Kommunikationswissenschaft. Roland Burkart

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Kommunikationswissenschaft - Roland Burkart


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provoziert, die ein Verständigungsprozess erfordert. Als „klassisch“ kann in diesem Zusammenhang die Image-Werbelinie des österreichischen Schuhhandelsunternehmens Humanic („franz“) in den 1970er Jahren gelten (zu dieser speziellen Werbung von Humanic vgl. Doczy 2009). Ein halbes Jahrhundert nach ihrer Kreation und Erstausstrahlung erlebte diese Werbelinie der Grazer Leder&Schuh AG (im Mai 2021) übrigens ein Remake.

      15Es gibt aber auch eine spiritistische Bedeutungsvariante: Jemand, der mit der Geisterwelt (Verstorbener) in Verbindung steht, der also zwischen Lebenden und Toten vermittelt. Der Große Brockhaus von 1932 differenziert diese übersinnliche Bedeutung im physikalischen (Klopflaute, Telekinese, Tischrücken) und im psychologischen Sinn (als willenloses Sprechen und Schreiben). Im Brockhaus von 1955 findet man dann auch eine grammatikalische, physikalische, spiritistische und parapsychologische Begriffsinterpretation (Faulstich 1991: 8 f.; weiterführend: Hoffmann 2002).

      16Ganz grundsätzlich kann ein auditiver (oder vokaler), visueller, taktiler, olfaktorischer, thermaler und gustatorischer Kanal unterschieden werden (vgl. Pürer/Springer/Eichhorn 2015: 21 ff., Kunczik/Zipfel 2005: 37 f.).

      17Abseits dieser technischen Perspektive muss Mediengeschichte aus sozialwissenschaftlicher Perspektive freilich auch als Teil einer allgemeinen Kommunikationsgeschichte begriffen (und betrieben) werden. Vgl. näher dazu: Duchkowitsch 2014a, Schmolke 2015 oder das umfassende Werk von Wilke 2008.

      18Sie ist zwar nicht grundsätzlich „falsch“, denn ohne (physikalische) Transfermittel (wie Luft, Licht, Wasser, Papier, Strom bzw. elektrische Impulse) wäre Kommunikation praktisch verunmöglicht (vgl. Bentele/Beck 1994: 30 f.), die „Transport-“ oder „Container-Metapher“ suggeriert aber, auch Zeichen (Wörter, Sätze) würden wie Behälter fungieren, aus denen man objektiv bestimmbare Bedeutungen nur zu entnehmen bräuchte. Diese simple Vorstellung wird der Komplexität der menschlichen Kommunikation jedoch keinesfalls gerecht (vgl. dazu auch: Beck 2006: 12 ff., Krippendorff 1994: 85 ff., Merten 1999: 54 ff.).

      19Wir nehmen niemals ein Objekt „an sich“ wahr, unsere Wahrnehmung erfolgt stets durch ein Medium vermittelt: „Wäre kein Medium vorhanden (kein Schall, kein Licht), gäbe es keine Wahrnehmung bzw. es herrschte absolute Stille bzw. Dunkelheit“ (Merten 1999: 139).

      20Latzer unterscheidet zwei historisch gewachsene Konvergenzstufen (1997: 60 ff.) oder ko-evolutionäre Entwicklungen (2013: 241 ff.): Zunächst das Zusammenwachsen von Telekommunikationstechniken mit dem Computer zur Telematik (= Telekommunikation + Informatik) und dann die Verflechtung dieser Techniken mit dem Rundfunk zur Mediamatik (= Telematik + elektronische Medien). Analytisch unterscheidet er drei Ebenen der Konvergenz (1997: 75 ff.): die technische (Netzebene), die funktionale (Dienste-Ebene) und die unternehmensbezogene (Firmenebene).

      21Vorläufer waren übrigens der aus dem Jahr 1996 stammende „Nokia Communicator 9000“ sowie der „Simon Personal Communicator“ von IBM aus dem Jahr 1994, der allerdings noch über keine Internet-Verbindung verfügte (Janssen 2014, ORF 2016).

      22Zur wachsenden Interaktivität vgl. Bieber/Leggewie 2004, Goertz 1995, Höflich 1996 (S. 61 ff.), Neuberger 2007a, Quiring/Schweiger 2006 – auf Unternehmenskommunikation bezogen: Krzeminski/Zerfaß 1998.

      23Die Frage, ob man – etwa mit Blick auf Hasspostings und Shitstorms (Haarkötter 2014) – besser von „unsozialen“ Medien (Harramach/Prazak 2014, Kettl-Römer 2012) sprechen sollte, wird hier nicht thematisiert, weil „sozial“ hier nicht alltagssprachlich (etwa im Sinne von karitativ) gemeint ist, sondern im (oben eingeführten) soziologischen Sinn wertneutral verwendet wird.

      24Einen systematischen Überblick kommunikations- und medienwissenschaftlicher Grundverständnisse des Medienbegriffes bietet Mock (2006).

      25Die Begriffe „Massenmedium“ und „Massenkommunikation“ werden weiter unten (Kap. 5.1) ausführlich diskutiert.

      26Auf den Zeichenbegriff wird im darauffolgenden Kap. 2.5 ausführlich eingegangen.

      27Am Beispiel der Online-Auftritte von Printmedien wird dies (mit Blick auf die oben erwähnte Konvergenz) sehr schön deutlich: Längst stellen Printmedien im Rahmen ihres Webauftritts ebenso Bewegtbilder (ähnlich dem Fernsehen) bereit und nicht selten gibt es auch Live-Berichte (etwa in Form von Blog-Einträgen aus Gerichtsverhandlungen, Parlamentsdebatten u. Ä.).

      28Die verschiedenen Funktionen der Massenmedien werden weiter unten (Kap. 5.6) diskutiert, dort wird auch auf die Unterscheidung zwischen Eu- und Dysfunktionalität (vgl. auch Saxer 2012a) eingegangen.

      29Saxer publizierte diese Definition erstmals bereits 1980 (Saxer 1980b: 532).

      30Zum Zeichen-Begriff vgl. z. B. Boeckmann 1994, Eco 1995, Glück/Rödel 2016: 782 ff., Nöth 2000: 131 ff., Pelz 2013: 39 ff., Schaff 1968: 27 und 1973: 145 f.

      31Zu den Hinweisen auf den Soziologen Alfred Schütz (1971: 359) als auch vorhin auf den Philosophen Edmund Husserl (1890/1970: 345 ff.) siehe Bentele (1984: 99) sowie Nöth (2000: 37 ff.).

      32Die vielerorts übliche (vgl. etwa Steinmüller 1977) Trennung in natürliche und konventionelle Zeichen wird derartigen Ausnahmen nicht gerecht und wurde daher hier nicht übernommen (vgl. dazu auch: Schaff 1973: 156, Fn. 3). Hier spielt auch die Unterscheidung zwischen analogen (nonverbalen) und digitalen (verbalen) Zeichen hinein (Vgl. dazu näher im Kap. 8.4.3 die Erläuterungen zum 4. Watzlawick’sche Axiom).

      33Aliquid stat pro aliquo (etwas steht stellvertretend für etwas anderes), so lautet auch die ursprüngliche Definition von Zeichen, die man bis in die mittelalterliche Scholastik zurückverfolgen kann (vgl. Pelz 2013: 39).

      34Eine Ausnahme bilden hier allerdings die soeben erwähnten ikonischen Zeichen.

      35Angesichts der „Plurifunktionalität des Zeichens“ hat der US-amerikanische Semiotiker Charles Sanders Peirce bereits Ende des 19. Jhdts. festgestellt, dass eigentlich nur im Einzelfall entschieden werden kann, welcher Klasse ein Zeichen angehört (Nöth 2000: 143).

      36Es lassen sich hier zwei Auffassungen vertreten: Einerseits kann man das animalische Signal der Klasse der natürlichen Zeichen zuordnen. In diesem Fall sieht man es als Anzeichen oder Symptom dessen, worauf es verweist: So könnte man das Ausstoßen von Angstlauten durch Tiere, die sich in Gefahr befinden, von ebendieser Gefahr kausal verursacht sehen. Obwohl diese Angstlaute für andere Tiere als Signal (z. B. zur Flucht) fungieren, sind sie aber eigentlich nicht zum Zweck der Kommunikation entstanden, sondern sind Teil eines instinktiv ablaufenden (= natürlichen) Prozesses (vgl. dazu z. B. Schaff 1973: 159). Andererseits kann man argumentieren, dass animalische Signale der Klasse der künstlichen Zeichen zuzuordnen sind, weil sie im Laufe der Evolution gerade zum Zweck der (überlebensnotwendigen) Kommunikation entstanden sind: Erst die Möglichkeit, Signale produzieren zu können, eröffnet ja z. B. den Bienen die Chance, ihre Futtersuche zu koordinieren und dadurch ihren Fortbestand sichern zu können.

      37„Dies gilt für die einfachen Lock-, Warn- und Paarungsrufe der Vögel ebenso wie für die relativ differenzierte Tanzsprache der Bienen (…). Dies gilt für den Fall, dass Signale, wie etwa die Tanzbewegungen der Bienen, angeboren sind, aber auch für den Fall, dass sie, wie der Artgesang der Amseln, durch Nachahmung erworben werden. Dies gilt auch, wenn das Tier im Zusammenleben mit dem Menschen lernt, menschliche Worte als Signale seiner eigenen Bedürfnisse zu gebrauchen oder auf menschliche Worte als Signale mit bestimmten Verhaltensweisen zu reagieren“ (Zdarzil 1978: 47).

      38Strenggenommen kann man ja bereits im Hinblick auf den signalhaften Zeichengebrauch Unterschiede im Kommunikationsgeschehen zwischen Mensch und Tier anführen. Wenn ein Verkehrspolizist einen Fußgänger mit einer Handbewegung zum Überqueren einer Kreuzung veranlasst, dann scheint er ähnlich zu agieren wie z. B. ein Hirsch, der durch Röhren seine Herde zur Flucht antreibt. Aber dennoch ist die Qualität des Kommunikationsprozesses eine andere: Hinter der signalhaften Handbewegung des Polizisten verbirgt sich ein bestimmter (absichtsvoll vermittelter) Inhalt (wie etwa: Gehen Sie weiter, es besteht keine Gefahr u. Ä.), den beide Menschen


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