft war wiederhergestellt, nun konnten sie weitersehen. Sie hockten sich wieder an den Tisch, steckten die Köpfe zusammen und begannen wie zwei Verschwörer zu flüstern.
5.
Halblaut teilte Piet Straaten Dan O'Flynn mit, was er vernommen hatte. Beiden war klar, daß die Kerle mit ihnen als Geiseln ein beachtliches Druckmittel hatten, um von Saxingens Plan in die Tat umzusetzen.
Hasard würde nämlich ohne jeden Zweifel der Erpressung nachgeben, um ihr Leben nicht zu gefährden. Sie wußten es schon jetzt, sie kannten seine Prinzipien. Er ließ sich auf nichts ein, was auf Kosten seiner Männer gehen konnte, und vermied jedes Risiko. Er war fair und ehrenhaft bis zur letzten Konsequenz.
»Das ist eine verdammte Situation«, flüsterte Dan. »Und sie geht zu unseren Lasten, weil wir wie die Verrückten hinter den Hunden hergejagt sind.«
»Stimmt«, murmelte Piet. »Wir haben uns wie die Anfänger im wahrsten Sinne des Wortes aufs Kreuz legen lassen. Tut dir der Schädel noch weh?«
»Das wollte ich dich gerade fragen.«
»Na, es geht so«, raunte Piet. »Das Vogelgezwitscher, das ich vorhin vernommen habe, ist jetzt vorbei.« Er verzog den Mund zu einem schiefen Grinsen, das Dan in der Dunkelheit aber nicht sehen konnte.
Aber Dan war ohnehin nicht zum Lachen zumute.
»Die Waffen haben sie uns natürlich abgenommen«, murmelte er. »Wie sieht es bei dir aus? Haben sie auch dein Messer entdeckt?«
»Ja, leider. Sonst wären wir längst frei.«
»Ein Glück, daß sie uns wenigstens die Knebel aus dem Mund genommen haben.« Dan zerrte wütend an seinen Fesseln, doch es wollte ihm nicht gelingen, sie auch nur um einen Deut zu lockern. Tief schnitten die Stricke in seine Handgelenke und Fußknöchel, seine Arme und Beine drohten steif zu werden, denn der Blutkreislauf wurde unterbrochen.
Piet erging es nicht anders. Er tat alles, um sich wenigstens etwas mehr Bewegungsfreiheit zu verschaffen, hatte aber keinen Erfolg. Entmutigt blieb er schließlich liegen. Und auch Dan rührte sich nicht mehr, denn jetzt ertönten über ihnen Schritte, die sich der Stiege näherten.
Die beiden Junker hatten ihren Wortwechsel beendet und begaben sich über die knarrende Stiege in den Keller hinunter. Wieder war es von Saxingen, der den Kienspan in der Hand hielt. Das flackernde Licht zeichnete huschende, gespenstische Muster auf die Wände und ließ die Gesichter der beiden Kerle wie Fratzen erscheinen.
»So«, sagte Erich von Saxingen. »Jetzt wollen wir uns mal eingehender mit euch unterhalten. Zuerst wollen wir eure Namen wissen. Du da!« Er war neben Piet stehengeblieben und stieß ihm die Spitze seines Stiefels gegen die Schulter. »Du kannst ja ein bißchen Deutsch und verstehst mich. Wie heißt du?«
»Hein Mück«, antwortete Piet.
Erich von Saxingens Fuß schwang zurück und zuckte wieder vor. Er traf Piet hart in die Seite. Piet war ein rauher Mann, der viel einstecken konnte, doch bei diesem gemeinen Tritt stöhnte er fast auf.
»Das ist nur ein Vorgeschmack auf die Behandlung, die euch noch erwartet«, sagte Erich von Saxingen. »Raus mit der Sprache – wie heißt du?«
Piet schwieg. Dan blieb ebenfalls stumm.
Erich von Saxingen teilte wieder Tritte aus, die mal Piet und mal Dan trafen, doch wieder kriegte er kein Wort aus ihnen heraus. Die beiden warfen sich nur rasch einen Blick zu, mit dem sie sich verständigten. Nein, sie würden nichts verraten. Was der Kerl mit ihnen anstellte, erschütterte sie nicht weiter. Sie hatten schon in schlimmeren Situationen gesteckt und fürchteten auch die Folter nicht.
Nur ein Gedanke beschäftigte sie unaufhörlich: Irgendwie mußten sie es schaffen, sich zu befreien und den Spieß umzudrehen. Sie mußten nur abwarten und die Zähne zusammenbeißen, die Chance würde sich schon ergeben.
»Eure Namen!« brüllte Erich von Saxingen. »Heraus damit, oder ich bringe euch einen nach dem anderen um!«
»Hör auf«, sagte Bruno von Kreye. »So kommst du nicht weiter.«
Erich von Saxingen fuhr zu ihm herum. »Fängst du jetzt wieder an?«
»Nein. Ich halte es nur für ratsam, sie nach Hugo zu fragen. Ihre Namen können uns doch egal sein.«
Von Saxingen nickte und beugte sich zu Dan hinunter. »Nun paß mal gut auf, du Lumpenhund! Ich nehme dir nicht ab, daß du kein Deutsch kannst. Ich bin sicher, daß du mich verstehst. Also: Auf welchem der beiden Schiffe befindet sich mein Bruder? Wie geht es ihm? In welchen Raum habt ihr ihn gesteckt? Rede!«
»Ich verstehe kein Wort«, erklärte Dan und zuckte mit den Schultern. »Ich bin Engländer. Für mich ist das, was ihr sagt, ein einziges Kauderwelsch.«
Von Saxingen trat Piet noch einmal in die Seite. »Übersetze ihm, was ich gesagt habe! Du kapierst mich doch, oder? Wo ist Hugo? Wo ist mein Bruder? Was habt ihr mit ihm angestellt?«
»Hugo?« wiederholte Piet mit vorgetäuschter Verblüffung. »Einen Hugo haben wir nicht an Bord unseres Schiffes.« Auf englisch wandte er sich an Dan. »Hast du eine Ahnung, wer dieser Bursche ist, der Hugo heißt?«
»Ja!« schrie Dan. »Meiner Meinung nach wäre es besser für ihn, wenn er noch an dem Elchgeweih zappeln würde, an das wir ihn auf Gut Saxingen gehängt haben! Übersetz das diesem triefäugigen Hurensohn!«
Piet tat es unverzüglich, und die Antwort der beiden Junker bestand aus kräftigen Fußtritten, mit denen sie ihre Gefangenen immer wieder traktierten.
Jetzt aber wurde es Piet Straaten zu bunt. Plötzlich schnellte er sich im Liegen herum. Es gelang ihm, mit den gefesselten Füßen auszuholen und nach Bruno von Kreye zu treten. Er traf ihn an den Waden – Bruno stürzte zu Boden, als sei er von einer Sense umgelegt worden. Er brüllte vor Wut auf.
Dan hingegen zog seine Beine dicht an den Leib. Das schmerzte, aber er biß wieder die Zähne zusammen. Dann trat er von Saxingen gegen die Schienbeine, und auch der kippte um. Er flog ein Stück zurück und verlor dabei den Kienspan aus der Hand, den er dieses Mal dummerweise nicht an der Wand befestigt hatte.
Die Flammen leckten über Bruno von Kreyes Gesicht. Von Kreye wurde versengt, brüllte noch lauter und vollführte mit beiden Händen abwehrende, wischende Bewegungen vor seinem Gesicht, die irgendwie grotesk wirkten. Der Span lag jetzt am Boden, das Licht flackerte heftiger, die Flamme drohte zu erlöschen.
Von Saxingen rappelte sich hoch, bückte sich nach der Fackel und hob sie wieder auf. Noch einmal trat er mit dem Fuß nach seinen Gefangenen, doch dann zog er sich zurück. Er sah ein, daß ihn diese Art von Verhör nicht weiterbrachte. Außerdem war er jetzt sicher, daß sein Bruder am Leben war und sich an Bord einer der beiden Galeonen im Hafen von Rügenwalde befand. Gerade die Weigerung von Dan O'Flynn und Piet Straaten, etwas zu verraten, schien dies zu bestätigen.
Es galt, den Plan zur Durchführung zu bringen, den er sich gemeinsam mit dem Kumpan zurechtgelegt hatte. Er half ihm vom Boden hoch, und sie zogen sich fluchend und schimpfend wieder nach oben zurück. Immerhin hatten sie gemerkt, daß ihre Gefangenen auch gefesselt noch die Zähne zeigen konnten. Sie zogen es vor, sie in dem düsteren Keller schmoren zu lassen.
»Ich hätte große Lust, sie mit dem Messer zu bearbeiten«, zischte von Saxingen, als sie oben angelangt