Speyerer Altlasten. W. W. Pook

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Speyerer Altlasten - W. W. Pook


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grinsende Gesichter zu und legen mir eine handgeschriebene Liste vor. Das Schnittchen stellt sich mir quer im Hals. Ich huste und bereue bereits meine Frage.

      -Klosterbesichtigung mit Audienz bei Oberin Sr. Bryonia. Tatortbesichtigung und Befragung.

      -Besuch in der Löwengasse 13, Wohnsitz des verstorbenen Oskar Metzger, Putzfrau ist vor Ort.

      -Besichtigung des Nebenzimmers im Domnapf. Nachfrage, ob für heute Abend - Klassentreffen - alles gerichtet ist.

      -Kranzbestellung und Kirchendekoration für die Beerdigungen, zuvor Nachfrage beim Bestattungsunternehmen, ob die Leichen freigegeben sind.

      -Schorsch anrufen, ob er die Feierlichkeiten übernimmt.

      -Kontaktaufnahme zur Kripo LU Verknüpfungspunkte aufzeigen.

      -Hut kaufen für Gretchen.

      Änderungen vorbehalten.

      „Klosterbesichtigung und Tatortbesichtigung?“, frage ich über den Esstisch hinweg und ernte nur erstauntes Schnauben. Ich ziehe die Achseln hoch, weil mir der Zusammenhang noch immer nicht klar ist, und Gretchen geht ein Licht auf.

      „Kindchen, ich vergaß, dir zu erzählen. Wie konnte ich das nur vergessen? Drei Mädels aus unserer Abiturklasse gingen ins Kloster. Liesel, Maria und Johanna. Da, hinter dem Dom wo wir lange Zeit gemeinsam die Schulbank drückten. Sie traten ein in das Kloster zur hl. Bernadette und wurden Nonnen!“

      Ulla ergänzte Gretes Worte.

      „Es waren genau die drei, von denen das keiner je gedacht hätte. Wir fielen nach dem Lehrerstudium aus allen Wolken, als die Mädels uns das verkündeten. Ich weiß noch, dass ich Gretchen sofort nach Heidelberg schrieb, aber die hatte noch schlechtere Nachrichten. Sie hatte bereits die Koffer gepackt für Holland!“

      Wieder Gekicher wie von kleinen Schulmädchen und ich schiebe das Blatt von mir weg.

      „Wenn ich das alles recht verstehe, so waren die ersten Opfer Nonnen aus einem Speyerer Kloster zur hl. Bernadette?“

      „Genau richtig erkannt!“, ruft Ulla,

      „Und in welcher Beziehung stand der getötete Mann zu ihnen?“

      „Na das ist doch der springende Punkt!“, schreit Ulla, dass mir die Ohren tönen.

      „All die aus unserem Abiturjahrgang, sechs Stück, zwei Buben und vier Mädchen, arbeiteten von der Uni weg im Kloster zur hl. Bernadette. Das war eine Sensation, sag ich dir. Männliches Lehrpersonal an einer Mädchenschule, einer Klosterschule und auch noch mit Internat!“

      Ich kann die Sensation nicht mal halbwegs erahnen, von der Ulla hier so aufgeregt berichtete und stehle mich aus der Situation mit der Frage:

      „Und wer ist der Schorsch?“

      „Na, der Schorsch ist der Domdekan von Speyer, Georg Schmidt, auch ein 38er. Der soll die Beerdigungen und die Feierlichkeiten übernehmen!“

      Langsam ziehe ich mich aus den Tagesplanungen zurück, denn die fordern mein Sprachverständnis zu sehr. Nur ein Hellseher könnte den Abmachungen und Planungen der alten Mädchen folgen, die von mir viel zu viel Wissen voraussetzen. Domdekan Schorsch, wie sollte ich auf dessen richtigen Namen schließen können?

      Mit einer weiteren Tasse Kaffee gehe ich zum Fenster, das mir den Blick zum Dom bei Tage präsentiert.

      Ein herrlicher Julitag ist angebrochen und die ersten Fußgänger sind unterwegs. Ein kleiner Mann mit schütterem Haar blickt lange zu mir herauf und schließlich winkt er freundlich und zieht seinen Hut vor mir. Lächelnd winke ich zurück und werde irgendwie das Gefühl nicht los, dass ich den Mann nicht zum letzten Mal gesehen habe. Er verschwindet in Richtung des Denkmals des Jakobspilgers, der auf dem Weg nach Santiago de Compostella seinen Standort auf dem gegenüberliegenden Gehsteig nie verändert.

      Die Schulkinder radeln unter mir vorbei, obwohl es erst zwanzig Minuten vor acht Uhr ist. Ihre Sprache verstehe ich kaum, ansonsten unterscheiden sie sich nicht von den Kindern meiner Heimat.

      „Kindchen!“, ruft Grete, „Mach dich fertig, wir wollen gleich los!“

      In der Küche höre ich Geschirrklappern und meine Tasse stelle ich in den Spülautomat dazu. Ulla verschwindet in ihrem Zimmer und ruft mir zu, als wäre ich ein Kind:

      „Wird heiß heute, Ingerchen, die Rheinpfalz meldet Temperaturen bis 30° C. Wenn du gelüftet hast, schließ die Fenster und zieh’ die Vorhänge zu, damit die Hitze draußen bleibt, ja?“

      „Aye, aye, Käp’ten!“, rufe ich als Antwort und wieder antwortet mir das Altweibergekichere.

      Vor der Ausgangstür werde ich erwartet und Ulla sowie Gretchen zupfen an meiner Bluse, mustern mich von oben bis unten und befinden mein Aussehen als passabel, dann erst darf ich auf die sonnenbeschiene Hauptstraße treten.

      Mein Herz schlägt höher, als ich bemerke, dass Ulla im Sturmschritt auf den Dom zu marschiert, die Straße überquert und schnurgerade weiter rennt.

      Ich sehe bereits nach links und rechts, um die Straße vor dem Dom zu überqueren, da packt mich Ullas kräftige Hand am Arm und zieht mich links herum.

      „Hier lang, Kleines, da drüben ist das Kloster!“

      Enttäuscht folge ich den beiden und finde keine Zeit, die schönen Häuser zu betrachten, an denen wir vorbeirennen.

      „Was ist das für ein Haus?“, frage ich, ernte aber nur ein schnödes:

      „Später, Ingerchen!“

      Am Speyerbach klammere ich mich am Geländer fest. Das fließende Wasser fesselt meinen Blick. Ich ahne mehr die gefährliche Unterströmung, als ich sie sehen kann, aber das beständige Rauschen ist für mich deutlich genug und Musik in meinen Ohren. Gesäumt von Kastanienbäumen, die ihre halbreifen Früchte zur Sonne strecken, fließt der Bach dem Rhein zu.

      Das ungeduldige Schnauben der Damen reißt mich vom Geländer los und ich folge ohne Halt durch das große schmiedeeiserne Tor in den Klostervorhof.

      Kühle umfängt mich und vollkommene Ruhe. Das leerstehende alte Schulgebäude lassen wir zur Rechten und nähern uns der gläsernen Pforte, da sehe ich eine Gartenbank zwischen Rosen und Lavendelbüschen, die den Eingang in einen großen Gemüsegarten bilden.

      Ich verschwinde, bevor die Freundinnen mein Fehlen bemerken, und lasse sie allein mit der Priorin sprechen.

      Noch einmal erinnere ich mich selbst an meinen Beschluss, nicht in die polizeilichen Ermittlungen einzusteigen, denn ich bin als Touristin in der Stadt, schlimm genug, dass die Alten sich einmischen.

      Da sitze ich nun und genieße die Natur im Klostergarten. Gedämpft höre ich lateinischen Kirchengesang ohne Orgelbegleitung.

      Mein Blick schweift über die nahe Umgebung. Pfirsichbäume stehen nahe an einer alten Mauer, dann Beete gefüllt mit Gemüsen aller Art und rechter Hand Obststräucher. Heimische Blumen blühen dazwischen und Kräuter, dann folgen lange Salatbeete.

      Der anschließende Schuppen ist mit Plastikbändern abgesperrt und ich ahne, dass hier einer der abscheulichen Morde passiert sein muss.

      Schnell fliegt mein Blick weiter und ich treffe auf ein braunes Augenpaar in einem jungen Gesicht, umrahmt von braunen Locken, die zu einem Zopf gebunden sind.

      Erst die grüne Mütze lässt mich erkennen, dass ich einer Polizistin gegenübersitze, die mich neugierig mustert.

      „Guten Morgen!“, sagt die junge Beamtin recht freundlich und ich grüße zurück.

      „Sind sie mit dem Opfer verwandt?“

      Ich verneine.

      „Presse?“

      Erneut schüttle ich den Kopf, worauf die Polizistin einen Block aus ihrer Tasche zieht und meinen Personalausweis verlangt.

      Jetzt bin ich auch noch verdächtig und ich habe wohl zu stark gegrinst,


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