Seewölfe - Piraten der Weltmeere 474. Fred McMason

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Seewölfe - Piraten der Weltmeere 474 - Fred McMason


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      Arne gab sich freundlich bei der Begrüßung, aber doch auf eine Art, die eine gewisse Distanz ausdrückte. Diese Distanz spürte der Gouverneur allerdings nicht. Sein Wahrnehmungsgefühl war etwa so stark ausgeprägt wie das eines Ochsen, was solche Dinge betraf.

      Auch konnte sich der Laffe noch nicht richtig benehmen. Takt und Anstand ließen bei ihm stark zu wünschen übrig.

      Arne lud ihn mit einer Handbewegung zum Platznehmen ein.

      „Setzen wir uns doch an den Kamin“, schlug er vor, „da plaudert es sich bei einem Gläschen viel besser.“

      „Sehr gern, Señor Manteuffel.“

      De Escobedo nahm Platz. Den Federhut behielt er auf, weil er das für schick hielt.

      Daß Arne den Gouverneur an den Kamin lotste, hatte einen besonderen Grund und war eine Taktik von ihm. In dem Raum, der sich über dem Kamin befand, konnte man alle Gespräche, die weiter unten geführt wurden, mithören. Jetzt stand als unsichtbarer Lauscher dort oben Jean Ribault, der klar und deutlich jedes Wort verstand, was gesprochen wurde.

      Arne ging inzwischen zum Schrank und holte eine Flasche Wodka heraus. Sie stammte noch aus alten Beständen von der „Wappen von Kolberg“. Ein paar weitere Flaschen befanden sich als Reserve ebenfalls im Keller.

      Der Kerl war scharf auf das Zeug, das wußte Arne. Trotzdem fragte er lächelnd: „Darf’s ein kleiner Wodka sein? Vielleicht ein doppelter?“

      „Äh, ja. Sehr gut das Zeug. Woher stammt es? Ich glaube, Sie hatten es mir schon einmal gesagt, aber ich habe es wieder vergessen.“

      „Der Wodka stammt aus Rußland, Señor Gouverneur.“

      „Rußland, sehr richtig“, sagte der Erhabene. Er hatte zwar nicht die geringste Ahnung, wo dieses Rußland lag, denn das war für ihn ein unbekannter Begriff. Aber er nickte, als sei das ganz selbstverständlich, und tat so, als hätte er es nur vergessen.

      Arne goß sich auch einen ein, dann stellte er die Gläser auf den Tisch und prostete dem Gouverneur zu.

      Der leckte sich genießerisch die Lippen, roch an dem Zeug, verdrehte die Augen und kippte den Doppelstöckigen mit einem kurzen schnellen Ruck herunter.

      Das alte Spiel wiederholt sich, dachte Arne amüsiert. Dem Kerl bleibt jedesmal die Luft weg, wenn er das scharfe Zeug kippt.

      De Escobedo hielt den Atem an und riß das Maul auf, als der Wodka in seinem Magen lautlos krepierte. Die Augen quollen ihm fast aus dem Schädel, und er wurde stocksteif.

      „Sehr scharf, aber sehr gut, das Zeug“, lobte er mit Tränen in den Augen.

      Arne hatte seinen gekippt, ohne das Gesicht zu verziehen.

      Er war jetzt gespannt, wie sich de Escobedo an sein Ziel herantasten würde, denn daß er sich das Einlaufen der deutschen Karavelle bezahlen lassen wollte, sah Arne schon an seinem gierigen Blick.

      Aber er hatte wirklich nicht das gewiefte Format seines Vorgängers, denn alles, was er sagte oder tat, geschah auf plump-vertrauliche Art und Weise.

      Er räusperte sich, griff dann nach Arnes Arme und lächelte.

      „Sie wissen noch gar nicht den Grund meines Besuches“, sagte er.

      O doch, dachte Arne, den kenne ich längst, und dich Halunken habe ich schon lange durchschaut.

      Er hob fragend die Augenbrauen hoch und sah den Kerl an, der immer noch plump-vertraulich seinen Arm festhielt.

      „Ich habe die Ehre und die Freude, Señor Manteuffel, Ihnen mitzuteilen, daß ein Schiff aus Kolberg auf der Reede ankert. Es ist die ‚Goldene Henne‘. Da staunen Sie, was?“

      Und wie Arne staunte! Er spielte den Überraschten.

      „Ah“, rief er erfreut und staunend aus. „Ein Schiff meines Handelshauses mit Kapitän Eggens an Bord. Das ist aber wirklich eine gelungene Überraschung, Señor Gouverneur.“

      Der Señor Gouverneur freute sich, daß ihm die Überraschung so gut gelungen war. Daher galt sein nächster Blick begehrlich der Wodkaflasche.

      Arne verstand. Natürlich mußten sie auf diese „Neuigkeit“ unbedingt noch einen trinken, einen Doppelten natürlich.

      Wieder lief die gleiche Prozedur ab. De Escobedo verschluckte sich fast, hielt die Luft an, ließ sich auf den Rücken klopfen und grinste, als er wieder bei Atem war.

      „Ja, so ist es. Es ist Ihr Schiff.“

      De Escobedo überlegte krampfhaft, wie er jetzt am besten den Hebel ansetzen konnte, um zu kassieren. Er konnte nicht einfach Geld fordern, das sah nicht gut aus. Während er noch krampfhaft überlegte, kam ihm der deutsche Handelsherr jedoch ganz überraschend zu Hilfe.

      „Dann ist mein Schiff ja endlich da“, sagte er. „Aber, ich verstehe nicht ganz, warum es auf Reede liegt. Meine Schiffe konnten doch sonst immer ohne viele Formalitäten einlaufen.“

      „Stimmt, stimmt“, sagte der Gouverneur erleichtert. Er hüstelte ein wenig und lächelte entschuldigend. „Die Formalitäten, das ist es eben, Señor Manteuffel, die Formalitäten. Der ehrenwerte Don Antonio hat diese Formalitäten immer sehr großzügig ausgelegt, er ist ja auch ein sehr großzügiger Mann.“

      „So wahr mir Gott helfe“, sagte Arne ernst und feierlich. „Ein sehr großzügiger Mann.“

      „Ich bin auch großzügig“, behauptete de Escobedo kühn. „Aber es gibt da eine königliche Order, und die hat der sehr ehrenwerte Don Antonio in seiner grenzenlosen Güte entweder übersehen oder ganz einfach vergessen. Nun, er hatte diesen hohen Posten ja sehr lange inne, und so sah man ihm das sicher auch nach. Aber ich bin an diese Order gebunden, wenn Sie verstehen, was ich meine.“

      „Ich verstehe nicht ganz“, sagte Arne, „mir ist diese höchstkönigliche Order nicht bekannt, aber ich sehe natürlich ein, daß Sie sich daran gebunden fühlen. Darf ich fragen, was diese königliche Order besagt?“

      „Es ist mir ja sehr peinlich, und ich habe diese Order ja auch nicht erlassen. Aber sie besagt, daß alle nichtspanischen Schiffe einen Zoll entrichten müssen, bevor sie die Genehmigung erhalten, in den Hafen einlaufen zu dürfen.“

      „Ich verstehe, Señor Gouverneur“, sagte Arne, „deshalb also müssen die Schiffe vorerst auf Reede liegen bleiben.“

      „So ist es“, sagte de Escobedo. Das hatte ja bestens geklappt, dann biß dieser Deutsche auch sicherlich gleich an.

      Arne wußte genau, daß diese Order nur im Kopf des raffgierigen Gouverneurs existierte und der Halunke sich auf diese Weise zusätzlich bereichern wollte.

      Er zuckte allerdings mit keiner Wimper und nickte.

      „Das ist doch die selbstverständlichste Sache der Welt, Zoll zu entrichten, bevor man in einen spanischen Hafen einläuft. Schließlich muß alles seine Ordnung haben.“

      Er nickte de Escobedo freundlich zu und bemerkte, daß auf dessen Stirn feine Schweißperlen standen. Dann stand er auf, ging wieder zu dem Schrank hinüber und entnahm ihm ein Ledersäckchen in dem es angenehm klimperte. Das Säckchen enthielt hübsche Goldtalerchen, und die stellte Arne mit freundlichem Lächeln auf den Tisch, direkt neben das leere Wodkaglas.

      „Danke, Señor Manteuffel“, sagte der Gouverneur eifrig. „Natürlich werde ich die Summe nachher gleich in das amtliche Register eintragen lassen.“

      Ganz sicher, dachte Arne. Davon war er restlos überzeugt. Wie konnte er nur an der hehren Lauterkeit eines solchen Mannes zweifeln? Alle blanken Goldtalerchen würde de Escobedo fein säuberlich auflisten und dann an den König von Spanien senden. Jeder Zweifel war da absolut ausgeräumt.

      Aus den Augenwinkeln sah er, wie de Escobedo das Säckchen auffallend eilig in seinem Wams verschwinden ließ.

      Arne lachte lautlos in sich hinein und griff wieder zur Wodkaflasche.

      Noch


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