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und sie verbissen verteidigten.

      Die vorherigen Rundumerkundungen der Schaluppen schienen eindeutig ergeben zu haben, daß die Insel geräumt worden war. Cubera hatte sich darauf verlassen und nicht mit Widerstand gerechnet. Somit konnte er sich doch nicht den stillen Vorwurf ersparen, einen Fehler begangen oder zumindest in diesem Punkt voreilig gehandelt zu haben.

      Für Augenblicke stand er wie gelähmt auf dem Achterdeck der, „San José“. Die „San Gabriel“ war ein Totalverlust, es gab keinen einzigen Überlebenden, wie die Ausguckposten mühelos durch ihre Spektive erkennen konnten.

      „Aus“, murmelte er. „Gott sei ihren armen Seelen gnädig.“

      Aber noch im Schock des Erlebten brach die Wut in ihm durch. Er gab sich einen innerlichen Ruck, blickte zu seinen Offizieren und rief dem Ersten zu: „Signalisieren Sie den Kapitänen den Befehl, auszuschwärmen!“

      „Ja, Señor!“

      „Sie sollen das Feuer ringsum auf die Insel eröffnen, sobald wir unsere Kanonen zünden!“

      „Ja. Aber wir haben dort immer noch keinen Gegner gesichtet.“

      „Das spielt keine Rolle“, sagte Cubera schroff, dann ließ er seine Order durch Zuruf an die Achterdecks der anderen Galeone und der drei Karavellen weiterleiten.

      Die sechs Schaluppenführer erhielten die Anweisung, zurückzubleiben und sich an der Kanonade nicht zu beteiligen. Sie bildeten die Reserve und die Nachhut, gleichzeitig aber auch die Patrouille, die darauf zu achten hatte, ob sich Schiffe der Insel näherten.

      Die fünf Kriegsschiffe schwärmten aus und segelten auf eine Schußweite von etwa siebzig Yards von allen Seiten an die Insel heran. Die „San José“ hielt dabei die am weitesten nach Norden versetzte Position, während sich die zweite Galeone von Nordwesten auf das Zielobjekt zubewegte. Die Karavellen griffen die Südwest-, die Nordost- und die Südostseite an. In sternförmiger Formation schoben sie sich auf ein imaginäres Zentrum zu, an dem sich ihre Kurse kreuzten. Dieser Punkt lag – theoretisch – im Mittelpunkt der Bucht.

      Cuberas Zorn hatte sich immer noch nicht gelegt. Don Antonio fiel ihm ein, und er sagte sich, daß es durchaus richtig sei, wenn auch der Dicke an dem Geschehen teilhatte, das jetzt seinen Anfang nehmen würde.

      „Lassen Sie Don Antonio de Quintanilla holen“, sagte er zu seinem Ersten Offizier. „Ich will, daß er bei mir ist, hier, auf dem Achterdeck.“

      „Señor“, sagte der Erste, der ahnte, welche Absicht hinter dem Befehl des Kommandanten steckte. „Ist das nicht zu riskant?“

      „Glauben Sie, er springt ins Wasser?“

      „Es wäre durchaus möglich.“

      Cubera schüttelte den Kopf. „Sie vergessen, daß er ein miserabler Schwimmer ist. Oder vielmehr – er kann überhaupt nicht schwimmen. Also wird er sich hüten, außenbords zu springen, zumal er annehmen muß, daß es dort von Haien wimmelt.“ Er deutete zur Insel. „Selbst wenn er es schaffen sollte, sich in einem unbewachten Moment an Land zu retten, was hätte er damit erreicht? Die würden ihm einen heißen Empfang bereiten.“

      „Die, Señor?“ fragte der Erste erstaunt.

      „Die Verteidiger der Insel natürlich. Oder zweifeln Sie etwa daran, daß sie existieren?“

      „Ich frage mich nur, wo sie sich verkrochen haben“, erwiderte der Erste.

      „Zwischen den Felsen“, sagte Cubera. „Es gibt genug Löcher und Spalten und wahrscheinlich auch Höhlen. Dort finden sie ausreichenden Unterschlupf, und natürlich kennen sie sich bestens aus. Aber wir werden sie ausräuchern, das schwöre ich Ihnen.“

      Wenig später erschien Don Antonio, von seinem derzeitigen Wachtposten vorwärts dirigiert, über den Backbordniedergang auf dem Achterdeck. Er sah verstört aus. Sein äußerer Zustand war nahezu verwahrlost, er schien sich selbst bereits aufgegeben zu haben.

      „Señor“, sagte Cubera, „ich nehme an, die kandierten Früchte und der Portwein schmecken Ihnen nicht mehr. Sie haben inzwischen begriffen, daß wir es mit einem harten Gegner zu tun haben.“

      „Ja. Und Sie brauchen mich nicht zu verhöhnen.“

      „Das tue ich nicht.“

      „Was wollen Sie von mir?“

      „Daß Sie am Kampfgeschehen teilnehmen.“

      „Ich soll … Aber ich kann mit Kanonen nicht umgehen und hasse Pulverrauch!“ protestierte Don Antonio.

      „Mit Pistolen können Sie aber umgehen“, sagte Cubera scharf. „Hiermit ordne ich an, daß Sie auf dem Achterdeck bleiben und dem jetzt erfolgenden Angriff auf die Insel der Engländer beiwohnen.“

      „Nein! Das können Sie von mir nicht verlangen!“

      „Das ist ein Befehl“, sagte Cubera nur noch schroff. Dann wandte er ihm den Rücken zu.

      Die Schiffe hatten die Insel bis auf eine Distanz von siebzig Yards angelaufen und drehten bei, um ihre Batterien in Schußposition zu bringen. Die Kapitäne und Besatzungen warteten auf den ersten Schuß der „San José“ – und dort standen die Geschützführer mit glimmenden Lunten neben ihren Stücken.

      Don Antonio stand mit weichen Knien da und verfolgte die Vorbereitungen wie in Trance. Er konnte nicht recht begreifen, was um ihn herum vorging, es schien sich um einen gräßlichen Alptraum zu handeln. Er hatte das Gefühl, in den Knien zusammenbrechen zu müssen, und doch trat es nicht ein. Weiterhin aufrecht stehend, erlebte er nun, wie es war, wenn die Kugeln pfiffen und heulten.

      Was folgte, schien an Weltuntergang zu grenzen. Don Garcia hob die Hand zum Zeichen und schrie: „Feuer!“

      Dann wurden die Backbordgeschütze der „San José“, die auf die Schlangen-Insel gerichtet waren, gezündet, und mit grollendem Donner rasten die Kugeln, von flammenden Zungen gestoßen, aus den Rohren. Sie flogen auf das Ufer zu, und noch ehe sie ihr Ziel erreichten, ertönte auch von Bord der anderen Schiffe das Wummern der Geschütze. Die Geräusche prallten auf die Felsen der Insel und schienen in hundertfachem Echo zurückzukehren. Es zuckte und blitzte, und im explosionsartigen Donnern der Stücke stiegen fette Qualmwolken in den Himmel auf.

      Genau dies war der Moment, in dem sich Don Antonio die Hände gegen die Ohren preßte. Er hätte dies lieber unten in der Kammer getan, wo ihn keiner sehen konnte, aber auch hier konnte er sich dem übermächtigen Drang, es zu tun, nicht widersetzen. Er stöhnte und jammerte, und er ertrug die Verachtung in den Mienen der umstehenden Männer, die nicht so schlimm war wie seine nackte, gräßliche Angst.

      Die fünf Schiffe hämmerten ihre Breitseiten in die Felsen der Schlangen-Insel, aber nach wie vor rührte sich dort nichts. Don Garcia Cubera selbst ließ sich ein Spektiv reichen und beobachtete unausgesetzt, ob sich drüben etwas tat. Aber er wurde enttäuscht. Kein Lebewesen zeigte sich, und wieder wirkte die Insel verlassen und menschenleer.

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