Tatort Rosenheim. Heinz von Wilk

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Tatort Rosenheim - Heinz von Wilk


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und Danny übersetzte: »Er meint, bis vor ein paar Stunden hättest du mit dem Teil auf dem Teller sogar noch reden können.«

      Auer ließ sich in einen der Stühle fallen: »Na dann, Mahlzeit. Ihr habt ja gehört, was euer Boss gesagt hat. Hier meine Frage: Wo wart ihr mit dem Brunner, ihr wisst schon, dem Bankmenschen, zum Zocken?«

      »Warum?«

      Auer beugte sich vor: »Pass auf, ich frage, du antwortest. So geht das Spiel. Du weißt ja, dass ich bis vor Kurzem noch bei der Bullerei in München war. Ich will mal so sagen: Wie zwei Heilige seht ihr nicht aus. Deswegen möchte ich euer Freund sein, damit ihr wieder auf den Weg der Tugend kommt. Als Stars beim Film und so, okay?«

      Danny und Arnold nickten.

      »Sehr gut. Passt auf: Es gibt da eine neue Risikosportart, die heißt ›Athletisches Schweigen‹. Das machen wir jetzt. Ich rede, keiner unterbricht mich, und wenn ich fertig bin, will ich eine übersichtliche Antwort. Wenn’s geht, in ganzen Sätzen. So weit klar?«

      Danny kratzte sich am Ohr: »So weit ja. Fang an.«

      »Der Chili hat mir so ziemlich alles über den Brunner erzählt. Auch, dass er auswärts zockt. Und ihr beide habt ihn gefahren und aufgepasst, dass er keine über die Rübe kriegt, wenn er ausnahmsweise mal gewonnen hat. Von der Sissi und dem Brunner weiß ich auch. War die jemals bei seinen Touren dabei?«

      Danny schüttelte den Kopf.

      »Also nicht. Gut. Hatte der Brunner Stammplätze, wo er gerne gezockt hat? Wo wart ihr zuletzt mit dem Brunner? Wann war das?«

      Danny starrte den Auer Max ausdruckslos an und schnitt dann merkwürdige Grimassen mit geschlossenem Mund.

      Max beugte sich vor: »Hallo? Mein Hübscher, ist das jetzt eine Pantomimennummer, die du da abziehst?«

      »Ja. Weil ich dachte, wer zuerst redet, verliert. Das ist doch so eine Art Spiel, oder?«

      Auer zog Luft zwischen seinen Zähnen ein, schloss die Augen und lehnte sich im Stuhl zurück. »Oh Mann!«

      »Jetzt sei nicht gleich eingeschnappt. Nein, er hatte keine Lieblingsorte. Nein, die Sissi war nie dabei. Sie hat aber gewusst, dass er spielt, und das hat ihr nicht gepasst. Ich hab gehört, dass sie den Chef ein paarmal deswegen zusammengefaltet hat. Sie hat so geschrien, dass man das durch die Bürotür bis hierher gehört hat. Der Chili hat aber gemeint, der Brunner ist erwachsen, stubenrein und kann in ganzen Sätzen reden. Der wird schon wissen, was er tut. Und ja, wir waren immer gut unterwegs mit dem Brunner. Ärger gab’s aber nie, weil er fast immer verloren hat. Der Ablauf des Abends war meistens so: Er ist mit einem Bündel Cash und in bester Laune losgedüst und kam jeweils besoffen, pleite und voller Selbstmitleid wieder heim. Zuletzt waren wir mit ihm zweimal in Salzburg.«

      »Wann zuletzt? Und wo denn da in Salzburg?«

      »Iss was.«

      Auer merkte, wie ihm die Zornesröte ins Gesicht stieg. »Willst du mich verarschen oder was? Ich will nichts essen, ich rede mit dir.«

      Danny fuchtelte mit den Armen: »Nein, Mann, die Kneipe heißt ›Iss was‹. Die ist in der Bayerhammerstraße. Das ist in der Nähe vom Bahnhof. Unten im Keller wird gezockt. Der Schirmer Heinzi organisiert die Spiele. Einmal in der Woche treffen sich da maximal fünf Mann. Lauter Profis aus der Szene. Der Heinzi macht die Bank. Seine Frau den Service und lässt die Möpse raushängen. Die Spieler bringen ihre eigenen Aufpasser mit. Und die Jugo-Schränke vom Heinzi hängen vor der Kellertür und oben im Imbiss rum. Willst du da hin? Spielen? Dann viel Spaß. Die haben den Brunner abgezogen wie in einem Hollywoodstreifen.«

      Max stand auf und ging, ohne anzuklopfen, in Chilis Büro. Der hatte die Beine wieder auf dem Schreibtisch und blätterte in einem »Playboy«: »Was ist? Ich hab gar nicht gehört, dass du angeklopft hast? Stör mich jetzt nicht beim Fernstudium.«

      Auer lehnte sich an die Wand neben der Tür: »Mach ich auch nicht. Organisier mir einen Termin beim Schirmer Heinzi in Salzburg. Morgen, kann auch tagsüber sein. Abends wär mir aber lieber. Ruf mich an, wenn du was hast.«

      Chili warf den »Playboy« auf die Schreibtischplatte und funkelte den Auer an: »Sonst noch was? Willst du spielen?«

      »Reden. Erzähl ihm nicht, dass ich bei der Bullerei war. Und mach mir nicht weis, du kennst den Heinzi nicht. Wahrscheinlich hast du den Brunner an ihn verschachert. Für wie viel? 25 Prozent von der Sore?«

      »Tu doch nicht so katholisch, Max. Ihr von der Firma Such & Greif hebt doch auch die Flossen auf, wenn was geht. Natürlich hab ich was dran verdient. Der Brunner mag in seiner Bank ein guter Mann sein, aber im richtigen Leben ist er ein Depp. Und er mochte das kriminelle Ambiente: schummriger Kellerraum, eine Schirmlampe über dem grünbezogenen Tisch, alle rauchen und trinken. Und die Frau vom Heinzi, die war mal ›Miss Eierschwammerl‹ in Niederösterreich oder so was. Die hat eine Oberweite, alles echt und stramm. Mein lieber Scholli. Und Brustwarzen wie die Schmiernippel von einem LKW. Das hat was. Was soll ich dem Heinzi sagen?«

      »Ich bin dein Freund aus alten Tagen und will mit ihm reden. Kein Stress, keine Tricks. In seinem Laden in Salzburg, wann immer er morgen Zeit hat. Kein Wort zum Brunner, okay?«

      Chili holte sich einen Joint aus der Hemdtasche, zündete ihn umständlich an und nahm einen tiefen Zug. Er presste den Rauch in die Lunge, verzog das Gesicht und hielt dem Auer den Glimmstängel hin. Der schüttelte den Kopf und ging aus dem Büro. Als er am Tisch von Arnold und Danny vorbeikam, fragte der: »He, wer von uns beiden hat das athletische Dings grade eben gewonnen?«

      Auer sagte: »Na du, Mann«, und Danny grinste Arnold an: »Siehst du, hab ich dir doch grade gesagt. So was gewinne ich immer!«

      Es war schon später Nachmittag, eher früher Abend, möchte ich mal sagen. Der Max lümmelt in seinem Benz, lenkt ihn mit einer Hand, reibt sich mit der anderen am Kinn. Aus den vielen Lautsprechern dröhnen die Stones. Der Onkel Otti, der Herr hab ihn selig, der würde sich wohl im Grab umdrehen, wenn er das hören müsste, ja, was glaubst du.

      Max blinzelte nach oben durch das offene Rechteck des Schiebedachs. Die Sonne stand zwischen den Wolken und sah aus wie das gerötete Auge eines versoffenen Penners.

      Das Klingeln des Telefons riss den Auer Max aus seinen Tagträumen. Er drückte auf den Knopf mit dem Telefonhörersymbol: »Ja?«

      »Ja, Bub, wo bist du denn? Hast du den Kuchen?«

      »Nein, Friedl, aber ich hab ihn reserviert und hole ihn jetzt ab.« Die Lüge kam ihm leicht über die Lippen. »Glaubst du denn, ich hätte dich vergessen? Meine Lieblingstante?«

      »Deine einzige Tante, du Gauner. Schau, dass du in einer Stunde oder so hier bist. Wir bekommen Besuch, und ich mache uns ein tolles Essen. Magst du Kalbsvögel?«

      »Die würde ich für dich sogar selber fangen. Wer kommt denn?«

      »Ich hab doch vor einem Jahr oder so eine Kreuzfahrt gemacht. Witwen machen so was gerne. Da hab ich ein paar Tage nach dem Auslaufen aus Genua einen sehr, sehr netten Mann kennengelernt. Der ist auch Witwer.«

      »Ah ja, wie praktisch. Hatte er seine Frau auch dabei? Als Urne, meine ich?«

      Die Friedl schnaufte ärgerlich, was sich durch die Freisprechanlage anhörte, wie wenn ein Blauwal auf offener See eine Luftfontäne ausstößt: »Bub! Hast du denn gar keinen Sinn für Pietät? Wir haben zusammen ein bissel getrauert, aber dann haben wir eine gute Zeit gehabt während der nächsten paar Wochen. Und der Manfred, so heißt der, hat mich richtig zum Lachen gebracht.«

      »Na toll. Über was lachen denn Witwen und Witwer, wenn sie unter sich sind?«

      »Werde nicht sarkastisch. Der Manfred hat mir viel von seiner Lise erzählt. Von ihren Marotten und Vorlieben. Sie hat zum Beispiel einen Gartenfimmel gehabt. Alles musste bei ihr immer genau nach Linien ausgerichtet sein. Jede Blume, jeder Strauch. Der Manfred hat gesagt, wenn’s nach ihr gegangen wäre, dann hätte sie


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