Seewölfe - Piraten der Weltmeere 424. Fred McMason

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Seewölfe - Piraten der Weltmeere 424 - Fred McMason


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das sind, über den Daumen gepeilt, mindestens dreitausend Meilen von der Schlangen-Insel bis nach Arica. Weiter dürften es etwa dreihundert Meilen Landweg von Arica nach Potosi sein, und das im Hochland, ganz abgesehen von der Überquerung des Isthmus von Panama. Oder gedachtest du etwa, den riesigen Umweg um das Kap Hoorn zu nehmen, lieber Freund?“

      „Aber, aber, Gevatter“, sagte Jean mit süffisantem Grinsen. „Natürlich habe ich solche Argumente erwartet, aber ich lasse sie in aller Ruhe an mich heran. Wir sind doch zwei weitblickende Männer, und der Weg um die Hoorn ist sicher ein bißchen zu weit.“

      „Ein bißchen?“ schnaubte Hasard. „Ein bißchen ist gut.“

      Ribault ließ sich wirklich nicht aus der Ruhe bringen. Dickfellig und impertinent grinsend saß er da. Seinem Gesicht war anzusehen, daß er sich regelrecht auf Potosi verbissen hatte. Er mußte nur noch den Seewolf überzeugen.

      „Klammern wir die Hoorn aus“, sagte er. „Ich empfehle eine andere, wesentlich kürzere Route, und zwar südwestwärts über die Karibik nach Porto Bello oder Nombre de Dios, von dort über Land nach Panama und von dort wiederum längs der Küste immer südwärts über Callao nach Arica. Das ist eine kurze und handfeste Route. Der Rest ist auch nicht mehr als ein Klacks“, fügte er lässig hinzu.

      „Natürlich, Gevatter Jean“, sagte Hasard höhnisch. „Und auf der Route Panama über Callao nach Arica immer lustig gegen den meist aus Süden wehenden Wind anknüppeln. Und ab Punta de Aguja auch noch kräftig gegen den Peru-Strom, nicht wahr?“

      „Sehr richtig, Sir. Aber das hat auch seine guten Seiten“, sagte Jean grinsend, „denn auf der Rückfahrt werden wir dann wieder von Wind und Strom geschoben.“

      „Wir?“ fragte Hasard mit hochgezogenen Brauen. „Was, mein lieber Gevatter, verstehst du bitte sehr unter wir?“

      „Ach, das ist doch ganz einfach“, erklärte Jean seelenruhig. „Unter wir verstehe ich euch, die Arwenacks, selbstverständlich und dazu noch meine Schwefelbande. Das reicht doch wohl.“

      Hasard lehnte sich ebenfalls zurück, blickte auf die Karte, auf den Goldbarren und auf Ribault, der genüßlich grinsend an dem Rotwein nippte und dabei auf Antwort wartete. Die erhielt er auch, aber anders, als er sich das gedacht hatte, denn der Seewolf schien längst nicht so begeistert von Potosi zu sein wie er selbst.

      „Du bist verrückt, Jean, glatt verrückt.“

      Ribault blieb kaltschnäuzig bis in die Knochen. Er nahm die Worte auch nicht übel, er grinste immer noch.

      „Schade“, murmelte er, „wirklich bedauerlich. Da muß ich mit meinen Männern wohl allein lossegeln.“

      „Bist du sicher?“ fragte Hasard ironisch.

      „Klar, ich segle allein, wenn ihr nicht wollt.“

      „Du kannst nicht einfach allein lossegeln, Jean. Denn da haben die anderen Kapitäne und Mannschaften wohl auch noch ein Wörtchen mitzureden. Das entscheidet die Mehrheit im Bund der Korsaren.“

      „Richtig, Sir. Aber diese Mehrheit wird mir schon zustimmen, denn ich habe gute Argumente zur Hand.“

      „Den Goldbarren und die Münze?“

      Ribault grinste immer noch unerschütterlich.

      „Berufen wir ein Palaver für heute abend ein?“ fragte er.

      „Genehmigt“, entschied der Seewolf. „Aber es wird nicht viel mehr als ein Plauderstündchen sein.“

      „Warten wir’s ab. Ich habe noch ein paar Trümpfe in der Hand.“

       2.

      Der Einfachheit halber fand das Palaver in der Bucht am Strand statt. Ein paar Fackeln waren entzündet worden. Das restliche Licht spendete der Mond, der groß und gewaltig über der Karibik hing und aus narbigem Gesicht auf die Versammlung blickte.

      Mannschaften und Kapitäne waren erschienen, auch Arkana, Araua und Karl von Hutten.

      Ribault ließ ein paar Barren und Münzen zur allgemeinen Besichtigung verteilen und erklärte dann genau, wo Potosi zu finden sei und was man darunter zu verstehen habe.

      „Wir alle kämpfen gegen die Dons“, sagte er, „und wir haben auch viele und gute Erfolge errungen. Aber das ist noch lange nicht genug. Wir müssen die Dons immer dort packen, wo sie sich selbst am sichersten fühlen und keinen Angriff erwarten. In Potosi fühlen sie sich völlig sicher. Und dort in den Minen und Bergwerken schuften Sklaven und unschuldige Farbige für sie, weil die Dons den Hals nie voll genug kriegen. Diese Leute wurden zusammengetrieben und in die Bergwerke gesteckt, wo sie unter unmenschlichen Bedingungen schlimmste Sklavenarbeit leisten – so lange, bis sie elend verrecken und krepieren. Wenn wir ihnen diese Quellen zuschütten, erleiden sie eine empfindliche Schlappe, und wir retten dadurch Tausenden von armen geknechteten Menschen das Leben.“

      Ein paar Männer murmelten Worte der Zustimmung, doch Potosi war für die meisten noch ein ferner Begriff, unter dem sie sich nicht viel vorstellen konnten.

      „Diese Menschen sind für mich der eigentliche Grund, warum ich diesen Plan für einen Überfall auf die Minen gefaßt habe. Der zweite ist die Schwächung der Dons, die dadurch wiederum weniger Kriegsgüter herstellen können, um andere Länder zu unterjochen und das ganze grausame Spiel von vorn zu beginnen. Wir haben selbst erlebt, wie die Dons mit unschuldigen Menschen verfahren. Sie sind für sie nur billige Arbeitskräfte, Material, das gnadenlos verheizt wird. Menschenleben spielen ja keine Rolle.“

      Das Murmeln wurde lauter. Der Wikinger Thorfin Njal nickte eifrig. Auch die anderen Kapitäne – Oliver O’Brien und Jerry Reeves – gaben Ribault recht. Selbst die Rote Korsarin nickte zustimmend.

      „Wie hast du dir das vorgestellt, Jean?“ fragte der Wikinger mit seiner Donnerstimme dazwischen.

      „Ich habe gründlich darüber nachgedacht“, erwiderte Jean, „und auch alles reiflich überlegt. Der Plan ist durchaus durchführbar, wenn er ernsthaft in Angriff genommen wird. Wir bilden zwei Mannschaften, die von einem unserer Schiffe auf der Ostseite des Isthmus von Panama abgesetzt werden, die Landbrücke überqueren und nach Panama einsickern. Dort müßten wir uns zwei gute Schiffe besorgen, entweder unter der Hand kaufen oder notfalls kapern; aber das Kaufen zweier Schiffe ziehe ich vor, weil man sie ja auch noch ausrüsten muß.“

      „Bravo!“ brüllte Old O’Flynn begeistert. „Das nenne ich ein Wort, Jean! Das wird ein Feldzug ganz nach meinem Geschmack. Wir laufen Potosi an und kloppen den Dons kräftig eins auf die Finger.“

      „Wie willst du denn Potosi anlaufen, wenn das über viertausend Yards hoch in den Bergen liegt?“ fragte Hasard den kampflustigen Alten.

      Daraufhin schwieg Old O’Flynn erst einmal verdattert und hörte eine ganze Weile gespannt zu.

      „Wir müßten dann südwärts bis in die Nähe von Arica segeln“, führte Ribault weiter aus. „Dort werden beide Schiffe gut versteckt. Für den Weg zu den Potosi-Minen brauchen wir dann allerdings einen Indio, den aufzutreiben kein Problem sein dürfte.“

      „Und wie hast du dir das Vorgehen bei den Minen und die anschließende Rückkehr vorgestellt?“ fragte Hasard.

      „Das muß die jeweilige Situation ergeben, das läßt sich vorerst noch nicht planen, weil wir nicht wissen, welche Verhältnisse wir dort vorfinden. Den Rückweg stelle ich mir so wie damals vor. Erinnere dich bitte an die Geschehnisse vor fünfzehn Jahren, Sir. Da sind wir von Baudo aus auf dem Landweg zum Rio Atrato marschiert und von dort flußabwärts mit Booten zum Golf von Uraba, der südlichsten Spitze des Golfes von Darién, vorgestoßen. Dort haben wir dann ein Schiff geentert. Das müßte jedem noch gut in Erinnerung sein.“

      Es war ihnen auch noch in Erinnerung, besonders einem war es verflucht gut in Erinnerung und würde das auch bis an sein Lebensende bleiben.

      Dieser Mann war Jeff Bowie, der jetzt


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