Ausgewählte Briefe. Gregor der Große

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Ausgewählte Briefe - Gregor der Große


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daß ihnen jederzeit nach dem öffentlichen Marktpreis, es mag nun viel oder wenig Getreide gegeben haben, die Ablösung gestattet werde.90 Was aber von Getreidelieferungen durch Schiffbruch verloren geht, das soll ihnen durchaus angerechnet werden, unter der Bedingung jedoch, daß Du keine Nachlässigkeit bei der Übersendung begangen habest und nicht etwa der Schaden durch Deine Schuld entstanden sei, weil Du die rechte Sendungszeit91versäumt hattest.92 Für sehr unbillig und ungerecht haben Wir es aber befunden, daß man von den Bauern der Kirche noch Etwas über die 16 Theile eines Modius annimmt und man sie zwingt, den Modius nach einem größeren Maße zu liefern, als er in den kirchlichen Scheunen üblich ist. Deßbalb verordnen Wir durch gegenwärtiges Schreiben, daß man von den Kirch-Bauern nie einen größern Modius (Schäffel) als einen solchen, der 18 Sextare faßt, annehmen dürfe.93 Hievon werde jedoch die gewohnheitsmäßige Dazugabe für die Schiffer nicht berührt, da nach deren Angabe das Getreide auf dem Schiffe sich mindert.

      Auch haben Wir in Erfahrung gebracht, daß man an einige Landgüter der Kirche eine höchst ungerechte Forderung stelle, indem man den Pächtern von 70 Modien 3½ abverlangt; 94und auch Dieß ist noch nicht genug, sondern — man kann es kaum aussprechen, — aber wie man sagt, fordert man von ihnen unter dem Vorwand langer Verjährung noch Etwas darüber. Diesen Unfug verabscheuen Wir und wollen, daß er auf unsern Ländereien gänzlich abgeschafft werde. Deine Wohlerfahrenheit schätze ab, was von den Landleuten zu viel verlangt wird, sei es in Bezug auf Maß und Gewicht, oder hinsichtlich kleiner Gefälle, oder sonst gegen Recht und Billigkeit. Bringe Alles unter eine Abgabe zusammen und lasse, wie es der Landmann zu leisten vermag, als ganze und abgeschätzte Abgabe 2 Modien von 70 einliefern; weder eine Verkaufsteuer, noch ein höheres Maß, noch andere höhere Abgaben sollen von ihnen verlangt werden ausser jener Schätzungs-Abgabe; sondern nach Deiner Schätzung soll Jeder je nach seinem Vermögen seine Gesammtabgabe zugewiesen bekommen und so der schändlichen Ausbeutung ein Ende gemacht werden.

      Damit aber nicht nach meinem Tode jene Auflagen, die Wir als ungehörige aufgehoben und statt derer Wir den Schätzungs-Preis erhöht haben, 95wieder Jedem angerechnet werden und so einerseits der erhöhte Schätzungspreis bleibe, anderseits aber doch wieder die Nebenabgaben eingetrieben werben, so wollen Wir, daß Du über die abgeschätzte Gesammtabgabe einen Revers ausstellest, in welchem die Gesammtabgabe genau angegeben und dazu bemerkt ist, daß der Betreffende frei sei von Verkaufgebühren, Nebenabgaben und sonstigen kleinen Gefällen. Was von diesen kleinen Abgaben bisher dem Verwalter zu Gute kam, das soll, wie Wir hiemit befehlen, Dir aus der Gesammtabgabe zu Theil werden.

      Vor Allem wollen Wir, daß Du sorgfältig darauf Acht habest, daß ja bei der Einforderung der Abgabe kein ungerechtes Gewicht gebraucht werde. Findest Du irgendwo ein solches, so zerbrich es und setze ein neues und rechtes an dessen Stelle. Auch mein Sohn, der Diakon Servusdei, hat schon solche gefunden, die ihm mißfielen; ader er hattte nicht die Vollmacht zu einer Abänderung. Ausser dem schon oben Ausgenommenen und den geringen Kirchengefällen soll also Nichts von den Pächtern der Kirche über das rechte Gewicht gefordert werden.

      Ausserdem haben Wir erfahren, daß der erste Steuertermin Unsre Landleute in große Noth versetzt, weil man sie den Zins zu zahlen zwingt, noch ehe sie ihre Ernte verkaufen konnten. Wenn sie dann ausser Stande sind, aus ihrem Eigenen zu geben, so entlehnen sie bei öffentlichen Mäklern und geben noch bedeutendes Aufgeld für diese Aushilfe; so kommen sie in schwere Verluste. Deßhalb befehlen Wir durch Gegenwärtiges, daß Du nach Deiner Wohlerfahrenheit für diesen Zweck jeden Vorschuß von Amtswegen machest, den sie sonst bei fremden Leuten sich geben ließen, und daß ihnen gestattet sein solle, ihre Schuldigkeit ratenweise, wie sie es gerade vermögen, zu entrichten. Denn wenn man sie zur unrechten Zeit drängt, so müssen sie, was ihnen sonst zur Abgabe ausgereicht hätte, früher und billiger verkaufen, und dann reicht es ihnen nicht zu.

      Es ist Uns auch zugekommen, daß man bei den Heirathen der Landleute übermäßige Sporteln erhebe. In dieser Hinsicht verordnen Wir, daß keine Heirathssportel die Höhe eines Solidus96übersteigen solle. Wenn die Leute arm sind, sollen sie auch weniger geben dürfen; sind sie aber auch reich, so werde doch der genannte Solidus nicht überschritten. Auch soll diese Heirathssportel nicht in Unsre Kasse fließen, sondern zum Nutzen der Pächter verwendet werden.

      Auch ist Uns kund geworden, daß man mehrmals beim Tode der Pächter deren Eltern nicht gestatten wollte, als Erben in die Pacht einzutreten, sondern daß man das Erbgut zum Kirchenfond schlug. In dieser Beziehung bestimmen Wir, daß die Eltern der gestorbenen Pächter, wofern sie im Gebiete der Kirche leben, als Erben in die Pacht eintreten sollen, und es soll Nichts von dem Vermögen der Verstorbenen abgezogen werden. Wenn aber ein Pächter unmündige Söhne hinterläßt, so soll man zuverlässige Personen aufstellen, denen man ihr Elterngut zur Bewahrung übergeben kann, bis die Kinder das gehörige Alter erlangt haben, um ihr Vermögen selbst zu verwalten.

      Man hat Uns auch gemeldet, daß, wenn Jemand aus einer Familie einen Fehler begeht, man ihn nicht an seiner Person, sondern am Vermögen bestrafe. Wir befehlen deßhalb, daß jeder Schuldige an seiner Person nach Verdienst bestraft werde. Sein Eigenthum aber bleibe unberührt, das Wenige ausgenommen, was dem abgeordneten Gerichtsdiener zu geben ist.

      So haben Wir auch erfahren, daß man zwar von dem Pächter allzeit Dasjenige zurückfordert, was er auf ungerechte Weise seinem Unterpächter97entzogen hat, aber dasselbe dem Beschädigten nicht einhändigt. Deßhalb befehlen Wir, daß, was immer aus einem Hause gewaltsam entfremdet worden, dem Beschädigten zurückzuerstatten sei und nicht Uns zugewendet werden dürfe; denn Wir wollen nicht als Vorwand einer Gewaltthat erscheinen. Ausserdem ist es Unser Wille, daß die Diener Deiner Wohlerfahrenheit, wenn Du sie in vorkommenden Angelegenheiten ausserhalb des Kirchengutes sendest, zwar einige kleine Vortheile davon haben sollen, jedoch sollen dieselben nur ihnen selbst zu gute kommen; denn Wir wollen nicht, daß die Kirchenkasse durch schändlichen Gewinn verunreinigt werde. Auch befehlen Wir Deiner Wohlerfahrenheit, wohl darauf zu achten, daß die Verpachtung der Kirchenguter nicht nach dem Angebot des größern Pachtschillings geschehe, weil bei der ausschließlichen Rücksicht auf denselben ein zu großer Wechsel in den Pächtern veranlaßt wird. Wohin kommt es aber mit diesem Wechsel, als dahin, daß die Landgüter der Kirche unkultivirt bleiben? Ja ermäßige sogar die Pachtbriefe, wenn die Gesammtabgabe zu groß ist. Nimm nicht mehr in die Scheunen und Getreideböden aus den Landgütern der Kirche, als Gewohnheit ist. Was Wir aber für Dich anzuschaffen befohlen haben, soll hei Auswärtigen gekauft werden.

      Man hat Uns auch gemeldet, daß man dem Pächter Petrus von Suppatriana drei Pfund Gold ungerecht abgenommen habe; forsche den Defensor Fantinus vorsichtig über diesen Punkt aus, und wenn das Gold offenbar wider Recht und Gebühr abgenommen wurde, so gib es ungesäumt wieder zurück. Auch wissen Wir, daß die Steuer, welche Theodosius eingefordert, aber nicht abgeliefert hatte, von den Landleuten nochmals bezahlt worden ist, so daß sie doppelt besteuert wurden. Dieß geschah, weil das Vermögen des Theodosius nicht hinreichte, um den der Kirche zugefügten Schaden zu decken. Weil Uns aber Unser Sohn, der Diakon Servusdei, in Kenntniß setzt, der Schaden könne deßungeachtet aus seinem Vermögen hinreichend gut gemacht werden, so wollen Wir, daß den Landleuten 507 Solidi unverkürzt erstattet werden sollen, damit sie nicht als doppelt besteuert erscheinen. Wenn aber noch ausserdem jene 40 Solidi aus dem Vermögen des Theodosius übrig bleiben, die sich in Deinem Gewahrsam befinden sollen, so sollst Du dieselben seiner Tochter übergeben, damit sie ihr Eigenthum einlösen könne, das sie zum Pfand gegeben. Auch das Trinkgeschirr ihres Vaters soll ihr zurückgegeben werden.

      Der ruhmvolle Kriegsoberst Campanianus hat seinem Geheimschreiber Johannes eine Rente von 12 Solidi aus dem Varrontanischen Landgut hinterlassen; ohne alles Bedenken geben Wir Dir den Befehl dieselben jährUch der Nichte des Pächters Euplus auszubezahlen, obrwohl sie auch alles bewegliche Eigenthum des Euplus in Empfang genommen hat, das baare Geld allein ausgenommen; auch von diesem gib ihr 25 Solidi.

      Ein silberner Untersatz soll zu einem, ein Becher zu sechs Solidi angesetzt worden sein. Frage hierüber den Sekretär Dominikus oder Andere, die es wissen können, nimm die Schuld in Empfang und gib die genannten Geräthschaften zurück.

      Deiner Wohlbeflissenheit aber müssen Wir gar sehr danken, denn ich habe Dir in der Sache meines Bruders


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