Herzensöffnung (3): Später. Hero Leander

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Herzensöffnung (3): Später - Hero Leander


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Unternehmer geworden. Ich habe, bevor ich Bürgermeister geworden bin, viel Zeit in meiner Fahrradwerkstatt verbracht. Hier war ich oft von Kindern aus dem Dorf und Urlauberkindern umgeben, die von mir viele Tricks der Fahrradpflege und -reparatur gelernt haben. Mein Sohn Kai half mir damals, so gut er konnte.“

      Die Reporterin bohrte weiter: „Und Sie wollen uns nicht sagen, wer hinter all diesen Veränderungen steckt?“

       „Nein. Die Firma will ungenannt bleiben. Sie hat unserem Dorf mit ihrer Hilfe Wohlstand gebracht. Der Sprecher der Firma sagte einmal, wahre Hilfe ist nur dann wertvoll, wenn sie in Demut und Bescheidenheit gegeben wird. Diese deutsche Initiative ist eine wirkliche Hilfe in Bescheidenheit. Alle Menschen hier im Dorf sind dadurch zu Wohlstand gekommen und bei allen hat sich die Lebensqualität verbessert. Durch das Erlebnisbad am Hotel kann nun seit zehn Jahren jeder schwimmen lernen. Vor dieser Zeit waren hier im Dorf fast alle Nichtschwimmer.“

      Nun fragte die Reporterin weiter: „Dann organisieren Sie auch die Belegung der Ferienhäuser durch die Touristen?“

       „Nein, das macht Andrea Aglund. Sie ist die offizielle Koordinatorin der Touristen in unserem Dorf. Sozusagen das Gegenstück zur Rezeption des Hotels. Wenn Sie sie sprechen wollen, dann werden Sie sie am ehesten in ihrem Büro finden. Mich entschuldigen Sie jetzt bitte. Ich muss mich um das Fest kümmern.“

       „Danke, Bürgermeister!“

      Olaf verließ die Reporterin, die jetzt zu Andrea ins Büro ging. „Sie sind Andrea Aglund, die Touristen-Managerin im Dorf?“ „Ja, und wer sind Sie?“, fragte Andrea.

       „Wir kommen vom norwegischen Fernsehen und hätten ein paar Fragen an Sie. Haben Sie etwas Zeit für uns?“

       „Ja, wenn es nicht zu lange dauert.“

      Die Reporterin begann: „Wir haben von Ihrem Bürgermeister gehört, dass Sie hier dem Hotel am Fjord regelrecht Konkurrenz machen.“

       „Das hat unser Bürgermeister gesagt?“

       „Nicht direkt, aber so könnte man es doch verstehen, wenn Sie hier die Touristen betreuen.“

      Andrea lachte und sagte: „Ganz und gar nicht. Im Gegenteil! Wir arbeiten nicht gegeneinander, sondern eher Hand in Hand. Der Direktor des Hotels ist übrigens mein Mann.“

       „Ach, so ist das? Da hat er Ihnen diese Stellung verschafft?“

       „Aber nein. Ich bin von der Auftragsfirma noch vor den Baumaßnahmen als Koordinatorin eingesetzt worden. Am Anfang war das eine einfache Arbeit, die auch nicht sehr hoch bezahlt wurde. Erst später mit dem Anreisen der ersten Touristen erhöhte sich der Aufwand und damit auch mein Verdienst. Mein Mann war damals noch in der Rezeption des Hotels beschäftigt. Dass er heute Direktor des Hotels ist, war damals noch nicht abzusehen.“

       „Und wie sind Sie dann zu dieser Stellung gekommen?“

       „Der Mann meiner Schwester hat sich bei der Firma, für die ich arbeite, für mich verwendet. Er ist Deutscher.“

       „So haben Sie das alles ihm zu verdanken?“

      Andrea lächelte geheimnisvoll und meinte: „Er hat in der Firma eine leitende Funktion und mich dort vorgeschlagen. Ich hatte damals keine Arbeit, wie viele hier im Dorf. So war ich froh, diese Arbeit zu haben, auch wenn sie mich damals noch nicht ernährte. Wir waren vor zehn Jahren alle noch recht skeptisch und konnten uns nicht vorstellen, was aus dieser Umgestaltung unseres Dorfes werden würde. Heute sind wir dieser deutschen Initiative sehr, sehr dankbar. Ohne sie wäre Håp Land immer noch das kleine, unbedeutende Dorf mit Einwohnern, von denen viele sehr bescheiden leben müssten.“

       „Aber irgendwo muss doch der Ursprung des Wunders von Håp Land sein! Irgendetwas muss doch diese Verwandlung ausgelöst haben?“

      Wieder lächelte Andrea. „Ja! So verrückt das klingt, es war die Liebe eines Deutschen zu Håp Land. Er kam am Anfang des Jahres 2000 rein zufällig in unsere Gegend und wohnte damals in unserem Hotel, welches zu dieser Zeit auch noch eine unbedeutende Rolle spielte. In seinen zwei Urlaubswochen hat ihn die Liebe erreicht und er hat dann in seiner Firma Impulse gesetzt, die zu diesem Ausbau unseres Dorfes führten. Für uns war er ein Segen.“

       „Darf ich den Namen dieses Mannes erfahren?“

       „Bitte verzeihen Sie mir, wenn ich Ihre Frage nicht beantworten kann. Er mag den Medienrummel nicht.“

      Die Reporterin gab noch nicht auf: „Aber diesem Deutschen müsste man ein Denkmal setzen. Ohne Namen geht das natürlich nicht. Wollen Sie uns nicht doch seinen Namen verraten?“

      „Oh nein. Ich liebe diesen Mann und würde nie etwas gegen seinen Willen tun.“ „Aber sagten Sie nicht, dass Sie mit dem Hoteldirektor verheiratet sind?“ Andrea lachte. „Natürlich bin ich das und wir sind sehr glücklich. Mein Mann liebt diesen Deutschen genauso wie ich. Er ist uns ein guter Freund. Einen Menschen zu lieben heißt doch nicht, dass man dabei eine Partnerschaftsbeziehung eingeht. Liebe ist etwas, das im Herzen stattfindet. Liebe ist etwas, das das Herz öffnet. Dabei ist es völlig uninteressant, ob dieser geliebte Mensch Vater, Mutter, Bruder, Schwester, Sohn, Tochter, Verwandter oder Nicht-Verwandter ist. Hier in Norwegen ist es ungewöhnlich, wenn man sagt, dass man einen Deutschen liebt. Aber gerade an unserem Beispiel kann man sehen, was die Liebe zwischen Deutschen und Norwegern bewirken kann. Wir sollten alle die Geschichte nicht vergessen, sie aber nicht auf die heutigen Deutschen projizieren. Die meisten Deutschen von heute sind erst nach dem Krieg geboren und können nichts für ihre Vorfahren. Wir wollen uns doch auch nicht ständig vorwerfen lassen, was die Wikinger einst mit anderen Völkern machten.“

      „Ein sehr interessanter Gedanke, den Sie da aussprechen. Ich danke Ihnen für das Interview.“ Die Reporterin verließ das Büro von Andrea.

      Nun versuchte sie ihr Glück in der Bäckerei. Doch dort traf sie niemanden an. So ging sie zurück zur Festwiese und fragte sich zu Mike und Wenke durch. Nach einigen Fehlversuchen fand sie dann die beiden und sprach Mike an.

       „Sie sind hier die Betreiber der Bäckerei?“

       „Ja. Warum fragen Sie?“

       „Nun, es ist doch ungewöhnlich, dass eine so große Bäckerei aus dem Nichts entsteht. Oder hatten Sie auch Hilfe?“

       „Da muss ich weit ausholen. Den Grundstein für die Bäckerei legte meine Frau. Sie bekam vor zehn Jahren diese Möglichkeit mit einem Kredit der Firma, die auch die Ferienhäuser finanzierte. So hat meine Frau damals angefangen. Ich bin Deutscher. Das hört man sicher am Akzent. Ich bin später nur dazugekommen, um für die Urlauber deutsche Rezepte in die Bäckerei zu geben. Dass wir mal heiraten würden, war damals überhaupt nicht geplant. Nach unserer Hochzeit habe ich die Bäckerei als Meister übernommen. Deshalb können wir auch Lehrlinge ausbilden.“

       „Sie haben auch zwei Verkaufswagen. Wozu haben Sie diese angeschafft?“

       „Es gibt in unserer Umgebung Dörfer, die überhaupt keine Möglichkeit zum Einkaufen haben. Um diese Menschen zu versorgen, haben wir diese Verkaufswagen angeschafft. Deshalb bieten wir auch ein begrenztes Sortiment an normalen Lebensmitteln an.“

       „Das ist eine sehr lobenswerte Initiative. Ich danke Ihnen.“

      Das Fernsehteam ging nun rüber zum Hotel. Sven erwartete sie schon und erklärte ihnen, dass es zwischen dem Hotel und dem Urlauberdorf keine Konkurrenz gebe. Da seine Frau die Organisation im Dorf übernehme, arbeiteten Dorf und Hotel, wenn es um Touristen gehe, immer zusammen. Sven wies auch darauf hin, dass durch das Freizeitbad zusätzlich Touristen nach Håp Land kämen.

      Mit einem Gesamteindruck der Festwiese beendete das Fernsehteam seine


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