Kreation Vollblut – das Rennpferd eroberte die Welt. Teil III. Erhard Heckmann

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Kreation Vollblut – das Rennpferd eroberte die Welt. Teil III - Erhard Heckmann


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werden, die durch Gold und wertbeständige Devisen gedeckt war.

      Seit Jahren triumphierten damals in Deutschland die vier Gestüte Graditz, Schlenderhan, Waldfried und Waldburg, hinter denen die Persönlichkeiten Lehndorff, Oppenheim, Weinberg und Haniel standen, doch nach Ende der Inflation kamen auch Großindustrielle hinzu. So gründeten u. a. der rheinische Unternehmer Peter Mülhens 1924 sein Gestüt Röttgen, und Richard Kasselowski, Chef der Bielefelder Nahrungsmittelfirma Dr. Oetker, erwarb zwei Jahre später den Heyforthischen Hof, der als Ebbesloh bekannt wurde. 1925 schrieb Köln 70 Rennen aus, und vergab mit 500.000 Mark das höchste Preisgeld aller preußischen Bahnen, während das nächste Jahr Landgrafs besten Sohn Ferro innerhalb von drei Monaten in den Hanielschen Farben sechs Rennen gewinnen sah – darunter Henckel-, Union Rennen, Derby, Großer Preis von Berlin –, und durch das Ende der englischen Besatzung waren Rheinland und Ruhrgebiet wieder frei. Der Derbysieger von 1927 hieß Alba, der 11 von 12 Starts gewann, wegen eines Splitterbruchs den Versuch, die „Dreifache“ im St. Ledger zu vollenden, aber nicht mehr antreten konnte.

      Am 06. April 1926 überträgt der Reichsfunk erstmalig von einer Rennsportveranstaltung, dem Osterpreis zu Karlshorst, und 1928/29 stand Oleander im Mittelpunkt; H. Himmler wurde zum Reichsführer der SS benannt; J. Göbbels hetzte gegen die Juden; einige Rennsport-Persönlichkeiten veröffentlichten diverse „Pferdebücher“; Schlenderhan und Weinberg waren die führenden Zuchtstätten während der Weimarer Republik (1918-1933), und die Weltwirtschaftskrise zeichnete sich ab. Als im Oktober 1929, drei Wochen nach Oleanders drittem Platz im „Arc de Triomphe“ der amerikanische Aktienmarkt zusammenbrach, war die Weltwirtschaftskrise ausgelöst, und die „Goldenen Zwanziger“ waren zu Ende. 1930 gewann der Schlenderhaner Alba zu Hamburg das Derby; in deutschen Rennställen standen etwa 2.600 Rennpferde, die von rund 200 Trainer vorbereitet und von 1.400 Stallangestellten gepflegt wurden, während für die Ritte etwa 300 Jockeys zur Verfügung standen. Für Zucht- und Rennzwecke wurden im gleichen Jahr 112 Stuten, 52 Hengste und 12 Wallache ausgeführt, während 24 Vollblüter neu ins Land kamen.

      Zwei Jahre später verstarb Simon Alfred von Oppenheim, und Waldemar Freiherr von Oppenheim wurde als Nachfolger seines Vaters Präsident des Kölner Rennvereins; Schlenderhan feierte sein elftes Besitzer-Championat, und die „Preußische Staatsgestüts-Verwaltung“ ihr 200-jähriges Bestehen. Graditz war, nach der Auflösung von Altefeld, wieder ein Vollblutstandort; der Prunus-Sohn Palastpage gewann für Röttgen das erste Derby, und die Rennwettsteuer am Totalisator und bei den Buchmachern soll 33 Millionen Mark betragen haben. Im Land gab es sechs Millionen Arbeitslose, und auf den Straßen waren linke und extreme rechte als Schlägertrupps unterwegs.

      1933 wurde Adolf Hitler von P. W. Hindenburg zum Reichskanzler ernannt, und die Nationalsozialisten übernahmen die Macht. In der Folge wurden die bürgerlichen Grundrechte außer Kraft gesetzt, die Preußische Staatsgestüts-Führung wurde personell „angepasst“, und im Landwirtschafts-Ministerium hatte der Reichsbauernführer Darré das Sagen. Gustav Rau führte seine Position als Preußischer Oberlandstallmeister nur kurzfristig aus, denn er musste erleben, wie sein Lebenswerk, der „Reichsverband ländlicher Reiter- und Fahrvereine“ (200 Vereine; 100.000 Mitglieder) in SS- und SA-„Reiterstürme“ umstrukturiert wurde. 1934 bat er daher um seine Entlassung, an die Spitze der „Obersten Behörde für Vollblutzucht und Rennsport“ (O. B. V.) trat als Generalsekretär F. Charles de Beaulieu, der vorher im Union-Klub als Pressereferent für den Berliner Rennsport zuständig war.

      Im gleichen März wurde Kölns Oberbürgermeister Konrad Adenauer, der spätere Bundeskanzler Deutschlands, gezwungen, sein Rathaus zu verlassen; im April riefen die Nazis zum Boykott jüdischer Geschäfte auf; Carl von Weinberg musste alle Wirtschaftsämter niederlegen; Bruder Arthur wurde aus dem Universitäts-Kuratorium entfernt, und Moritz James Oppenheimer, dem Konkursvergehen nachgesagt wurde, verhaftet. Sein Gestüt Erlenhof veräußerte der Konkursverwalter – inklusive Graf Isolani – für 350.000 Mark an Baron Heinrich von Thyssen-Bornemisza.

      Das Derby des gleichen Jahres, das Göring in SA-Uniform in der Ehrenloge erlebte, gewann der Graditzer Alchimst unter Ernst Grabsch – 1929 bis 1931 Champion-Jockey und SS-Mitglied, wie das M. Stoffregen-Büller in seinem Buch „Schlenderhan“ feststellte. 1933 wurde auch die ungeschlagene „Wunderstute“ Nereide geboren, und es sollte auch nicht mehr lange dauern, bis Waldemar von Oppenheim seine Präsidentschaft des Kölner Rennvereins an Fürst zu Wied übergab, der seinen Vorgänger jahrelang begleitet hatte.

      1934, als im Union-Klub dem Präsidenten Fürst von Hatzfeld-Wildenburg der Ex-Herrenreiter und umstrittene Franz von Papen folgte, die Rennbahn Grunewald zu Gunsten der Olympischen Spiele abgebrochen wurde und Irmgard von Opel auf ihrem Schimmel Nanuk als erste Frau das „Deutsche Spring-Derby“ zu Klein-Flottbeck gewann, triumphierten im 66. Deutschen Derby zu Hamburg Athanasius, Willi Printen, Trainer Adrian von Borcke und Erlenhof. Im Februar 1935, drei Jahre nach ihrem Mann Baron Alfred, verstarb Baronin Flossy von Oppenheim, sodass ihr Sohn, Waldemar von Oppenheim, als neuer Gestütsherr zu Hamburg sofort einen Schlenderhaner Derbysieger vom Geläuf abholen konnte, denn vor 100.000 Zuschauern war der Oleander-Sohn Sturmvogel (Willi Printen) der Star der Stunde. Politisch zeichneten sich beim Nürnberger Reichsparteitag im September weitere dunkle Wolken ab, denn der „Arier-Nachweis“, ein Gesetzt zur Isolierung und Entrechtung der jüdischen Bevölkerung, wurde eingeführt.

      Der nächste Derbysieger war die großartige Nereide, die im Olympiajahr 1936 mit 2 Minuten 28,8 Sekunden Rekord lief, der fast sechzig Jahre Bestand haben sollte. Anschließend, bei ihrem letzten Start im „Braunen Band“ (100.000 Mark) zu München, bezwang sie Frankreichs große Corrida, die im Herbst als Vierjährige den Prix de l’Arc de Triomphe gewann und diesen Sieg im Folgejahr, nachdem sie auch den Großen Preis der Reichshauptstadt in Berlin gewonnen hatte, wiederholte.

      1938 folgte die „Reichskristallnacht“, als Synagogen und jüdische Geschäfte verwüstet wurden; ein Jahr später war Otto Schmidt mit 57 Saisonsiegen zum elften Mal Jockey-Champion, und zu den damaligen Spitzenjockeys zählten Reiter wie Gerhard Streit, Hans Blume, Enst Grabsch, Johannes Starosta, Hans Zehmisch, Walter Held oder Julius Rastenberger. 1940 wurde das Derby, das Schwarzgold gewann, auf Anordnung der Behörden in „Großer Deutschlandpreis der Dreijährigen“ umbenannt; im „Braunen Band“ zu München erhielten die Schlenderhaner Schwarzgold und Octavius Startverbot und wurden von den Nazis mit Waffengewalt am Verlassen des Stalles in München gehindert; im Mai 1941 erhielt Schlenderhan vom Generalsekretär des Union-Klubs die schriftliche „Entscheidung des Führers“, wonach das Gestüt unverzüglich in anderen Besitz zu überführen sei. Magnat sicherte im gleichen Jahr den zehnten Derbysieg für Schwarz-Blau-Rot, der Rennstall gewann sein 16. Besitzerchampionat, und Oleander führte zum sechsten Mal die Liste der Beschäler an. Als Allgäu 1843 den 11. Derbytreffer für die Schlenderhaner markierte wurde seine Zuchtstätte mit „SS-Gestüt Schlenderhan“ angegeben.

      Einige Tage nach dem letzten Bombenangriff auf Köln brachte ein amerikanischer Jeep die Oppenheims aus ihrem Versteck wieder nach Hause, wo viele Gebäude teils oder ganz zerstört oder abgebrannt, und die Pferde auf Befehl der SS abtransportiert waren. Viele hatten ihr Ziel nicht erreicht und waren verloren, andere fielen den Russen in die Hände. Auch Graf Sponeck wurde von der SS gezwungen, Pferde Richtung Bayern zu verfrachten, doch konnte im Artilleriefeuer wertvolles Material nicht gerettet werden. Ein anderer SS-Trupp landete südöstlich von München in Niederseeon (Steinsee) auf dem Hof von Olga von Wedelstadt, und diese tapfere Frau wurde zur Retterin der etwa 40 Schlenderhaner, darunter Allgäu, Magnat und Schwarzgold. Ihre kurze Radiobotschaft, die täglich gesendet wurde, vernahm Carl Friedrich von Oppenheim, und als am 22.6.1945 Graf Sponeck auf dem Hof eintraf, waren diese Schlenderhaner gerettet, denn am 9.5.1945 hatte Deutschland kapituliert. Im September des gleichen Jahres trafen sich einige Unverzagte, um über die wichtigsten Schritte zu beraten, um Zucht (1943 hatten von 1.283 Mutterstuten nur noch 454 überlebt) und Sport wieder in Gang zu bringen. Und als die treibenden Kräfte dieser Aktivisten der „ersten Stunde“ werden Walter Bresges, Ferdinand Leisten und Waldemar von Oppenheim benannt. Schließlich erteilten die Amerikaner am 22.4.1946 eine Sondergenehmigung, um in München den ersten Renntag im „neuen Deutschland“ starten zu können.

      Sieht man einmal von Schwarzgold ab, die noch immer als Deutschlands beste Rennstute gilt


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