Seewölfe - Piraten der Weltmeere 86. Fred McMason

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Seewölfe - Piraten der Weltmeere 86 - Fred McMason


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war es soweit. Der schwarze Segler scherte so dicht an der Bordwand der „Isabella“ vorbei, daß keine Hand mehr dazwischen paßte. Die Männer sahen sich nur stumm in die Augen, doch die Seewölfe hatten ebenfalls begriffen, um was es ging und was der Boston-Mann und Juan beabsichtigten.

      Edwin Carberry vergaß seine Flüche. Die Zunge lag ihm wie ein dicker Klumpen im Hals, seine Sprüche kamen einfach nicht heraus.

      Als die beiden Hecks sich schwach berührten, lief ein leichtes Zittern durch die Schiffe. Beide rieben hart aneinander, und dort, wo sie sich trafen, sah das Holz abgeschmirgelt aus.

      Dann flog das Tau zur „Isabella“ und wurde belegt.

      Auf dem schwarzen Segler standen jetzt zwei Männer zum Nachfieren bereit: Juan und der Boston-Mann.

      Rasend schnell lief das Tau um die Poller, bis sie zu qualmen begannen und sich hellgrauer zarter Rauch entwickelte. Der Boston-Mann legte einen weiteren halben Schlag, stemmte sich mit dem Fuß gegen die Poller und hielt langsam fest.

      Der Bootsmann Juan sorgte dafür, daß der Boston-Mann genug Lose hatte und sich nicht in dem wie wild ablaufenden Tau verfing.

      Spürbar nahm die Fahrt des schwarzen Seglers ab, aber die „Isabella“ rührte sich immer noch nicht, sie schwang nur ein wenig das Heck herum und blieb störrisch liegen.

      „Noch zwanzig Yards!“ schrie Juan. „Mehr Lose gibt’s nicht!“

      „Laß sie durchlaufen!“ befahl die Rote Korsarin. „Erst bei den letzten fünf Yards hart abstoppen!“

      Wie eine glühende Schlange wand sich das Tau durch die Hände. Es wurde immer heißer, bis der Boston-Mann unterdrückt stöhnte.

      Ein weiterer halber Schlag um die Poller, noch einer. Der Qualm wurde stärker, das Hartholz der Poller glühte.

      Die letzten Yards liefen ab.

      Der Boston-Mann fluchte. Mit einem Blick erkannte er, daß der schwarze Segler jetzt ebenfalls hart aus dem Kurs lief. Da stemmte er sich mit dem Tau in der Faust hart gegen die Poller. Die Leine pfiff, straffte sich, hing dann wieder durch, sang ein höllisches Lied, als sie sich wieder straffte. Mehr als siebzig Yards waren jetzt draußen.

      Dann brach sie mit einem peitschenden Knall.

      Vom Achterkastell kam das laute und ungenierte Fluchen des Winkingers, der jetzt in seiner Sprache loslegte, die außer seinen rauhen Gesellen niemand verstand.

      Zum Glück verstand sie niemand, denn des Wikingers grausame Flüche hätten jedem abgebrühten Mann die Stiefel ausgezogen.

      Wild schwang er den Kolderstock herum und schaffte es gerade noch rechtzeitig, einer sich kräuselnden Wasserfläche auszuweichen.

      „Der letzte Mist!“ brüllte er, und der Stör, der neben ihm stand und die Angewohnheit hatte, stets die letzten Worte seines Kapitäns zu wiederholen, sagte mit langem Gesicht ebenfalls: „Der letzte Mist!“

      Siri-Tong erschien wieder auf dem Achterkastell. Die Enttäuschung war deutlich auf ihrem Gesicht zu lesen.

      „Schade“, sagte sie leise, „ich hatte mir viel davon versprochen. Wie können wir ihnen jetzt helfen?“

      Thorfin Njal hob hilflos die mächtigen Schultern.

      „Zunächst gar nicht, sonst laufen wir auch noch auf. Der Seewolf wird die Flut abwarten oder leichtern müssen. Nur drückt die Flut hier kaum herein“, setzte er nachdenklich hinzu.

      Es ärgerte ihn ebenfalls mächtig, daß das erfolgversprechende Manöver mißlungen war. Es war alles viel zu schnell gegangen.

      Siri-Tong blickte achteraus, wo die „Isabella“ immer kleiner zu werden schien. Sie sah die Seewölfe an Deck stehen, ebenfalls hilflos, genauso wie sie.

      Weit vor ihnen, wo das mächtige Delta in den Atlantik überging, lag eine Insel, von Urwald bewachsen. Sie lag mitten im Strom, der hier mächtig aus seinem breiten Bett drängte und dessen Farbe stark lehmgelb war. Die ihnen zugewandte Seite der Insel war bis ans Wasser hin von dichtem Wald bewachsen.

      Siri-Tong entsann sich dieser Insel wieder. Sie hatte zum Meer hin eine Bucht mit relativ ruhigem Wasser.

      „Thorfin“, sagte sie. „Wir umfahren die Insel auf Backbord und versuchen, in das Stauwasser auf der Rückseite zu gelangen. Dort können wir ankern und abwarten. Ich möchte nicht in den Atlantik hinaus, wenn Hasard dort noch festsitzt.“

      „Wir werden es schaffen“, versprach der Wikinger. „Aber der Seewolf wird uns von dort nicht sehen können, wir befinden uns dann im toten Winkel.“

      „Er wird nicht annehmen, daß wir hinaussegeln, jedenfalls glaube ich das nicht“, sagte sie.

      Sie scheuchte die Männer auf ihre Posten, und die flitzten willig los, weil sie den unterdrückten Zorn der Roten Korsarin instinktiv spürten – und fürchteten.

      Thorfin ließ das schwere Schiff hart nach backbord abfallen, so hart, daß es fast zur Längsachse im Strom trieb, der jetzt wieder gegen die Breitseite schob. Hier, an der kleinen Insel, war der Fluß wieder gefährlich und gurgelte scharf und laut an dem Ufer vorbei.

      Der Bug erreichte das Stauwasser, das Achterschiff schwang herum. Mit dem letzten Rest Fahrt lief der schwarze Segler in die Bucht. Der Anker klatschte auf Grund und hielt. Das Schiff war von den Seewölfen nicht mehr einsehbar, auch die Crew der Roten Korsarin konnte die „Isabella“ nicht mehr sehen. Siri-Tong verließ sich darauf, daß der Seewolf ihr Manöver im Geiste nachvollzog.

      „Wir warten so lange, bis die Flut aufläuft, oder bis wir Wind kriegen, um den Strom hochsegeln zu können“, entschied sie. „Die Galeone muß so schnell wie möglich wieder flott werden.“

      Auch Thorfin und der Boston-Mann überlegten, wie man den Seewölfen helfen konnte.

      „Heute wird es nicht mehr klappen“, sagte der Wikinger zweifelnd, „in ein paar Stunden ist es dunkel, und den tückischen Fluß möchte ich bei Nacht nicht hinaufsegeln, jedenfalls hier im Delta nicht. Was nutzt es uns, wenn wir nachher ebenfalls irgendwo festsitzen?“

      Siri-Tong sah das ein. Der nächste Morgen mußte abgewartet werden, alles andere hatte keinen Sinn. Dann saßen wirklich beide Schiffe fest, und keiner konnte dem anderen helfen.

      Carberrys Miene hatte sich verfinstert. Er starrte über das Schanzkleid in den gurgelnden Strom, der machtvoll vorbeifloß. Alles mögliche trieb heran. Bäume, große Äste, die aufgedunsenen Kadaver irgendwelcher Tiere, tote Fische, Schlamm, Lehm und Blätter.

      „Da ist mir die freie See doch zehnmal lieber“, sagte er grollend. „Da sieht man, was man hat, aber auf diesem lausigen Fluß mit seinen miesen Sandbänken …“

      Der Profos motzte herum, wie es seine Art war. Wenn es technisch möglich gewesen wäre, hätte er diesem verlausten Fluß die Haut in Streifen von seinem Affenarsch gezogen, so jedenfalls drückte er sich öfter aus.

      „Geh ihm bloß aus dem Weg“, raunte Blacky Bob Grey zu, der den Profos etwas fragen wollte, „der ist für den Rest des Tages sauer, weil wir festsitzen.“

      Carberry hatte auf der anderen Seite Tiefe loten lassen, doch das Ergebnis hatte seinen Unmut nur verstärkt. Auf dieser Sand- oder Schlammbank schwemmte immer mehr Zeug an, und er hatte das Gefühl, als würde die „Isabella“ immer höher auf den Dreck gezerrt und geschoben.

      Schöne Aussichten waren das – und das alles praktisch vor der Haustür zum Atlantik.

      „Wir hätten auch sofort einen Tampen zum schwarzen Segler hinüberwerfen sollen,“ meckerte er weiter, „dann hätte es …“

      Hasard legte seinem Profos leicht die Hand auf die Schulter.

      Carberry drehte sich um und grinste schief.

      „Hätte und wenn hilft uns keinen Schritt weiter, Ed! Bei dem Gefasel und den Selbstvorwürfen kommt leider nichts heraus. Überlegen wir lieber,


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