Grundlagen der Visuellen Kommunikation. Stephanie Geise
Читать онлайн книгу.auf ihre visuellen Strategien hin analysiert (z. B. Holtz-Bacha 2001; 2010; vgl. auch Geise 2010).
Zukunftsweisende Forschung ist auf dem Gebiet der politischen Imageanalyse in dreifacher Hinsicht zu erwarten: zum einen durch die Ergänzung klassischer empirischer Umfragetechniken mit einer visuellen Komponente (vgl. Petersen 2005), durch Weiterentwicklung spezifischer Methoden der Visuellen Kommunikationsforschung, insbesondere der Blickbewegungsmessung (Geise 2011a, b) und der Bildinhaltsanalyse (Grittmann/Lobinger 2011; Bock/Isermann/Knieper 2011; Geise/Rössler 2012, 2013; vgl. Kapitel 9 und 10) sowie auch durch eine stärkere Synthese von Fragen der Gender- und der Visuellen Kommunikationsforschung (vgl. Boomgaarden/Semetko 2007; Holtz-Bacha/König-Reiling 2007; Holtz-Bacha 2011; Geise/Kamps 2012).
Praxistipp: Kontext
Die Serie politischer Porträts sollte – wie oben ausgeführt – auf zwei wesentliche Aspekte einer gelungenen Bildinterpretation hinweisen: zum einen auf die Bedeutung der Motivgeschichte, zum anderen auf die Relevanz des Kontextbezuges.
Jedes Bildmotiv hat eine Vorgeschichte und entsteht und wirkt in einem bestimmten Kontext. Für eine umfassende Bildinterpretation ist zunächst eine exakte Bildbeschreibung (vgl. Kapitel 4.1) Voraussetzung, die dabei hilft, zwischen dem eigentlichen Bild und dem Abgebildeten zu unterscheiden. So ist für Abb. 25, S. 69 bedeutsam, dass es sich nicht um eine reine Reprofotografie des Plakates handelt, sondern um eine Situationsfotografie, die zu einer Bedeutungsumkehr der ursprünglichen Bildbotschaft des Wahlplakates führt. Gerade auch kleine Details, die nicht überinterpretiert werden sollten, können hier wichtige Anhaltspunkte liefern, auf die im Rahmen der Interpretation rekurriert werden kann. Nachdem die Bildbeschreibung erstellt ist, lohnt sich die Recherche nach ähnlichen Bildmotiven im zeitnahen und historischen Vergleich.
Den Kontextbezug ernst zu nehmen, bedeutet, dass es notwendig ist, den Produktionskontext des Bildes – im Fall von Abb. 25 sowohl den privaten, den kommerziellen als auch den politischen des Wahlplakates – und den Wirkungskontext im Wahljahr 2011 zu rekonstruieren.
Übung 4
Details, wie etwa die Perlenkette auf der Pressefotografie von Angela Merkel (vgl. Abb. 27, S. 72) können Relevanz für die Interpretation haben. Deshalb sollten Sie in Ihrer vor-ikonografischen Beschreibung (vgl. Kapitel 4.1) jegliches Detail so neutral wie möglich beschreiben.
Nun nehmen Sie sich die vor-ikonografischen Beschreibungen, die Sie von den Abb. 16 und 17 auf S. 58 angefertigt haben nochmals zur Hand und überprüfen Sie, ob Sie die wesentlichen Elemente des Ringes und der Armbanduhr erfasst haben und wenn überhaupt, welche emotionalen Reaktionen Sie an sich beobachtet haben. Beim Vergleich der beiden Übungsbilder wird Ihnen bereits auf der analytischen Ebene aufgefallen sein, dass der Ring ein weibliches, die Armbanduhr ein männliches Accessoire ist. Der Diamantring könnte Sie an die Ehe, an eine Hochzeit erinnert haben, die Armbanduhr an einen verstorbenen Verwandten. Vielleicht hatten Sie aber auch keinerlei emotionale Assoziationen oder Reaktionen hinsichtlich der beiden Schmuckstücke? Welchen Produktionskontext vermuten Sie für die beiden Bilder – einen privaten, einen kommerziellen, einen journalistischen oder einen anderen Kontext? Halten Sie schriftlich fest, warum Sie diesen Produktionskontext vermuten und keinen anderen.
Diese Übung hat in etwa den Umfang einer Semesterarbeit. Sie sollten also mindestens einen Monat für die Bearbeitung einplanen, beispielsweise während der Semesterferien. Beschreiben Sie zunächst die beiden Doppelseiten des Nachrichtenmagazins STERN, alle drei Bilder, den Text und ihre jeweilige Größe und Platzierung auf den Seiten. Recherchieren Sie dann die übrigen Beiträge in dem Original. Recherchieren Sie zudem die Chronologie und die Täter-Opfer-Darstellungen in Verbindung mit dem Terrorangriff vom 11. September 2001 und die Erinnerung daran zehn Jahre später. Welche Bilder haben sich bei Ihnen eingeprägt? Welche Ereignisse und Bilder folgten als Reaktion auf 9/11?
Diese Übung eignet sich auch für eine Hausarbeit. In diesem Fall sollten Sie parallel zur vor-ikonografischen Bildbeschreibung eine eigene Forschungsfrage entwickeln. Diese kann bildspezifisch sein, etwa mit welchen visuellen Motiven wird in der STERN Onlineberichterstattung der Opfer von 9/11 gedacht? Hier hätten Sie die Bilder eindeutig auf die Onlineausgaben des STERNS bezogen und zeitlich die letzten elf Jahre und besonders die September-Ausgaben begrenzt. Sie könnten sich jedoch auch auf die emotionalen Reaktionen und die Bildwirkungen beziehen und würden damit zusätzlich zur spezifischen Fragestellung Ihrer Forschung auch ein Methodendesign für Ihre Semesterarbeit entwerfen. Verwenden Sie standardisierte oder experimentelle Methoden, so sollten Sie versuchen, Ihre Fragestellung auf eine, maximal zwei Variablen zu begrenzen, die Sie testen möchten. Zuvor wird jedoch die eingehende Lektüre des folgenden Kapitels empfohlen, das in den Rezeptions- und Wirkungskontext von Bildern und dessen Erforschung einführt.
Конец ознакомительного фрагмента.
Текст предоставлен ООО «ЛитРес».
Прочитайте эту книгу целиком, купив полную легальную версию на ЛитРес.
Безопасно оплатить книгу можно банковской картой Visa, MasterCard, Maestro, со счета мобильного телефона, с платежного терминала, в салоне МТС или Связной, через PayPal, WebMoney, Яндекс.Деньги, QIWI Кошелек, бонусными картами или другим удобным Вам способом.