Vinus und das Auge der Zyklopen: Die Abenteuer der Koboldbande (Band 4). Jork Steffen Negelen

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Vinus und das Auge der Zyklopen: Die Abenteuer der Koboldbande (Band 4) - Jork Steffen Negelen


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wollte das Fenster öffnen, doch die Magd war sofort dagegen. „Bitte nicht Herr Kobold, wenn das die Stadtwachen sehen, dann werden sie kommen und wir müssen eine Strafe zahlen. Es ist streng verboten, in der Nacht ein Fenster zu öffnen.“

      Vinus war jetzt sehr verwundert. „Ich war vor vielen Jahren schon ein Mal in dieser Stadt, aber damals gab es solche Verbote nicht. Hier hat sich seit dem vieles verändert.“ Die Magd nickte hastig und verließ das Zimmer.

      Vinus sah zum Fenster. Er konnte durch einen Spalt zwischen den Fensterklappen auf die Straße schauen. Es war niemand zu sehen. Er setzte sich auf das Bett und sah in die Dunkelheit der kleinen Kammer. Seine Gedanken wanderten zu dem Tempel, in dem Theodora, die Königin von Bochea herrschte. Ihr wollte Vinus den Becher geben. Er hoffte, dass sie mit ihrer Weisheit die Veränderung seines Bechers erklären konnte.

      Der Kobold zog seinen Mantel aus und legte sich hin. Seine Gedanken kreisten um den Tempel und der Königin. Der Schlaf überkam ihn und bald war nur noch ein gleichmäßiges Schnarchen zu hören.

      Mitten in der Nacht wachte Vinus jedoch auf. Ein Geräusch ließ ihn in die Höhe fahren und er sah durch den Spalt zwischen den Fensterklappen auf die Straße. Im Schein des Mondlichtes konnte Vinus zwei Gestalten erkennen. Der eine war groß und schlank, der andere eher klein und von breiter Gestalt. Vinus rieb sich den Schlaf aus den Augen. Waren diese beiden Kerle nicht der Obinarer und der blaue Gnom. Er hatte sie im Schankraum gesehen.

      Die Neugierde plagte sofort den Kobold und er wollte wissen, was sie mitten in der Nacht trotz Sperrstunde auf der Straße zu suchen hatten. Er sah, wie die Beiden in die Richtung des Tempels davon schlichen. Vorsichtig öffnete Vinus das Fenster und er sprang auf die Straße. Mit einem magischen Wink schloss er das Fenster wieder. Dann schlich er dem Obinarer und dem Gnom nach. Drei Mal mussten sie sich vor den Wachen der Elfen verstecken. Für Vinus wäre es leicht gewesen, Alarm zu schlagen, doch er tat es nicht. Er wollte wissen, was die anderen vorhatten.

      Je näher sich der Obinarer und der Gnom an den Tempel schlichen, des so heller wurde die Umgebung durch die Fackeln der Wachen. Doch sie kamen unerkannt in den Hinterhof eines Hauses an, das dem Tempel direkt gegenüberstand. In der Mitte des Hofes stellten sie sich hin und der blaue Gnom zog eine magische Rute aus einer Tasche seines Mantels. Vinus war mit seiner Flugschale das letzte Stück des Weges geflogen und leise auf dem Dach des Hauses gelandet. Jetzt konnte er das erste Mal einem blauen Gnom bei seiner Arbeit zusehen. Der Kobold ahne, was jetzt geschehen würde.

      Mit der magischen Rute hatte der Gnom eine große Wasserader gefunden. Durch eine Beschwörung ließ dieser Gnom ein Loch im Boden des Hofes entstehen. Sie stiegen hinein und das Loch verschloss sich hinter ihnen. Es sah aus, als wären sie nie hier gewesen. Vinus wusste nun, was zu tun war. Jetzt musste er die Wachen alarmieren.

      Mit seiner Flugschale landete er direkt vor dem Lagerfeuer einiger Wachen am Tor des Tempels. Den verdutzten Kriegern rief er zu. „Gebt Alarm, es sind zwei gefährliche Diebe in den Tempel eingedrungen!“

      Sofort dröhnte ein Horn durch die Stille der Nacht und Fürst Silberhand kam mit weiteren Kriegern angelaufen. Vinus rief ihm zu, das er den Tempel unbedingt nach den beiden Dieben durchsuchen sollte. Der Fürst teilte seine Krieger in mehrere Gruppen ein und rief dem Kobold zu. „Folge mir, einen Kobold wie dich kann ich jetzt gut gebrauchen.“

      Vinus flog einfach dem davoneilenden Fürsten hinterher. Im Tempel wurde es immer lauter. Waffen klirrten und die Rufe der Wachen waren weithin zu hören. Ihre Stiefel stampfen auf den Boden auf und die Königin Theodora erschien im großen Saal. Ihre Dienerinnen hielten Fackeln in den Händen und ihr Ruf hallte durch den Tempel. „Fürst Silberhand, könnt Ihr mir erklären, was dieser nächtliche Lärm zu bedeuten hat?!“

      Der Fürst lief zur Königin und verbeugte sich kurz. „Ein alter Freund beehrt uns mit seiner Anwesenheit und zeigt uns, wie nützlich er uns sein kann. Seht, hier ist der Kobold Vinus. Er hat zwei Diebe entdeckt. Sie sollen sich bereits im Tempel befinden. Jetzt suchen wir sie.“

      Die Königin schaute verwundert zu Vinus. Der schwebte immer noch mit seiner Flugschale im Saal. Der Kobold grüßte mit einer Handbewegung. „Verzeiht die Störung zu dieser Stunde, verehrte Königin, aber Euer Tempel ist in Gefahr. Ein blauer Gnom und ein Obinarer sind durch eine Wasserader in Eure heiligen Hallen eingedrungen. Bestimmt sind sie schon in den Gewölben und suchen nach Beute. Der Gnom hat eine magische Rute bei sich. Das ist ein gefährliches Ding.“

      Die Königin war entsetzt. „Was, wir haben Diebe im Gewölbe? Oh nein, so einen Frevel lasse ich nicht zu! Wo ist meine Tochter Helena?! Wir müssen zum Wächter, die Tafel ist in Gefahr!“

      Die Prinzessin zog ihre Mutter am Ärmel ihres Mantels. „Ich stehe genau hinter dir, Mutter. Jetzt beruhige dich und lass mich mit dem Schlüssel vorausgehen.“

      Die Prinzessin nahm ihre Mutter an die Hand und zog sie zur Mitte des Saals. Dort führte eine steile Wendeltreppe in das Gewölbe des Tempels. Der Königin und ihrer Tochter folgten der Fürst und der Kobold. Dann kamen die Wachen und die Dienerinnen.

      Helena öffnete mit einem großen Schlüssel das Tor zum Gewölbe. Dieses Gewölbe war groß und die Gänge verzweigten sich immer wieder. Ohne einen Plan würde man sich früher oder später hier verlaufen. Um sich nicht zu verirren, hatten die beiden Eindringlinge einen sicheren Weg gewählt. Die Wasserader führte sie direkt zu einer Grotte, durch die das Wasser hindurchfloss. Die Feen nannten sie die Quellengrotte.

      Völlig durchnässt kamen der Obinarer und der Gnom in dieser Grotte an. Mit der Hilfe seiner magischen Rute konnte der Gnom die finstere Grotte beleuchten. Außer zwei großen Löchern, durch die das Wasser hinein und wieder hinaus floss, gab es noch drei Türen. Die ersten beiden Türen waren klein und unscheinbar. Die andere Tür war dagegen groß und breit. Hinter dieser Tür vermuten die beiden Diebe einen besonderen Schatz. Gerade wollte der Gnom mit seiner Rute die große Tür öffnen, da sprang eine der beiden kleinen Türen auf und die Königin stürmte mit ihrem Gefolge in die Grotte. Sofort warf sie mit ihren Zauberkräften die Eindringlinge zu Boden und die Wachen stürzen sich auf sie. Gefesselt an Händen und Füßen wurden sie davon getragen.

      Erstaunt schaute der Kobold den Wachen nach. Er hatte eigentlich mit etwas mehr Gegenwehr gerechnet. Dass sich diese Kerle so einfach fangen ließen, das hätte er nicht gedacht.

      Einige Minuten später standen die beiden Übeltäter im großen Saal des Tempels vor der Königin. Grimmig sah sie sich die dreisten Gestalten an. Sie setzte sich auf ihren Thron und sprach zu ihnen. „Was jetzt auf euch für eine Strafe zukommt, das könnt ihr Diebe euch doch denken. Wir werden euch morgen vor der Stadt hängen lassen. Das ist mein Urteil für euch Verbrecher.“

      Fürst Silberhand mischte sich sogleich ein. „Entschuldigt, meine Königin, doch dieses Urteil könnt Ihr nicht verhängen. Das wäre zu hart, trotz der nächtlichen Aufregung. Sie haben keinen Schaden verursacht und Ihr habt sie noch nicht einmal angehört.“

      Die Königin sah den Fürsten überrascht an. „Wollt Ihr, Fürst Silberhand, mir damit sagen, dass ich kein gerechtes Urteil gefällt habe? Oder wollt Ihr mich über unsere Gesetze aufklären?“

      Vinus erkannte die Feindseligkeit im Blick des Fürsten und er spürte die Kälte in seiner Stimme, als er der Königin antwortete. „Lasst es für heute Nacht genug sein, Königin Theodora. Eure Schätze sind sicher verwahrt und es gibt keinen Grund für Eure unnötige Härte. Ich werde diese beiden Diebe in Gewahrsam nehmen und sie in sieben Tagen aus der Stadt werfen lassen. So ist das Gesetz und so soll es geschehen.“

      Die Königin erhob sich von ihrem Thron und auch ihr Blick gab ihre Wut wieder. Trotzdem sprach sie unerwartet ruhig. „Fürst Silberhand, ich habe mich wohl etwas von meinem Zorn hinreißen lassen. Natürlich werden sie bestraft, wie Ihr es sagtet. Ich ziehe mich jetzt in meine Gemächer zurück.“ Sie gab ihrer Tochter einen Wink und ging.

      Die Prinzessin kam auf Vinus zu und lächelte ihn an. „Meine Mutter würde sich gern mit dir unterhalten. Jetzt zu Bett zu gehen hat keinen Sinn mehr. Die Nacht ist gleich vorbei und nach dieser Aufregung kann die Königin nicht mehr schlafen.“

      Vinus


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