Seewölfe - Piraten der Weltmeere 394. Burt Frederick

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Seewölfe - Piraten der Weltmeere 394 - Burt Frederick


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ihren Blick.

      „Ich kann dir in keinem Punkt widersprechen“, sagte er dann. „Es gibt keine Lorbeeren, auf denen wir uns ausruhen können. Der Monat Juni geht bereits zu Ende. Es ist wirklich an der Zeit, daß wir etwas tun.“

      „Ich bin froh, daß du das sagst“, entgegnete Siri-Tong aufatmend. „Die vielen ungelösten Probleme haben mir keine Ruhe gelassen. Wobei ich allerdings nicht verstehe, daß du das Problem Nummer eins nicht längst aus der Welt geschafft hast. Die Gelegenheit dazu hattest du.“

      „Don Juan de Alcazar?“ Hasard schüttelte den Kopf. „Der Mann ist nicht der eiskalte Menschenjäger, der er nach dem Willen seiner Auftraggeber sein sollte. Ich glaube, daß ihm schon ein wenig die Augen geöffnet wurden.“

      „Das verstehe ich sehr gut. Trotzdem ist er unberechenbar und immer noch kreuzgefährlich für uns. Und vergiß nicht, daß Arne dadurch in Havanna wie auf einem Pulverfaß sitzt.“

      Der Seewolf nickte.

      „Ich denke ständig daran. Hast du mich jemals für leichtsinnig oder oberflächlich halten müssen?“

      „Um Himmels willen, nein!“

      „Dann zur Sache. Du hast deine Überlegungen über die Schlangen-Insel angestellt. Laß hören.“

      Die Rote Korsarin deutete mit einer knappen Kopfbewegung zu den südlichen und nördlichen Ausläufern des Felsmassivs.

      „Bislang haben wir nur an diesen beiden Stellen Kanonen. Für die bisherigen Angriffe auf die Schlangen-Insel war das ausreichend, und wir waren ja im übrigen durch die Verteidigungskraft unserer Schiffe geschützt. Aber für die Zukunft sollten wir besser gerüstet sein. Ich meine, es müßten ringsum auf sämtlichen Landzungen Batterien errichtet werden.“

      „Siehst du nicht ein wenig zu schwarz?“

      „Ganz und gar nicht. Nimm den ungünstigsten Fall: Es findet ein Überraschungsangriff durch einen größeren Flottenverband statt. Unsere Schiffe hätten keine Möglichkeit mehr, durch den Felsendom auszulaufen. Was dann?“

      Hasard blies die Luft durch die Nase.

      „Ich muß dir die Antwort schuldig bleiben. Außerdem sehe ich für eine solche Situation noch ein weiteres Risiko.“ Er wies nach Norden, wo sich zwischen dem Felsmassiv und dem Felsendom die schmale, flache Landverbindung befand. „Wenn es Angreifern gelingt, dort zu landen, hätten sie eine verdammt gute Chance, sich hier im Felsen festzusetzen.“

      Siri-Tong runzelte die Stirn.

      „Warum wirfst du mir Schwarzmalerei vor, wenn du es selbst noch viel düsterer siehst?“

      Er lachte leise.

      „Weil ich weiß, daß deine Phantasie um so mehr angestachelt wird, wenn man dich herausfordert.“

      Sie versetzte ihm einen freundschaftlichen Hieb gegen den mächtigen Brustkasten.

      „Wirst du also den Rat einberufen?“

      „Sicher. Aber sei auf lautstarke Gegenstimmen gefaßt.“

      „Ich werde es verkraften können.“

      Sie begannen den Abstieg. Hasard hatte in den vergangenen Tagen ähnliche Gedanken gehegt wie die Rote Korsarin. Im Grunde war er froh, daß sie den Anstoß gegeben hatte, über die Dinge offen zu sprechen. Denn Siri-Tong war es stets gewesen, der die Verteidigung der Schlangen-Insel besonders am Herzen lag. Es war der richtige Zeitpunkt, sich jetzt mit aller Intensität darum zu kümmern.

      Nach den Wirren der zurückliegenden Geschehnisse war das Leben für den Bund der Korsaren einigermaßen geordnet – auch wenn eine stabile Sicherheit keineswegs gegeben war. Daran änderte auch die Tatsache des geglückten Beutezuges mit dem so unermeßlichen Ergebnis nichts.

      Es stand nicht einmal fest, was aus Don Juan de Alcazar geworden war. Da Hasard ihm und seinen Männern auf Great Abaco die algerische Schebecke überlassen hatte, war jedoch anzunehmen, daß der Sonderagent der spanischen Krone zunächst einmal nach Havanna zurückkehren würde.

      Nach der glücklich überstandenen Auseinandersetzung mit den algerischen Piraten hatten die Arwenacks die Mixteken an der Nordküste von Hispaniola abgesetzt. Hasard und seine Männer waren mit den Indianern in die Cordillera de Cibao aufgestiegen. In jenem Hochland hatten sie ein unzugängliches Tal gefunden – fruchtbar, geschützt und überdies noch mit einem Quellfuß versehen.

      Die Indianer, von den Spaniern aus ihrer Heimat verschleppt, waren überglücklich gewesen. Besseres Land hatten sie sich zum Siedeln nicht wünschen können. Von den Arwenacks hatten sie Werkzeuge und Waffen erhalten und auch Saatgut, das von den Timucuas auf Coral Island stammte.

      Hasard und seine Männer waren froh gewesen, sich der Pflicht entledigt zu haben, die sie mit der Rettung der Mixteken auf sich genommen hatten. In dem abgelegenen Hochtal hatten sie die besten Voraussetzungen, eine neue Heimat zu gründen.

      Nach der Rückkehr zur Schlangen-Insel hatte Hasard seinen Vetter Arne von Manteuffel mittels Brieftaube über den Erfolg des Raids unterrichtet – ebenso aber auch über die Ereignisse im Zusammenhang mit Don Juan de Alcazar auf Great Abaco.

       2.

      Bereits eine halbe Stunde später versammelten sich die Verantwortlichen des Bundes der Korsaren auf dem Ratsfelsen. Über den Grund der Beratung hatten sich sowohl Hasard als auch Siri-Tong gründlich ausgeschwiegen. Denn sie wollten vermeiden, daß es vorgefaßte Meinungen oder gar Absprachen unter einzelnen Ratsmitgliedern gab. Jeder sollte in der Lage sein, sich wirklich unvoreingenommen ein Urteil zu bilden.

      Neben dem Seewolf und der Roten Korsarin gehörten zur Versammlungsrunde Thorfin Njal, Jean Ribault, Karl von Hutten, die Schlangenpriesterin Arkana und ihre Tochter Araua, Oliver O’Brien, Renke Eggens und Old Donegal Daniel O’Flynn.

      Nach einer Weile brach das allgemeine Gemurmel ab, und alle Blicke richteten sich erwartungsvoll auf den Seewolf.

      „Es ist wieder einmal nötig, daß der Rat einen Beschluß faßt“, sagte Hasard und sah jeden einzelnen der Männer und Frauen nacheinander an. „Unsere heutige Versammlung findet auf Antrag von Siri-Tong statt. Sie hat es jedoch mir überlassen, die Gründe darzulegen. Denn wir stimmen in unserer Meinung überein.“

      „Was sollen wir dann noch hier?“ sagte der Wikinger knurrend. Mißmutig kratzte er sich am Helm. „Wie ich euch kenne, setzt ihr beide euren Kopf doch durch.“

      „In dieser Runde hat jeder das Recht und die Pflicht, seine eigene Meinung zu vertreten“, widersprach die Rote Korsarin scharf.

      Die anderen nickten beifällig.

      Thorfin Njal zog die breiten Schultern hoch, ließ sie wieder sinken und schnaufte dabei.

      „Zur Sache also“, sagte Hasard. „Abgesehen von der ‚Tortuga‘-Mannschaft sind wir vollzählig. Ich halte es deshalb für einen günstigen Zeitpunkt, daß wir erstens über den weiteren Ausbau der Schlangen-Insel nachdenken und zweitens unsere Überlegungen auch in die Tat umsetzen. Was wir brauchen, ist eine wirksame Rundumverteidigung der Insel. Die Voraussetzungen dafür sind vorhanden. Ich erinnere an die Ladung Kanonen, die Siri-Tong damals von Bora-Bora mitgebracht hat. Und ich erinnere an die Ladung Pulver, Munition und Kanonenrohre, die wir mit der ‚Isabella‘ auf der Reede von Santiago de Cuba erbeutet haben. Mein Vorschlag – und der von Siri-Tong – lautet also, daß wir möglichst viele getarnte Stellungen schaffen, damit wir gegen einen eventuellen Großangriff auf die Schlangen-Insel gerüstet sind. Dazu müßten natürlich erst einmal jede Menge Lafetten gezimmert werden, und dann …“

      „… sollen wir wohl unsere Kähne einmotten, was?“ rief der Wikinger dröhnend dazwischen. „Wenn ich deinen sogenannten Vorschlag richtig kapiert habe, sollen wir uns ins Mauseloch verkriechen und abwarten, bis uns irgendwer auf den Pelz rückt. Das treibt mir ja den Helm in die Höhe! Sollen wir zu Waschweibern verkümmern? Niemals, sage ich


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