Das Leben ist ein Abenteuer. Hans-Peter Vogt

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Das Leben ist ein Abenteuer - Hans-Peter Vogt


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Familie so einzigartig machten. Manchmal in den großen Ferien, manchmal am Wochende, manchmal an Weihnachten. Sie alle nutzten diese Kraft, unerkannt durch den Raum zu gehen. Im Zentrum gab es einen Raum, wo sie jederzeit unerkannt hinspringen konnten, ganz ohne Ausweis oder Einreisekontrollen. Auch bei „Mama“ in Peru und bei Para gab es so einen Raum. Nils wusste, dass Papa viele solcher Räume hatte, in verschiedenen Ländern. Er konnte sich unerkannt quer über die Erdkugel bewegen und nutzte diese Fähigkeit zu seinem Vorteil aus.

      In einer Stunde würde Nils zu seinem Kickboxen-Training aufbrechen. Auch das fiel ihm kinderleicht. An der Kraft musste er noch trainieren. Mit einem Erwachsenen konnte er sich von der Kraft her nicht messen, aber seine Schnelligkeit und Wendigkeit waren immens. Wenn er Schwung holte, dann konnte er das ausgleichen, was er an Kraft noch nicht besass. Er war zielsicher und konnte seine Tritte, Faustschläge oder Kopfhiebe tödlich einsetzen, wenn er wollte. Das war natürlich verboten.

      Roman, der Eigentümer der Schule, war ein alter Freund von Papa. Er achtete darauf, dass seine Kids fair kämpften. Er überließ es seinen Trainern, die Kids zu unterrichten, aber manchmal saß er in der Ecke und schaute zu. Manchmal holte er sich den einen oder anderen der Kids, korrigierte, gab Anleitungen oder schalt sie aus, wenn sie Mist gebaut hatten. Diese Sportart war wirklich gefährlich für einen Gegner. Sie hatten gelernt, die wichtigen Zentren der Körper zu treffen, Schlagadern, Milz und all die Punkte, die auch bei der Akkupunktur bekannt waren, um zu stimulieren oder um den Körper außer Funktion zu setzen. Mit zwei gezielten Tritten konnte Nils einen Gegner lähmen, wenn er wollte.

      Sie lernten aber auch den eigenen Verstand zu kontrollieren und sich ihren Geist und Körper zu unterwerfen. Sie konnten Schmerzen wegstecken und sie trainierten bestimmte Muskelgruppen immer wieder und immer wieder, die zum Schutz der verletzlichen Innereien notwendig waren.

      Zum Training gehörten auch stets Ruhe- und Atemübungen, autogenes Training und Stimmbildung.

      Nils machte das Training nun schon seit fünf Jahren. Am Anfang hatte er diese Übungen zur Stimmbildung nicht ernst genommen. Sie mussten singen. Sie mussten dabei eine aufrechte Haltung einnehmen. Sie mussten tiefe Töne, Mitteltöne und Obertöne bewusst erzeugen. Am Anfang taten die ganz hohen Kopftöne ziemlich weh. Dann begriff Nils. Lunge, Zwerchfell, Kehlkopf, Bauch, Becken und Nackenmuskulatur wurden durch das Singen gestärkt. Die Sauerstoffversorgung des Blutes war immens. Er hatte inzwischen eine Kraft entwickelt, die ohne diese Übungen nicht halb soviel Wert gehabt hätte. Außerdem blieb der Kopf jetzt frei.

      Roman hatte das eingeführt. Es gehörte nicht zum üblichen Training des Kickboxens. Es war das Besondere ihrer Schule. Manche neuen Schüler lachten zu Beginn verächtlich. Aber sie lernten schnell, dass Atemübungen die Kraft potenzieren und die Wirkung eines Schlages in einem Bruchteil einer Sekunde zu einer tödlichen Waffe werden lässt.

      Roman hatte auch andere Disziplinen eingeführt. Wer sich auf der Strasse behaupten wollte, der musste in diesen Disziplinen ziemlich fit sein.

      Auch Karateübungen gehörten zur Ausbildung. In der letzten Woche hatte Nils durch einen einzigen Schlag mit seiner Faust den großen Sandsack zum aufplatzen gebracht. Sie zerschlugen Steine und Äste.

      Die Konzentration auf das Wesentliche war das Geheimnis der Schlagkraft und der Schnelligkeit.

      Nils nahm an diesen Übungen dreimal in der Woche teil. Manchmal gab es an den Wochenden Wettkämpfe.

      Anders als alle andern Kids, hatte Nils das besondere Talent seiner Raumdurchquerung. Seine übernatürlichen Fähigkeiten machten Nils als Kickboxer einmalig. Es konnte durch Drehbewegungen durch die Luft eine Schnelligkeit von über hundert Stundenkilometern entwickeln und er konnte Steine mit der Kraft seiner „geheimen Energie“ zerschlagen, sogar ohne sie zu berühren. Das zeigte er aber nie öffentlich. Nur Roman wusste das. Nils hatte den schwarzen Gürtel der Meisterklasse, den 1. Dan. Das war in diesem Alter ungewöhnlich. Nur einige Freunde aus dem Zentrum und Roman (der Inhaber der Schule) waren besser.

      Auch Roman hatte den 1. Dan, aber er hatte verschiedene Zusatzprüfungen absolviert, die sich in dieser Sportart nicht mehr durch Ränge auszeichneten. Er war Inhaber des schwarzen Karategürtels und Judomeister. Roman war wirklich gut.

      Nils trainierte regelmäßig mit den anderen braun- und Schwarzgürtlern, aber er nahm manchmal auch die Joungsters unter seine Fittiche.

      Viele der Kids waren Freunde aus dem Untergrund. Auch die Freunde aus der Geheimorganisation „des Dicken“ nahmen an den Übungen teil.

      Roman rekrutierte fast seine ganze Schutztruppe für das Zentrum aus dieser Sportmannschaft. Es war Pflicht, an diesen Trainingsstunden regelmäßig teilzunehmen. Manchmal machten sie das im Zentrum. Es gab da einen eigenen Raum. Heute würde Nils in die Stadt fahren, in die grosse Sporthalle im Westen der Stadt.

      Er hatte sich auf sein Bett geworfen und ein wenig nachgedacht, dann war er aufgestanden, ging hinüber in Mamas Büro, sagte Hallo und wurde umarmt. „Ich geh jetzt zum Training“, meinte er. Mama sah ihn warm an und drückte ihm kurz die Hand.

      Nils hatte wirklich Glück mit seiner Mutter. Sie hielt ihn zwar an „der langen Leine“, aber sie war da, wenn er sie brauchte, und sie beobachtete genau, dass er die ethischen Grundsätze der Familie auch einhielt.

       4.

      Als Nils in der Sportschule ankam, wurde er von Pedro und Ellen begrüßt. Pedro war schon 24, Ellen war 16.

      Es gab viele Mädchen in der Kampftruppe. Wer diese Sportart beherrschte, der konnte sich auf der Strasse ganz gut behaupten. Das war auch wirklich notwendig. Die Gangs in Berlin waren brutal und gut organisiert. Viele dieser Jungs boxten, rangen, schwammen, fuhren Mountain Bike, oder wurden als Rausschmeißer eingesetzt. Es gab mehrere Prostuituiertenviertel in der Stadt. Es gab Motorradgangs, Erpressungen und die russische Mafia. Die Luden und die Drogenkartelle waren gut organisiert. Außerdem gab es Viertel mit großer Armut und Hoffnungslosigkeit. Auch dort wurde nicht lange gefackelt, wenn es Konflikte gab. Erst zuschlagen, dann denken. Nur nicht als erster auf dem Boden liegen. Dann warst du verloren.

      Nur im Zentrum herrschte eine eiserne Disziplin. Krawalle wurden nicht geduldet. Das Zentrum war ein Freiraum, der von seinen Akteuren und den Nutzern beschützt wurde. Neben Jochens Kampfsportlern gab es noch Romans harte Jungs und die Boxer rund um den Türken Hakim. Da gab es inzwischen auch eine Thailändische Gang und noch andere. Sie alle verkehrten im Zentrum. Die Musiker, die Tänzer, die Actionkünstler und die Theaterleute, sie alle sahen das Zentrum als einen schützenswerten Raum. Es war das Projekt der Kids. Von den Kids für die Kids. Freizeitzentrum, Schule und Eventmittelpunkt. Viele arbeiteten freiwillig in der Verwaltung oder in einer der vielen Einrichtungen. Wer Krawall machen wollte, der erlebte im Zentrum schnell seine Grenzen kennen. Er ordete sich entweder unter, oder er ging. In der Stadt gab es genug Ausweichmöglichkeiten, wo man Ärger machen konnte. Im Zentrum gab es nicht einmal eine Polizei. Das Zentrum organisierte seinen Schutz selbst, und weil es hier seit Jahren keine Gewalt mehr gab, wurde das Zentrum auch von den Berliner Behörden großzügig unterstützt.

      Nils war ein Teil dieser Familie aus mehreren zehntausend Kids, für die das Zentrum wirklich ihr Lebensmittelpunkt war. Es bot Unterhaltung, Kurzweil und eine Lebensperspektive. Ja wirklich. Schulabgänger fanden hier einen Job, oder sie wurden in Ausbildungsstellen vermittelt. Das Zentrum hatte seine eigene Jobbörse. Von Kids für Kids, und wenn das Zentrum Lehrlinge oder Arbeitskräfte vermittelte, dann konntest du als Arbeitgeber sicher sein, dass du da nicht irgendeinen Schrott bekommst. Die Mutter von Nils war eisern. Firmen, die Zusagen nicht einhalten, die wurden gnadenlos von der Liste gestrichen und geächtet. „Wer nimmt, ohne zu geben“, pflegte Nils Mutter immer wieder zu sagen, „den können wir hier nicht brauchen. Das betrifft Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Zuverlässigkeit ist ist die Basis unseres Handelns. Wir wollen Freiräume. Wir wollen ausprobieren, spielen und spinnen. Wir müssen kreativ sein dürfen, aber eine Kreativität ohne Disziplin, das gibt es nicht.“

      Es gab zwei Büros von Presseagenturen,


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