Seewölfe - Piraten der Weltmeere 165. Fred McMason

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Seewölfe - Piraten der Weltmeere 165 - Fred McMason


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Seespuk und Geisterschiffe, aber er nahm sich vor, diesmal mit keinem darüber zu reden. Alter Spökenkieker, sagten dann die meisten, obwohl sie sich hinterher meist lahm entschuldigten, denn ab und zu hatte Old O’Flynn tatsächlich das sogenannte Zweite Gesicht, auch wenn die Kerle das vorher nicht wahrhaben wollten.

      Hasard und Philip grinsten ihn an, als er sich näherte und dicht vor dem angelehnten Kombüsenschott stehenblieb. Sie grinsten so harmlos wie immer, wenn sie etwas ausgefressen hatten – oder wenn sie dabei waren, etwas auszuhecken.

      „Jubelt ihr dem Kutscher wieder Ratten unter?“ fragte O’Flynn. Das üble Spielchen kannten mittlerweile die meisten, aber der treuherzige Kutscher fiel immer noch darauf herein. Er hatte ihnen unlängst versprochen, jede tote, von den Zwillingen erlegte Ratte an Bord der „Isabella“ mit Kandiszucker oder einem anderen Leckerbissen zu honorieren, und von da an hatte es auf dem Rahsegler plötzlich von Ratten nur so gewimmelt. Ganze Heerscharen schienen sich in der Vorpiek und den Laderäumen aufzuhalten.

      Die Zwillinge brachten dem Kutscher die erlegten Ratten, erhielten ihre versprochene Leckerei, bedankten sich artig und nahmen die toten Ratten dann gleich mit an Deck, um sie vor den Augen des Kutschers über Bord zu werfen.

      Der Kutscher sah auch jedesmal etwas ins Wasser fliegen und zeigte sich hocherfreut. Nur waren das keine Ratten, sondern Holzstücke, und so erschienen die beiden etwas später wieder in der Kombüse und jubelten dem Kutscher die alten Ratten als neuerlegte unter.

      Die beiden gaben sich entrüstet.

      „Das tun wir nicht mehr, ganz bestimmt nicht“, versicherte Hasard ernstlich. „Wir spielen nur mit dem Papagei. Wir lernen ihm zu fliegen.“

      Das Englisch, das die beiden sprachen, war noch etwas miserabel, und daher verbesserte O’Flynn: „Wir lehren ihn zu fliegen, heißt das.“

      „Ja, wir lehren ihm, daß er fliegen kann.“

      O’Flynn gab es auf, das mußte die Zeit mit sich bringen. Die beiden Kerlchen waren ohnehin Sprachtalente, und sie würden die Feinheiten schon noch lernen.

      Er drehte sich um, stellte sich ans Schanzkleid, und es dauerte auch nicht lange, bis sein Mißtrauen erwachte. Verblüfft kratzte er sich mit dem Finger das Kinn.

      Verdammt, dachte er. Wollten die gewitzten Rübenschweinchen, wie Carberry sie immer nannte, ihn foppen? Der Papagei konnte längst fliegen, dem brauchte man das nicht mehr beizubringen. Der flog sogar lange Runden um das gesamte Schiff, kurvte auch ab und zu ein Stück auf See hinaus und kehrte wieder zurück. Und da wollten die beiden ihm das Fliegen beibringen? Da stimmte doch etwas nicht!

      Er musterte sie scharf, aber in den jungen Gesichtern lag alle Ehrlichkeit dieser Welt. Sie standen da, ihrem Vater wie aus dem Gesicht geschnitten, hatten die Hände hinter den Rücken verschränkt und starrten aus eisblauen unschuldsvollen Augen in die Welt.

      „Wenn ihr dem Affen das Fliegen beibringen wollt“, knurrte Old O’Flynn, „dann hätte ich das ja noch geglaubt. Aber dem Papagei – da müßt ihr euch schon etwas anderes einfallen lassen.“

      Er sah sich nach dem Papagei um und zuckte zusammen, als der Aracanga plötzlich mit gesträubtem Gefieder kreischend, schimpfend und laut krächzend aus der Kombüse herausflatterte, verfolgt von dem grimmig dreinblikkenden Kutscher, der ihn mit lauthals gebrüllten Flüchen und Händegewedel zum Fockmast hochscheuchte.

      Da blieb das „Mistvieh“, wie Donegal es nannte, aufgeplustert hocken und hackte mit seinem starken Schnabel voller Bosheit Löcher in die Luft. Wie ein bis aufs Blut gereizter Hahn sah er jetzt aus.

      „Was ist los, Kutscher?“ fragte O’Flynn.

      Der Kutscher, seinen wirklichen Namen hatte er den Männern an Bord nie verraten, blickte verstört drein und warf dem krächzenden Papagei wilde Blicke zu.

      „Ich weiß nicht, was, zum Teufel, in diesen lausigen Federbalg gefahren ist, Donegal“, sagte er. „Dauernd kreuzt das Vieh in der Kombüse auf, fliegt mir über den Schädel, jagt über die Kessel und den Herd und krächzt in der Kombüse herum. Das geht jetzt schon einige Tage so. Wenn ich das Vieh erwische, dann gibt’s eine schmackhafte Brühe, das verspreche ich dir.“

      Donegal drehte sich um und warf den Zwillingen einen fragenden Blick zu, aber die hoben nur die Schultern. Ihre Gesichter waren ratlos, und sie grinsten auch nicht.

      „Ihr bringt ihm doch angeblich das Fliegen bei“, sagte Donegal mißtrauisch. „Weshalb dann ausgerechnet in der Kombüse?“

      Die beiden spielten wieder Unschuldslämmer.

      „Vielleicht Sir John lieben Kutscher“, vermutete Hasard ernsthaft. „Oder hat vielleicht Hunger.“

      „Ich kriege das schon noch heraus“, versprach der Alte grimmig. „Da steckt etwas dahinter, eine Lausbuberei, das weiß ich. Außerdem ist Sir John auffallend oft in eurer Nähe, und ich habe gesehen, daß ihr ihn füttert.“

      „Sir John hat auch Hunger“, sagte Philip.

      Der Alte blieb mißtrauisch. Was die Zwillinge mit dem Papagei taten, sah fast nach einer Dressur aus, aber Donegal blickte da noch nicht durch.

      Der Aracanga hatte sein Krächzen aufgegeben und segelte aus luftiger Höhe wieder auf Klein-Hasards Schulter.

      Der Kutscher donnerte das Schott zu und ließ sich nicht mehr blicken.

      „Keine Lumperei“, warnte O’Flynn noch einmal nachdrücklich.

      Dann ging er zurück aufs Achterdeck, wo Hasard, Dan und Ben Brighton immer noch damit beschäftigt waren, den Kurs abzustekken und die Position zu bestimmen.

      „Alles in Ordnung?“ fragte der Seewolf.

      „Ich weiß nicht, was die Burschen wieder aushecken, aber der Papagei fliegt ständig durch die Kombüse, und der Kutscher hat ziemlich üble Laune.“

      „Vielleicht necken sie ihn nur. Ich sehe da jedenfalls nichts Schlimmes.“

      „Ich auch nicht“, sagte Donegal, „wenigstens noch nicht.“

      Damit war das Thema vorerst erledigt, und man schrieb es dem Spieltrieb der Zwillinge zu, die sich ja mit irgend etwas beschäftigen mußten.

      Etliche der Seewölfe waren damit beschäftigt, die Kammern und Aufenthaltsräume des Schiffes auszuwaschen und zu durchlüften. Das wurde jede Woche einmal praktiziert, damit an Bord immer Sauberkeit herrschte.

      Old O’Flynn zuckte plötzlich zusammen, als das berüchtigte Stichwort fiel. Ausgerechnet sein Sohn sagte es.

      „In ein paar Tagen segeln wir wieder durch das Sargassomeer. Das erinnert mich immer daran, als wir durch Zufall die Schlangen-Insel fanden und dort auf die Rote Korsarin stießen. Hoffentlich bleiben wir diesmal nicht wieder in den verdammten Algen hängen.“

      Hasard schüttelte den Kopf. „Diese Algenfelder gibt es nicht das ganze Jahr, soviel ich gehört habe. Sie treten periodisch auf, ballen sich dann zusammen und lösen sich auch wieder auf.“

      O’Flynn wurde ganz kribbelig zumute. Er lehnte mit verkniffenem Gesicht an der Schmuckbalustrade des Achterdecks und trommelte mit den Fingern ungeduldig auf dem Handlauf herum. Mißmutig blickte er in das quirlige Wasser, das blasenreich an der Bordwand der „Isabella“ vorbeizog und sich achteraus zu einer schaumigen langen Bahn vereinigte.

      Ein Fisch sprang aus dem Wasser, schnalzte hoch, breitete seine Flossen aus und flog neben dem Schiff über dem Wasser her.

      „Ein fliegender Hering!“ schrie O’Flynn. „Mann, der ist ja bald schneller als wir.“

      Zwei weitere fliegende Fische sausten aus dem Wasser, und das brachte die Crew auf die Beine.

      „Los, bewaffnet euch mit Haken!“ rief Hasard. „Das gibt eine köstliche Abwechslung.“

      Die Seewölfe kannten das Phänomen der fliegenden Fische durch ihre zahlreichen Fahrten. Es war beileibe kein Spiel, wenn die Fische, aufgescheucht durch den


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