Seewölfe Paket 28. Roy Palmer

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Seewölfe Paket 28 - Roy Palmer


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Häuptling brauste sofort auf: „Du wagst es, meine Befehle zu kritisieren? Was fällt dir ein?“

      Die Augen des Kurden verengten sich. „Nicht alles, was du anordnest, ist richtig, Ebel. Glaubst du etwa, du bist unfehlbar wie Allah?“

      „Du Rebell!“ schrie Ebel. „Halt dein Maul! Ich verbiete dir, so zu reden!“

      „Was willst du von dem Mädchen?“ erwiderte Güner unbeirrt. Seine Stimme troff jetzt vor Hohn. „Sie verprügeln, ihr die Haare abschneiden? Sie ist verrückt, hast du das nicht bemerkt? Sie ist nicht ganz richtig im Kopf.“

      „Lüge! Sie hat meine Ehre befleckt!“

      „Nachdem du es nicht geschafft hast, sie zu entehren“, entgegnete der Kurde.

      Die Kerle waren näher herangetreten und umringten die beiden Streithähne. Spannung lag in der Luft. Ebel Schachnam war hochrot im Gesicht, seine Schläfenadern schwollen an. Plötzlich warf er sich ohne jegliche Vorwarnung auf seinen Unterführer und hieb mit beiden Fäusten auf ihn ein.

      Güner rollte sich gedankenschnell zur Seite. Ebels Fäuste hämmerten auf den staubigen Boden.

      Der Kurde sprang auf und rief: „Glaubst du, wir irren für jeden Blödsinn wie die Trottel durch die Gegend? Nur für dich? Du bist ein Narr! Schaff uns erst mal was zu essen ran, dann reden wir weiter!“

      Der Bärtige rappelte sich auf und zückte sein Messer. „Du Bastard, das wirst du mir büßen!“

      Güner zog ebenfalls seinen Dolch. „So? Versuch’s doch mal!“

      Ebel Schachnam unternahm einen Ausfall und hieb mit dem Messer zu. Wieder wich der Kurde geschickt aus. Die Kerle stießen Rufe und Flüche aus. Die meisten hielten zu Güner, aber sie wagten nicht, offen aufzubegehren.

      Schachnam war ihnen zu gefährlich. Sie alle hatten die Nase voll. Doch es waren die Brutalität und die Mordlust ihres Anführers, die sie fürchteten.

      Güner wischte mit der Klinge seines Dolches durch die Luft. Ebel mußte zurückzucken, sonst hätte die Klinge seine Wange getroffen.

      „Die Männer sind erschöpft!“ schrie der Kurde. „Sie brauchen etwas zu essen!“

      „Freßt doch die Datteln!“ brüllte Ebel, der Bärtige.

      „Die will keiner mehr!“

      „Besser als gar nichts, du Hurensohn!“

      „Was dir nicht schmeckt, schmeckt uns auch nicht!“ stieß der Kurde zornig aus.

      „Und der Wein?“ schrie Ebel Schachnam. „Du hast ihn absichtlich verschüttet!“

      „Lüge!“ brüllte der Kurde.

      „Welcher Wein denn?“ fragte der Grinser.

      Aber er erhielt keine Antwort. Alle starrten nur auf die Kämpfer. Für einen von beiden mußte das Messerduell tödlich enden. Daran gab es keinen Zweifel.

      „Ich bringe dich um, du Hund!“ heulte Ebel Schachnam.

      „Das schaffst du nicht!“ höhnte der Kurde.

      „Verrecke!“

      „Fahr zur Hölle!“

      Jählings warf sich Ebel auf seinen Unterführer. Dieses Mal konnte Güner nicht schnell genug reagieren. Das Messer traf ihn. Er stöhnte auf, stieß aber selbst zu. Ebel tänzelte zur Seite. Beide Männer bluteten, aber Güner wankte stark.

      „Stirb!“ brüllte der Bärtige. Er unternahm wieder einen Angriff. Noch einmal stach er auf den Kurden ein – und Güner sank blutüberströmt zu Boden. Er hob noch die rechte Hand. Der Dolch entglitt seinen Fingern. Sein Blick war auf Ebel Schachnam gerichtet. Er brach vollends zusammen und regte sich nicht mehr.

      „Erledigt“, sagte Ebel Schachnam. Verächtlich spuckte er vor dem Kurden aus. „So ergeht es allen, die gegen mich anstinken wollen.“ Herausfordernd sah er seine Kerle an. „Hat noch jemand Lust, mit mir zu kämpfen?“

      Keiner trat vor. Die Kerle schwiegen und hielten ihre Blicke gesenkt. Ebel grinste.

      „Schmeißt den Schwachkopf in den Fluß“, sagte er. „Die Wasserratten sollen ihn fressen.“

       4.

      Das merkwürdige Trio schlug im verblassenden Licht des Tages am Ufer des Tigris seinen Lagerplatz auf. Die Rüstung von Branco Fernan klapperte und rasselte, als er absaß. Das Visier fiel zu. Er öffnete es wieder und schritt mit stelzenden, steif wirkenden Bewegungen auf und ab.

      „Keine Schlangen“, sagte er.

      „Keine Wölfe“, vermeldete Ton de Wit, der sich im Gebüsch umgesehen hatte.

      „Hier gibt es doch gar keine Wölfe, du Narr“, sagte Ludmilla.

      „Man kann’s nie wissen“, erwiderte der Riese. „Und du sollst mich nicht so nennen, sonst versohle ich dir den Hintern.“

      „Ja, schon gut“, flüsterte das Mädchen.

      Der Riese hatte sie schon einmal verhauen, als sie zu aufsässig geworden war. Davon hatte sie jetzt noch genug.

      „Hier laßt uns rasten“, sagte Branco Fernan. „Hier laßt uns Burgen bauen und seßhaft werden.“

      Ludmillas Augen weiteten sich. „Ist das dein Ernst?“

      „Wir wollen die Ungläubigen in aller Welt bekehren.“

      „Und ich will nach Hause.“

      „Der Tag ist nicht mehr fern, mein Kind, an dem du deine Windmühlen wiedersehen wirst, das habe ich dir versprochen.“ Branco Fernan sah sie streng an. „Habe ich dich jemals angelogen?“

      „Nein.“

      Ton de Wit grinste. Er hatte ein paar Datteln aufgelesen und hielt sie dem Mädchen vor die Nase. „Willst du mal kosten?“

      „Hau bloß mit deinen Datteln ab!“

      „Lieber ein Stück Pökelfleisch?“ fragte der Riese.

      „Ja.“

      Während sie gemeinsam ihr karges Abendessen vorbereiteten, dachte Ludmilla nach. Schon oft hatte sie sich die Frage gestellt, ob dieser Branco Fernan, der eigentlich Willem Smitt hieß, richtig im Kopf war. Was er eigentlich in diesem Land am Euphrat und Tigris wollte, war ihr immer noch nicht klar.

      Sie hatte ihn in Holland kennengelernt. Ludmilla war vor zwei Jahren von zu Hause ausgerissen. Das Auskneifen war ihr sozusagen mit in die Wiege gelegt worden. Es war ihre fixe Idee. Immer wieder mußte sie einfach abhauen, ganz gleich, wo sie gerade war.

      Ton de Witt hatte einmal gesagt, sie habe das Wesen einer streunenden Katze.

      Nun, Ludmilla war in einem Bordell von Den Haag gelandet. Es wäre ihr schlecht ergangen – die Kerle in dem Freudenhaus benahmen sich wie die Tiere. Aber plötzlich erschien dieser Ritter Branco Fernan und forderte die Huren auf, ihr fluchwürdiges Leben aufzugeben. Anderenfalls würde Gott sie furchtbar strafen.

      Natürlich hatten die ausgekochten Huren gelacht und dem Kerlchen ihre Dienste angeboten. Aber Ludmilla hatte die Gelegenheit beim Schopf gepackt und war mit dem Männchen ausgekniffen. Die Bordellmutter hatte sie zwar keifend verfolgt, aber plötzlich war Ton de Wit zur Stelle gewesen.

      Eine Maulschelle des Riesen hatte genügt, und die Madam war heulend in ihr gastliches Haus geflüchtet. Ludmilla war bei Branco und Ton geblieben.

      Sie hatte erfahren, daß die beiden aus der tiefsten Provinz stammten. Der Riese war schon immer Branco Fernans Diener gewesen. Er war ihm treu ergeben. Irgendwann hatten sie den Plan gefaßt, durch die Lande zu ziehen, um Heiden zu bekehren. Gott habe ihm diesen Auftrag erteilt, behauptete der Ritter.

      So hatte man zu dritt Holland verlassen und war mit


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