Seewölfe Paket 8. Roy Palmer

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Seewölfe Paket 8 - Roy Palmer


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blitzschnell, wie Hasard es angeordnet hatte. Es sah so aus, als wäre in den letzten Stunden nichts geschehen.

      „Jetzt scheint es ernst zu werden“, sagte Brighton, als er den Profos des Flaggschiffes und dahinter das große Boot erkannte, die beide auf sie zuhielten.

      „Drake persönlich“, sagte der Seewolf fast andächtig. „Ich hätte es nicht geglaubt, ihn als Bittsteller zu sehen, kann mir aber vorstellen, was in dem Mann vorgeht. In seinem Innern muß ein chaotisches Durcheinander herrschen.“

      Diesmal lachte niemand, als der Profos die Bordwand erreichte und nach oben blickte.

      „Der Admiral, Sir!“ schrie er.

      Hasard, Ben Brighton und Dan O’Flynn warfen sich einen bedeutsamen Blick zu.

      Hasard nickte und unterstrich seine Bereitwilligkeit durch eine knappe Handbewegung.

      Gleich darauf ging das größere Boot bei der „Isabella“ längsseits, und Francis Drake bestieg die Jakobsleiter.

      An Bord der schlanken Galeone hatte es sich blitzschnell herumgesprochen, wer da gerade erschien. Aber die Seewölfe standen nicht neugierig herum, sondern verhielten sich still und abwartend, jeder befand sich auf seinem Posten, als sollte das Schiff augenblicklich in Gefechtszustand versetzt werden.

      Drake erschien mit völlig ausdruckslosem Gesicht. Er hatte sich vorzüglich in der Gewalt, streifte Hasard mit einem kühlen Blick und sah sich schnell um.

      Dem Admiral entging nichts. Er sah, daß das Schiff bereits aufgeklart war und die Männer abwartend auf ihren Stationen standen.

      Auf Zucht und Ordnung hält der Seewolf, das muß man ihm lassen, dachte er. Sein Blick wanderte weiter und suchte die Stelle, von der man die eigenartigen Feuerpfeile abgeschossen hatte, aber er konnte nichts entdecken, was auch nur entfernt darauf hingedeutet hätte. Merkwürdig, wie sie das getan hatten, er begriff es nicht.

      Drake gab dem Seewolf nicht die Hand, aber er sah ihm in die Augen und straffte sich. Zu seinem Leidwesen bemerkte er allerdings auch, daß sich der Seewolf durch seine Position als Admiral keineswegs beeindrukken ließ.

      „Darf ich Sie nach achtern bitten, Sir?“ fragte Hasard.

      Drake nickte und bewegte sich mit hölzern wirkenden Schritten auf das Achterkastell zu.

      In der hell erleuchteten Kapitänskammer bat Hasard den Admiral, Platz zu nehmen.

      Drake tat es sichtlich widerwillig und behielt sein ernstes abweisendes Gesicht bei.

      „Sie haben mich nun genügend beschämt, Kapitän Killigrew, und Sie haben es auch ausgekostet“, begann Drake die Unterhaltung. „Ich glaube, ich kann es Ihnen nicht verübeln, außerdem weiß ich, daß ich in Ihrer Schuld stehe. Ich bin also hier, um Sie an Ihr Hilfsangebot zu erinnern und Sie zu bitten, mir zu helfen.“

      „Ja, Sir“, sagte Hasard. „Ihr Kapitän pochte auf Rechte und Befehle, denen ich mich nicht unterstellen kann. Ich denke, Sie verstehen mich, Sir!“

      „Vielleicht, Kapitän Killigrew. Ich kenne Ihren unbändigen Freiheitsdrang, ich bin mehrfach damit konfrontiert worden.“

      Hasard lehnte sich zurück und warf einen Blick in die kühlen grauen Augen des Admirals. Sein Gesicht mit dem sauber gestutzten Bart lag im Halbschatten der Lampe, so daß sich die Regungen darauf nur schlecht ablesen ließen. Hasard wußte trotzdem, wie es um den Admiral stand. Er balancierte auf dem schmalen Grat, sein Gesicht zu verlieren und war nicht in der Lage Befehle zu erteilen, er mußte um etwas bitten, und dieses Bitten entsprach überhaupt nicht seiner Natur. Es war ihm fremd, und daher kostete es ihn unsägliche Überwindung.

      Hasard wollte das demoralisierende Spiel auch nicht, unnötig in die Länge ziehen, denn Drake hatte längst jenen Punkt erreicht, da es ihm gallebitter aufstieß.

      „Ich habe Hilfe zugesagt und halte dieses Angebot auch weiterhin aufrecht, Sir. Wir können gleich mit der Arbeit beginnen. Außerdem werde ich veranlassen, daß mein Schiffszimmermann Ihnen einen neuen Bugspriet zimmert. Schließlich haben wir ihn auch weggeschossen.“

      Drake zuckte unmerklich zusammen. Dieser Killigrew mochte sich jetzt eben vielleicht nichts dabei gedacht haben, aber es saß dennoch wie eine kleine Ohrfeige, dachte er erbittert. Jedenfalls wurde er immer wieder an das blamable Verhalten erinnert.

      Er wollte einwenden, daß sein eigener Zimmermann sich bereits mit dem Bugspriet beschäftige, aber wenn er an den rothaarigen Hünen Ferris Tucker dachte, dann wußte er auch, daß dem niemand das Wasser reichen konnte.

      Schließlich nickte er und wollte aufstehen.

      Hasards fast beiläufige Worte ließen ihn jedoch wie angenagelt sitzen bleiben.

      „Wir haben bereits einen spanischen Mittelmeer-Verband außer Gefecht gesetzt, Sir“, sagte er ruhig. „In Spanien kocht und brodelt es, Gerüchte schwirren herum, daß ein englischer Verband unterwegs sei. Die Agenten und Spitzel haben nicht geschlafen, man munkelt so allerlei.“

      Drake kniff die Augen zusammen und drehte den Kopf. Sofort war der alte Jäger wieder munter.

      „Das weiß man also“, sagte er leise. „Weiß man auch, aus wie vielen Schiffen dieser Verband besteht und wer ihn befehligt?“

      „Das entzieht sich meiner Kenntnis, Sir. Ich selbst ahne es. Was ist aus Ihrem Verband geworden?“

      „Ein schwerer Sturm hat ihn zersprengt, der Verband ist auseinandergerissen worden, doch nach meiner Schätzung wird er im Laufe des morgigen Tages, spätestens übermorgen, querab von Lissabon bei dem vereinbarten Treffpunkt eintreffen. Ich hoffe, daß alle Schiffe diesen Stürm überstanden haben. Was weiß man über diesen Verband noch, Kapitän Killigrew?“

      „Nur, daß man ein Unternehmen gegen spanische Häfen plant, wie gemunkelt wird.“

      Drake versuchte, sich nichts anmerken zu lassen, doch der Seewolf sah, wie es hinter seiner Stirn arbeitete und der Admiral fieberhaft überlegte.

      „Wir müssen so schnell wie möglich von dieser Sandbank herunter“, sagte der Admiral. „Wenn der Verband im Laufe des morgigen Tages den Treffpunkt erreicht, und ich sitze dann immer noch fest, dann …“

      Dann, mein Lieber, bist du bis auf die Knochen blamiert, dachte Hasard. Du willst es nur nicht zugeben und schützt jetzt Eile vor, Besorgnis bis ins Uferlose.

      Drake sprach nicht weiter. Er erhob sich abrupt, verschränkte die Hände auf dem Rücken und begann ungeduldig zu wandern. Vor den bleiverglasten Heckscheiben blieb er stehen und sah, den Rücken Hasard zugewandt, hinaus. Der Seewolf sah Drake als untersetzte Silhouette gegen das Mondlicht, und im Hintergrund das aufgebrummte Schiff, auf dem sich Männer vergeblich abmühten, es wieder flott zu kriegen.

      Sie gaben nicht auf, zäh und verbissen schufteten sie noch immer, versuchten es erneut und hatten doch keine Hoffnung, jemals aus eigener Kraft freizukommen.

      Drakes Gedanken kreisten augenblicklich um einen ganz bestimmten Punkt. War es möglich, daß dieser Seewolf ihn schon einmal angegriffen hatte, überlegte er. Waren sie aufeinander losgegangen, ohne zu wissen, wen sie vor sich hatten? So wie jetzt vor ganz kurzer Zeit? Fast glaubte er es, doch seine Gedanken rissen jäh ab, als Hasard das Schott der Kammer aufriß und nach Ed Carberry und Ben Brighton rief.

      Carberry, durchfuhr es Drake, der narbengesichtige Profos, durch den alles in die Brüche gegangen war. Was sollte der denn hier?

      Wieder einmal begann Drake, sich ausgesprochen unwohl zu fühlen, und als die beiden Männer kurz danach eintraten, wandte er sich nur sehr langsam um.

      Der Profos stand im angelehnten Schott. Er schlug die Augen vor Drake nicht nieder, und der Admiral hielt diesem ruhigen überlegenen Blick nicht lange stand. Himmel, dachte er, was war nur aus diesen Kerlen geworden! Er hatte erwartet, einen ziemlich undiziplinierten Haufen vorzufinden, eine Horde Seezigeuner, aber er entdeckte das genaue Gegenteil.

      Das Schiff befand sich in einem einwandfreien blitzsauberen Zustand,


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