Seewölfe - Piraten der Weltmeere 597. Sean Beaufort

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Seewölfe - Piraten der Weltmeere 597 - Sean Beaufort


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einem Kaufmann. Er verhandelt, wie er es in Venedig versprochen hat.“ Jung Philip winkte und trat auf den Steg.

      „Da wird er es nicht leicht haben“, meinte Matt. „Die ausländischen Kaufleute sind bekanntlich alle ausgewiesen worden.“

      „Bekanntlich weiß Dad auch das“, erklärte Hasard und sah zu, wie die Bordhündin auf die Planken sprang und mißtrauisch die vielen Handwerker beäugte. „Das heißt aber nicht, daß jeder Handel verboten ist.“

      „Verstehe. Wir werden sicher keine Handelsgüter nach Venedig schippern müssen“, meinte Matt halblaut. „Was gibt’s Neues in London?“

      „Eine ganze Menge“, erwiderte Jung Hasard und kletterte an Bord. „Wir haben ausgezeichnet gegessen. Ich zeige euch, wo.“

      Es war durchaus denkbar, daß Philip Hasard Killigrews Besuch bei einem Londoner Kaufherren wieder neue Gerüchte auslöste. Es gab schon genug Stoff für die ewigen Intrigen im Umkreis des Thrones. Möglicherweise versuchte wieder jemand, dem Seewolf einen Strick zu drehen.

      Aber die Antwort, die Königin Elisabeth dem ehrgeizigen Essex gegeben hatte, konnte die Seewölfe-Crew beruhigen. Wenigstens für einige Tage. Solche unausgesprochenen Gedanken hatte jeder an Bord des Schiffes. Von einer Panik oder gar ernsthaften Furcht konnte indessen nicht die Rede sein.

      „Wo wart ihr?“ fragte Matt.

      „Dort drüben“, entgegnete Philip. „Direkt an der Brücke. Rechts und links von der Brücke gibt es Läden und Schenken. Man kann dort alles sehen und alles kaufen. Wir sind über die Brücke bis nach Southwark gegangen und wieder zurück.“

      „Aha. Viel gesehen?“ fragte Will Thorne neugierig.

      „Eine ganze Menge.“

      Die alte Stadtmauer um London gab es nur noch zur nördlichen Landseite hin. Kais, Landebrücken und breite Steifen leeres und bebautes Land ersetzten den Wall, den die Londoner vor Urzeiten entlang der Themse gegen die Römer gebaut hatten. Sieben Tore, durch die Straßen in sieben verschiedene Vororte führten, unterbrachen den Mauerhalbkreis.

      Im Grunde breitete sich entlang dieser Straßen der zweite Teil der Stadt aus. Oft säumten doppelte Häuserzeilen die schlammigen Wege und bildeten an irgendeiner Stelle einen neuen Stadtteil.

      Eines Tages würde auch der Rest der Mauer fallen müssen. Die wichtigsten Straßen kreuzten sich am Westende der Lombardstreet. Dort stand die königliche Börse, ein wuchtiger, kennzeichnender Bau.

      „Bleibt ihr jetzt auf dem Schiff?“ erkundigte sich der Profos durch den Lärm der Arbeiter. „Es wäre vielleicht besser so.“

      „Wir bleiben hier und warten auf die anderen“, antwortete Jung Hasard.

      „Ein paar, meine ich, werden wir heute nacht nicht an Bord sehen“, murmelte Ferris Tucker. „Sie haben Besseres vor.“

      Auch die Zwillinge hatten sich nicht nur in der Stadt umgesehen, sondern auch vieles eingekauft, was sie tagsüber in den Auslagen der Geschäfte und im Ladeninneren entdeckt hatten.

      Daß sie auch einem Haarschneidekünstler in die Hände gefallen waren und neues Schuhwerk gefunden hatten, sah man auf den ersten Blick. In London war es leicht, auszuwählen und zu kaufen, vorausgesetzt, man hatte genügend Münzen aus Bronze, Kupfer, Silber oder Gold in den Gürteltaschen.

      „Ich hoffe nicht, daß sie sich in der Nacht zwischen den Häusern herumtreiben“, meinte der Profos. „Man kauft zwar breite Gürtel und schöne Gürtelschnallen am Tag, aber in der Nacht fühle ich mich am sichersten auf den Planken. Oder unter Deck.“

      „Da gibt es auch noch einiges zu reparieren“, erklärte Jung Hasard. „Los, Plymmie. Her zu mir!“

      Schweifwedelnd sprang die Bordhündin im Zickzack zwischen Werkzeug, Kanonen und Arbeitern bis zum Heck und verschwand über den Niedergang unter Deck.

      Vor dem Steg luden die Knechte eines Fuhrmannes schwere Taubündel ab. Es waren dünnere und dickere Taue, sorgfältig in Schlingen gelegt und zusammengebändselt. Auch der Reepschläger hatte zuverlässig geliefert, ein Grund mehr, sich in London auszurüsten.

      Der Fuhrmann rief zu den Arbeitern hinauf: „Das muß das Schiff von Kapitän Killigrew sein, nicht wahr?“

      „So ist es, Mann. Die schnelle, namenlose Schebecke!“ brüllte Edwin Carberry zurück. „Ihr bringt das Tauwerk, wie?“

      „Wollt ihr es an Bord?“

      „Wo sonst? Dort, wo es gebraucht wird.“

      Carberry und Tucker halfen mit, die Taubündel auf einem Teil des Decks zu stapeln, wo sie niemandem im Wege lagen. Will Thorne prüfte die Qualität. Sie war ausgezeichnet. Dort, wo anderes Tauwerk rauh und zerfasert in die Haut schnitt, glitten die Schläge selbst der dicken Tampen geschmeidig durch die Finger.

      „Gut so. Der Seewolf hat mal wieder genau den Richtigen gefunden“, sagte der Segelmacher.

      Mittlerweile war es spät am Nachmittag. Noch reichlich zwei Stunden gab es Tageshelle. Die Arbeiten an der Schebecke würden wohl noch etliche Tage dauern.

      Der Fuhrmann wendete sein Gespann und prügelte auf die Klepper ein, während sich seine Knechte auf der löchrigen Ladefläche festklammerten. Einige Neugierige schauten herüber, aber dann lag der Platz unmittelbar vor der Schebecke wieder leer da. Ein erster dünner Regen traf die dunklen Mauern des Towers.

      An Bord füllten die Zwillinge frisches Öl in die Lampen und verteilten sie über die gesamte Länge des Schiffes. Sie fragten sich zwar, warum ausgerechnet Carberry eine solche Lichtflut brauchte, aber das Öl war billig. Die letzten beiden Lampen bändselten sie in die Wanten, so daß ihre Helligkeit die Bordwand ausleuchten würde, die auf der Wasserseite lag.

      Die Brightonbrüder kehrten von ihrem ausgedehnten Stadtspaziergang zurück und zeigten stolz ihre neuen Waffen herum.

      „Und unsere bewährten Pistolen“, versprach der Erste Offizier den Zwillingen, „erhaltet ihr. Natürlich erst, wenn sie durchgesehen und repariert sind. Wenn ein Master Handicap sie bringt oder schickt, gebt ihm einen Farthing oder einen Halfpenny.“

      „Geht klar, Sir.“

      Die Zwillinge strahlten. Der Kutscher und Mac Pellew, deren Proviantliste lang war, legten frische Holzkohle auf die Glut und fingen an, für die Crew ein Abendessen zu bereiten.

      Die Handwerker warfen immer wieder hungrige Blicke in die Richtung der Kombüse. Aber sie schufteten weiter. Will Thorne und seine Helfer beendeten ihre Arbeit, denn ein weiteres Segel war nach allen Regeln der Kunst fertiggenäht worden. Will Thorne war zufrieden, klatschte in die Hände und räumte sein Werkzeug weg.

      „Das war’s, Freunde“, sagte er. „Laßt euch von Mac noch einen Becher Wein geben. Für heute machen wir Schluß. Morgen sehen wir uns wieder, klar?“

      „Aye, Sir“, antwortete Oliver, der Vormann. „Gutes Arbeiten bei euch an Bord, wirklich.“

      „Halten wir immer so“, sagte Will Thorne. „Hoffentlich regnet es nicht stärker.“

      Sie rollten und falteten das neue und die alten Segel zusammen, und Will brachte die Leinwand an ihren Platz. Nachdem er tief in die Laderäume des Schiffes getaucht war, kehrte er kopfschüttelnd wieder zurück.

      Er sah ein, daß auch die Bilge durchgesehen werden mußte. Ein Teil des Ballasts war naß. Hoffentlich gibt es kein Leck oder aufklaffende Planken wie bei der Galeone, dachte er. Ebensogut konnte es sich um Regenwasser oder die Reste übergekommenen Themsewassers handeln.

      „Bald werden wir es wissen“, meinte er und lehnte sich gegen den Großmast.

      Auch die Zimmerleute packten jetzt ihr Werkzeug zusammen, während ein kaum wahrnehmbarer Regen, mehr ein Nebel, der sich auflöste, über dem Fluß fiel.

      Es roch durchdringend nach trocknendem Leim, nach frischer Farbe und frisch gehobeltem und


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