Seewölfe Paket 8. Roy Palmer

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Seewölfe Paket 8 - Roy Palmer


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sich ein Junge, dann müssen wir damit rechnen, daß er auf diesem Wege seine Leute befreit, vorausgesetzt, sie haben irgendein Werkzeug wie die Messer meiner Söhne, um eine Planke zu lockern. Ed, denke daran, wir können Gefangene gar nicht scharf genug kontrollieren und untersuchen, ob sie Waffen oder Werkzeuge bei sich haben.“

      Carberry nickte. „Geht klar, Sir.“ Er grinste die beiden Kerlchen an. „Schätze, ich stopfe euch jetzt in einen Zuber mit heißem Wasser. Ihr stinkt ja wie vergammelte Kanalratten. Marsch, ab mit euch! Der Kutscher soll heißes Wasser bereiten und Schmierseife herausrücken, verstanden?“

      „Geht klar“, sagte Hasard Junior lässig.

      „Geht klar“, sagte auch Philip Junior lässig.

      Beide schoben ab. Hasard Junior schlenkerte die tote Ratte.

      „He!“ rief Carberry. „Wo willst du mit dem Biest hin?“

      „Zum Kutscher“, erklärte Hasard Junior über die Schulter.

      „Wieso das denn?“

      „Haben Vertrag mit dem Kutscher“, erwiderte Hasard Junior in einem Ton, als ginge das den Profos einen feuchten Dreck an.

      „Was für einen Vertrag, verdammt?“ knurrte Ed Carberry.

      „Na, eben ’n Vertrag, Himmelarsch!“

      Carberry duckte sich und fauchte: „Ich will wissen, was das für ein Vertrag ist, Mann!“

      Der „Mann“ grinste. „Für jede tote Ratte dürfen Philip und ich mal in die Kandisdose langen.“

      „Aha“, sagte Carberry verdattert.

      „Jawohl“, sagte Hasard Junior.

      „Jawohl“, sagte auch Philip Junior und fügte hinzu: „Wir haben schon siebzehnmal in die Kandisdose gelangt.“ Und dann sagte er „Au!“, weil ihm sein Bruder auf die Zehen getreten war.

      Carberry schob mißtrauisch den Kopf vor. „Was sollte das denn nun wieder? Schummelt ihr etwas? Betrügt ihr den Kutscher und klaut ihm die jeweils abgelieferte Ratte, was, wie? So viele Ratten gibt’s nämlich gar nicht auf unserer alten Tante.“

      „Hast du sie denn gezählt, Mister Profos, Sir?“ fragte Hasard Junior schlagfertig.

      Das hatte Carberry allerdings nicht, und er konnte es auch gar nicht, weil es ein Ding der Unmöglichkeit war. Da saß er also ganz schön in der Patsche.

      Und daher sagte er nur: „Wenn ich mitkriege, daß ihr den Kutscher mit euren toten Ratten leimt und sie ihm zwei- oder gar dreimal andreht, dann gibt’s keinen Kandis mehr zu kosten, sondern das Tauende, klar?“

      „Wir sind Männer von Ehre“, erklärte Hasard Junior.

      „Jawohl, wir sind Männer von Ehre“, sagte auch Philip Junior, „das ist Ehrensäbel!“

      Und damit schoben sie endgültig ab.

      „Söhne hast du“, sagte Old O’Flynn kopfschüttelnd. „Ich weiß gar nicht, wo das noch hinführen soll.

      Das wußte Philip Hasard Killigrews allerdings auch nicht.

      „Die landen noch mal im Tower“, prophezeite Old O’Flynn düster.

      „Quatsch“, sagte Edwin Carberry. „Und wenn schon. Die schaffen es auch, aus dem Tower wieder auszukneifen.“

      „Glaub ich auch“, sagte Hasard.

      Die Beute rissen die Seewölfe erst bei den Azoren. Da hatten sie die Genuesen unter Kapitän Sulla längst in Cartagena abgesetzt, und Hasard hatte – wie versprochen – Kapitän Sulla im Einverständnis mit seiner Crew eine kleine Truhe überreicht, deren Inhalt an Perlen und Schmuckstücken den Wert des gesunkenen Siebenhundert-Tonners bei weitem überstieg.

      Unbemerkt hatten sie dann wieder Gibraltar passiert, aber nordwärts steuernd – weit abgesetzt von der spanischen Küste – waren sie in einen Sturm geraten, der aus Nordosten heranpfiff und drei Tage und drei Nächte dauerte.

      Zähneknirschend war Hasard vor dem Sturm hergelaufen. England rückte wieder in weite Ferne.

      Als der Sturm dann abflaute, stand die „Isabella“ bei den Azoren vor Sao Miguel, und es war der 18. Juni – ein Tag, der wieder Sonne und ein handiges Lüftchen brachte, also ein Wetterchen, das alles an Mühsal und Plackerei wieder vergessen ließ.

      Und eine weitere Entschädigung segelte von Süden in Form einer überladenen, riesigen portugiesischen Karacke heran. Ja, sie war so überladen, daß sie ihre Güter sogar an Deck gestaut hatte. Und darum waren auch ihre Kanonen abmontiert worden – ein sträflicher Leichtsinn, wie Hasard meinte.

      Dieser fette Happen war ebenfalls in den Sturm geraten und ziemlich zerzaust. Seine Besatzung war demoralisiert, und der portugiesische Kapitän strich ergeben die Flagge, als er von Hasard freundlich dazu aufgefordert wurde.

      Die Karacke hieß „San Felipe“, und sie barg – wie das Enterkommando feststellte – eine hübsche Menge von Gold, Silber und randvolle Kisten mit Juwelen aus Indien sowie Pfeffer, Zimt, Nelken, Kaliko, Seide und Elfenbein.

      Da war guter Rat teuer, denn die „Isabella“ war selbst knüppelvoll. Hasard überlegte ernsthaft, ob er diesen Brocken bis auf die Juwelen nicht wieder sausen lassen sollte. Irgend etwas störte ihn auch. Er hatte diese Karacke „so im Vorbeigehen“ erwischt und kampflos besetzt. Das war das eine.

      Das andere war tatsächlich die nüchterne Überlegung, daß sie, die Seewölfe, satt an Beute bis zum Platzen waren. Sie gehörten nicht zu jenen, die den Hals nicht voll genug kriegen konnten und dennoch stopften und stopften, bis sie daran erstickten.

      Das alles behagte Philip Hasard Killigrew überhaupt nicht, und er wurde wütend über sich selbst, weil er seine Unschlüssigkeit verdammte.

      „Was ist los?“ fragte Ben Brighton, der Hasards Zaudern bemerkte.

      „Mann“, sagte Hasard schroff, „wir sind bis zum Kragen voll. Kannst du mir mal erzählen, wo wir mit dem ganzen Kram hinsollen?“

      „Ach so.“ Ben Brighton rieb sich den Nasenrücken. Dann grinste er. „Mal was anderes, wie? Erst halten wir den fetten Kahn an, schicken unser Enterkommando ’rüber, merken, daß wir uns an dem überfuttern – und lassen ihn wieder laufen.“

      „So ähnlich.“ Hasard starrte zu der „San Felipe“, wo Carberry auf weitere Befehle wartete.

      Es kam alles ganz anders, wie der Zufall so spielt.

      Dieses Mal hatte Dan O’Flynn mal zur Abwechslung von seinen Navigationsaufgaben den Ausguck im Großmars übernommen. Seine Augen waren bekanntlich die schärfsten an Bord der „Isabella“.

      „Deck!“ rief er scharf. „Schiffsverband im Osten! Segelt auf uns zu!“

      Hasard wirbelte herum und setzte das Spektiv ans rechte Auge. An der östlichen Kimm standen feine Nadelspitzen. Er ließ das Spektiv wieder sinken, sprang an das Schanzkleid der Steuerbordseite und rief zur „San Felipe“ hinüber: „Ed! Zurück an Bord! Sofort! Dan hat einen Schiffsverband ostwärts gesichtet!“

      Fünf Minuten später war das Enterkommando zurück.

      „Deck!“ schrie Dan O’Flynn vom Hauptmars, Aufregung in der Stimme. „Voraus segelt die ‚Elizabeth Bonaventura‘! Ich erkenne sie genau. Es ist Admiral Drakes Verband!“

      „Was will der denn hier?“ fragte Ben Brighton fassungslos. „Muß der uns überall hinterherrennen?“

      Hasard zuckte mit den Schultern, und dann glitt plötzlich ein breites Lächeln über sein Gesicht. Er schlug die rechte Faust in die linke Handfläche.

      „Das ist es, Ben, genau das ist es!“ sagte er.

      „Was ist was?“

      „Wir schenken dem Admiral die ‚San Felipe‘!“

      „Bist


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