Tatort Rosenheim. Heinz von Wilk

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Tatort Rosenheim - Heinz von Wilk


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dem »Wild Wild West« standen vier oder fünf Autos, und Max stellte sich neben einen dunkelroten Camaro mit überbreiten Reifen auf Chromfelgen.

      Die Chilischote über dem Eingang sah im hellen Tageslicht verwelkt aus, und die Zellentür war verkratzt und rotfleckig. Max hämmerte an das Metall, kurz darauf öffnete der riesige Finne im pflaumenfarbigen Polyester. Diesmal trug er ein leuchtend gelbes Hemd unter dem Anzug.

      Max schaute zu dem Kerl auf: »Bist du noch größer geworden oder bin ich eingegangen?«

      Der Kerl grunzte, was der Auer als einen Heiterkeitsanfall deutete, und trat zur Seite. Der Zwerg saß an demselben Tisch wie neulich. Er winkte, und als Max näher trat, sagte er: »Setz dich ein bisschen zu uns, der Chef hat Besuch. Eine Besprechung, dauert aber nicht mehr lange.«

      »Wem gehört der rote Camaro da draußen?«

      »Einem unserer zukünftigen Hauptdarsteller. Einem echten Filmstar.«

      »Beim richtigen Film oder bei euren Rein-und-raus- Produktionen?«

      Der Kleine hob einen Zeigefinger: »Der kommt vom Fernsehen. Der hat schon in zwei Tatorten die Leiche gespielt. Weil er tot gucken kann, ohne zu blinzeln. Der Chef will ihn unbedingt für eine Leberkäs-Produktion.«

      »Als blinzelfreie Leiche?«

      Der Kleine verdrehte die Augen: »Als dauergeilen Senner, der eine Gruppe hübscher Wanderinnen kunstvoll wegrammelt. Im Heu, auf der Alm und auf einer Bergwiese mit Blick auf die Kampenwand. Künstlerisch wertvoll, das ist das Zauberwort. Mit dem Streifen will der Chili im nächsten Jahr auf diese Festivals. Nizza, Cannes oder Venedig, vielleicht sogar Altötting. Dahin, wo die ganz großen Stars immer gehen.«

      »Ah ja. Habt ihr schon einen Namen für euren Blockbuster?«

      Der Kleine beugte sich über den Tisch: »Muss aber unter uns bleiben, ja? Der Chili sagt, das ist alles noch top secret. Kannst du schweigen?«

      Auer fuhr sich mit Zeige- und Mittelfinger über den Mund und machte das »Reißverschluss-Zeichen«. »Sag an!«

      »Brez’n-Gangbang, Part one.«

      Jetzt hat der Auer natürlich einen Lacher unterdrücken müssen, aber als Polizist, und natürlich speziell als Ex-Polizist, da musst du das auch können. Er machte ein ernstes Gesicht: »Spielt ihr auch mit?«

      »Mehr indirekt. Wir sind an den Scheinwerfern, schieben das Dolly-Dings, weißt schon, das ist so ein Schlitten auf Rädern, wo der Kameramann drauf sitzt und so weiter. Extrakohle gibt es nicht, hat der Chili gesagt, aber unsere Namen kommen im Abspann. So was merken sich die Leute, hat er gesagt. Da werdet ihr zu Stars in der Szene, meint er. Meinst du, das stimmt? Das mit den Stars? Ehrlich jetzt?«

      Auer nickte: »Da hat er wohl recht. Aber ihr braucht dann natürlich gute Künstlernamen. Zufälligerweise kann ich euch da helfen, weil ich mich mit so was auskenne. Pass auf: Danny und Arnold, die Red-Light-Twins. Na, wie findest du das?«

      Der Kleine schaute den Riesen an, der machte ein paar schnelle Handbewegungen und schaute fragend.

      Der kleine Mann kratzte sich am Kopf: »Er meint, wer ist Danny und wer ist Arnold, und warum überhaupt?«

      »Mann, weil du aussiehst wie Danny DeVito und er wie der Arnold Schwarzenegger. Jedenfalls, was Größe und Muskeln anbelangt. Nein, stimmt nicht, dein Kumpel hier ist ja fast zwei Meter groß. Aber lasst euch das mal auf der Zunge zergehen: Danny und Arnold. Klingt doch scharf, oder? Ab jetzt nenne ich euch so, damit ihr euch an eure Künstlernamen gewöhnt. Denn wenn euch auf so einem Festival plötzlich die Angelina Jolie, die Charlize Theron oder eine andere Sexbombe anspricht, dann müsst ihr auf eure Namen reagieren, kapische?«

      »Brauchen wir dann nicht auch bunte Autogrammkarten?«

      »Auf jeden Fall. Hey, kannst du mal fragen, wie lange die da drinnen noch machen?«

      Danny grinste: »Klar, ich schau mal rein. Willst du was trinken? Ich hol uns was.«

      »Yep, ein kleines Bier, dann stoßen wir gleich auf eure neuen Namen an.«

      Danny rief dem Mädel hinter der Bar zu: »Bring mal drei Pilsos, Schöne. Und mit Liebe gezapft, wir haben nämlich was zum feiern!«

      Er verschwand im hinteren Teil der düsteren Kneipe, und Auer hörte, wie er an eine Tür klopfte. Dann Gemurmel, und wenige Sekunden später war Danny wieder am Tisch: »Die sind so gut wie durch. Nur noch ein paar Minuten.«

      Auer zeigte mit dem Daumen über die Schulter: »Wem gehören denn die anderen Schlitten vor der Tür?«

      Danny sagte: »Na ja, der Star hat natürlich seinen Manager dabei, einen Stylisten und einen Kerl, der sich um alles kümmert, was er so braucht beim Dreh. Personal Assistant, so heißt der.« Und zu Arnold: »Holst du mal die Biere?«

      Der Riese grummelte was Unverständliches, machte ein paar schnelle Handbewegungen und hievte seinen massigen Körper aus dem Stuhl. Dann humpelte er in Richtung der Bar.

      »Was hat er gesagt?« Auer schaute dem Mann nach, der offensichtlich den linken Fuß nachzog.

      »Er muss noch schnell ein paar Brownies ausliefern, aber das liegt auf seiner Strecke.«

      Auer zog die Brauen hoch: »Hat er noch einen Nebenjob?«

      Danny grinste: »Nein, das heißt, er geht aufs Klo, verstehst du?«

      »Wow, so was von witzig. Echt gut. Sag mal, kann Arnold reden? Verstehen tut er dich offensichtlich. Aber das, was er dann vor sich hin grummelt und knurrt, also, da hab ich keine Peilung, was er damit meinen könnte.«

      Der kleine Mann beugte sich über den Tisch: »Pass auf, der Mann ist Finne. Die reden eh nicht gerne viel, weil das Land so dünn besiedelt ist. Außerdem ist er stumm. Oder so was Ähnliches. Er kann dich hören, versteht unsere Sprache ganz gut, aber mitteilen muss er sich über seine Hände. Ich hab mir die Pfotensprache im Lauf der Jahre draufgeschafft, und wir beide kommen ganz gut damit klar.«

      »Stumm, was? Und er humpelt. Hatte er einen Unfall?«

      Danny schaute sich um, aber Arnold war immer noch auf dem Klo.

      »Er will nicht, dass man drüber redet. Aber dir kann ich es sagen. Bleibt aber unter uns, ja? Indianerehrenwort?«

      Auer nickte mit ernster Miene und hob zwei Finger.

      »Also, diese Finnen auf dem Lande, die haben ja alle so was wie eine Sauna im Hof. Der Arnold war aber als Jugendlicher mal in Amerika, und da hat er diese indianischen Schwitzhütten gesehen. Er hat da auch eine von diesen Squaws in einem Reservat kennengelernt. White Buffalo Woman, die war fast genauso groß und schwer wie er, hat er mir mal erzählt. Schwere Knochen, aber Liebe auf den ersten Blick. Und die hat ihm so ein Inipi gebaut.«

      »Was ist ein Inipi? Eine Sauna?«

      »Nein, das ist eine Kuppel aus Weiden- oder Haselnussästen, halbrund, mit Fellen drüber. Vielleicht 1,50 Meter hoch und zwei bis drei Meter im Durchmesser. In der Mitte von dem Ding wird ein Loch in den Boden für die heißen Steine gegraben. Die Steine werden erst in einem Feuer vor der Hütte erhitzt, bis sie glühen. Dann bringt man sie in das Loch drinnen. Da kommen dann Kräuter drüber und etwas Wasser oder so.«

      Auer schloss geduldig die Augen und der Kleine sagte: »Jetzt warte, das gehört alles zur Story. Also, mein Kumpel baut sich so was in Finnland, er wohnt ja alleine irgendwo in den Pampas, umgeben von Wäldern und so. Eines Tages macht er im Morgengrauen ein Feuerchen und geht in das Schwitzzelt, weil er die Steine rausholen will. Die sind immer noch ein bissel warm. Das hat sich auch der Braunbär gedacht, der in der kuscheligen Hütte übernachtet hat.«

      »Ein echter Bär?«

      »Und was für einer. Ein Weibchen, genau genommen. Die sind noch viel fieser als die Männchen. Genau wie bei uns. Also, der Mann, der ab jetzt Arnold heißt, stolpert schreiend rückwärts aus der Hütte. Der Bär nimmt das Geschrei persönlich und denkt, hey, der flirtet mit mir, und brüllt seinerseits los. Arnold fällt hin, der


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