Das gefallene Imperium 10: Um jeden Preis. Stefan Burban

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Das gefallene Imperium 10: Um jeden Preis - Stefan Burban


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Rinaldi. »Machen Sie Ihre Leute bereit. Die Marschbefehle sind da. Wir rücken morgen aus.« Rinaldi drehte sich um und machte sich wieder davon. Er hatte bestimmt noch weitere Marschbefehle zuzustellen.

      Tian studierte das Dokument in aller Eile, aber eine wichtige Information war nicht zu finden. Sein Kopf flog hoch. »Major?«, erhob der Sergeant die Stimme. »Welchem Angriffsflügel sind wir zugeteilt?«

      Rinaldi wandte den Kopf über die Schulter, ohne innezuhalten. »Dem mittleren. Wir gehören zur Streitmacht, die den Riss angreift. Sie können stolz sein, Sarge. Sie wurden auserwählt, den Kampf zum Feind zu tragen. Das gilt nur für die besten Truppen und Schiffe. Wir statten den Nefraltiri auf ihrem eigenen Territorium einen Besuch ab.«

      Tian machte eine verkniffene Miene und sah abermals auf das Dokument in seinen Händen hinab. »Das war ja klar.«

      Das Schwarmschiff von Blatt-im-übermächtigen-Sturm kreuzte ganz in der Nähe des Risses. Es wurde umringt von Hunderten Hinradyschiffen. Der Verstand von Sturm wurde eingenommen von unzähligen verschiedenen Gedankenabläufen. Einer jedoch beschäftigte ihn am meisten: Die Nefraltiri waren dem Untergang geweiht. Ohne Königin hatten sie keinerlei Chance mehr, sich fortzupflanzen. Nie wieder.

      Seine Artgenossen mochten noch Tausende, vielleicht Zehntausende von Jahren leben, aber letzten Endes würde die Rasse, die so viel erreicht, so viel aufgebaut hatte, vergehen wie ein Schneekristall, das dem Feuer zu nahe kam.

      Eine Emotion wie Wehmut oder Bedauern ergriff von Sturm Besitz. Und noch etwas … Zorn. Menschen und Drizil hatten die Königin auf dem Gewissen. Mehr noch, sie hatten wesentlichen Anteil daran, dass es nur noch eine Handvoll Nefraltiri gab. Viel zu viele hatten während der Schlacht um die Heimatwelt der Menschen ihr Leben verloren. Ja, es gab keinen Zweifel. Die Nefraltiri waren definitiv am Ende. Früher oder später würden sie die Bühne verlassen und das Universum würde ihresgleichen nie wiedersehen.

      Mit den Sensoren seines Schwarmschiffes Icki’tari beobachtete Sturm die Flotte, die ihn wie einen schützenden Kordon umgab. Die Hinrady würden ihn mit ihrem Leben schützen. Und bevor die Sache zu Ende ging, wäre es durchaus möglich, dass dies von ihnen nicht nur erwartet, sondern auch verlangt wurde.

      Nie zuvor war es einer Rasse gelungen, die Streitkräfte der Nefraltiri derart entscheidend zu schlagen. Nicht einmal den Nefraltiri selbst war dies während ihres Äonen andauernden Bürgerkrieges gelungen. Das war bemerkenswert. Wirklich schade, dass Menschen und Drizil vernichtet werden mussten. Es durfte niederen Völkern nicht gestattet werden, die Nefraltiri zu überleben. Nein, das zu akzeptieren, war undenkbar.

      Er spürte bereits jetzt, wie sich die Verstärkungen jenseits des Risses formierten. Die Artgenossen, die noch übrig waren, riefen die Hinrady auf, weitere Kräfte zu schicken. Es massierte sich eine Flotte, die noch weitaus stärker war als jene, die bei Argyle gekämpft hatte.

      Die Jackury waren unter der richtigen Anleitung großartige Baumeister. Ihnen allein oblag die Konstruktion neuer Schiffe für die Hinrady. Und das gelang ihnen in Rekordzeit. Bald schon wären die Verluste der vergangenen Niederlagen ausgeglichen und die Menschen würden sich einer Streitmacht gegenübersehen, wie sie das Universum noch nicht gesehen hatte und auch nie wieder sehen würde.

      Sobald den anrückenden Verstärkungen der Übergang durch den Riss gelang, hatten die aufständischen Sklaven keine Chance mehr. Der Krieg war für sie verloren. Sie wussten es nur noch nicht. Alles, was noch fehlte, war Zeit. Die Flotte war noch weit vom Riss entfernt. Er musste offen gehalten werden, bis die Hinrady hindurchstoßen konnten.

      Ein Hologramm materialisierte sich vor der Plattform, auf der Sturm residierte. Die Entität des Schwarmschiffes Icki’tari erschien in Form einer Echse, wie sie auf einigen Welten jenseits des Risses existierte.

      Nicht zum ersten Mal fragte sich Sturm, warum sein Schwarmschiff ausgerechnet dieses Erscheinungsbild wählte, um vor sein Antlitz zu treten.

      Die Echse öffnete das Maul und entblößte mehrere Reihen dreieckiger, messerscharfer Zähne. Diese Tiere waren beileibe keine Vegetarier. Kein Laut drang aus der Kehle des Hologramms. Das war auch gar nicht nötig. Schwarmschiff und Nefraltiri waren telepathisch verbunden.

      Sie kommen, informierte Icki’tari. Menschen und Drizil haben eine gewaltige Streitmacht formiert. Die Analysen errechnen eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass es ihnen gelingt, unsere Linien zu durchbrechen. Icki’tari zögerte, bevor es fortfuhr. Und den Verlust eines hohen Anteils noch lebender Nefraltiri.

      Sturm dachte über den Bericht seines Schwarmschiffes nach. Vor allem der letzte Teil störte ihn ungemein. Doch er hatte bereits eine Idee, wie sich die Chancen zumindest neu verteilen ließen. Ruf die Hinradygeneräle zu mir, forderte Sturm. Wenn die Sklaven der Meinung sind, sie könnten uns endgültig schlagen, dann geben wir ihnen eben etwas anderes, über das sie nachdenken sollten.

Teil II. Offensive gegen den Riss

      5

      Hauptkampflinien – Frontgebiet

       Operation Grabstein

       02. April 2899

      »Noch einmal stürmt, noch einmal, liebe Freunde …«

      William Shakespeare, Heinrich V., 3. Akt, 1. Szene

      Auf dem Marsch Richtung Norden verlor Sorokin mehr als sechzig weitere seiner Leute an Eis und Kälte. Beinahe die ganze Zeit über stapften sie durch einen mörderischen Schneesturm. Wind und Eiskristalle bissen allen schmerzhaft ins Gesicht, die nicht über eine Rüstung verfügten.

      Sie folgten unablässig dem Signal, das ihnen den Weg wies, ohne zu wissen, was am Ende auf sie warten mochte. Die fünf Marines, die die Spitze bildeten, hielten schlagartig an. Der Sergeant, der den Spähtrupp kommandierte, hob die geballte Faust.

      Die Kolonne kam schwerfällig zum Halten. Man konnte kaum drei Meter weit sehen. Alle, die es bis hierhin geschafft hatten, waren durch Seile verbunden, die sich alle um die Hüfte gebunden hatten. Fast ein Drittel der Besatzungsmitglieder war im Sturm verloren gegangen. Sie hatten sich verirrt und waren in dieser lediglich aus Weißtönen bestehenden Einöde verschwunden. Als hätte sich die Eiswüste aufgetan, um wie ein lebendiges Monster die Menschen zu verschlucken.

      Sorokin bewegte die Gliedmaßen seiner Rüstung und marschierte schwerfällig an die Spitze. Selbst mit der mechanischen Verstärkung seines Panzers war es mühsam, gegen die Gewalt anzukämpfen, die diese Welt gegen sie entfesselte.

      Schlimmer noch, die Gelenke der Rüstungen begannen einzufrieren, wenn sie auch nur ein paar Minuten still standen. Ständige Bewegung war das einzige Rezept dagegen. Doch die nicht armierten Männer und Frauen der Kolonne hielten ein solches Maß an Belastung nicht unbegrenzt durch. Sie standen am Rande der Erschöpfung. Das traf auf sie alle zu.

      Sorokin öffnete einen Kanal zum Marine-Sergeant. »Sarge? Was gibt es?«

      Der Mann zögerte, ehe er sich seinem Kommandanten zuwandte. »Wir sind da.«

      Sorokin sah sich nach allen Seiten um. Aber außer der allgegenwärtigen dicken Schicht aus Eis und Schnee war nichts zu sehen.

      »Wie meinen Sie das?«, hakte er nach.

      »Das Signal«, gab der Sergeant zur Auskunft. »Es kommt von hier.«

      »Aber hier ist doch rein gar nichts.« Sorokin hatte Probleme, seine Verzweiflung nicht in seine Stimme einfließen zu lassen.

      »Das müssen Sie mir nicht sagen, Commodore«, erwiderte der Mann, ohne sich provozieren zu lassen. »Aber es kommt definitiv von hier.«

      Sorokin löste das Seil von seiner Hüfte und machte ein paar vorsichtige Schritte. Das Gelände war leicht abschüssig. Sie befanden sich auf einer Schneedüne.

      »Das würde ich nicht tun, Sir«, warnte der Marine-Sergeant. »Falls Sie verloren gehen, finden wir Sie nie wieder.« Statt einer Antwort aktivierte Sorokin das Peilsignal seiner Rüstung. »Das nutzt auch nicht viel«, gab der Sergeant über Funk durch. »In dieser Suppe verzerrt sich das Signal nach


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