Rebellen gegen Arkon. Hans Kneifel
Читать онлайн книгу.logisch klingende Lösung gab: Die Station stand seit etwa 50.000 Jahren mitten in der Yssods-Wüste. Was passierte, wenn der Zeitsprung über weniger als 50.000 Jahre in die Vergangenheit führte?
Wo ein Körper war, konnte kein zweiter sein – so lautete eine Grundregel der Physik. Banal, in meinem Fall unter Umständen jedoch tödlich. Wenn der Sprung beendet war, prallten die beiden Zeitmaschinen vielleicht aufeinander. Vielleicht wurde dieser ganze Zeitstrom auch ausgelöscht und mit ihm Perry Rhodan, die Terraner, dieser ganze Planet Traversan und überhaupt das ganze Universum.
Sieh nicht zu schwarz, Arkonide. Vielleicht passiert auch gar nichts. Vielleicht verdrängt eine Zeitmaschine die andere in den Hyperraum, bis normale Verhältnisse wiederhergestellt sind. Oder es entsteht tatsächlich ein paralleler Zeitstrom, der nach einigen hundert Jahren in den alten Strom zurückmündet.
Ich versetzte lautlos: Von einem Logiksektor erwarte ich eine nüchterne Analyse. Keine Durchhalteparolen.
Du wirst begreifen müssen, dass die Gesetze der Logik hier nur beschränkt anzuwenden sind.
Ärgerlich presste ich die Lippen zusammen.
Ich war mir nicht einmal sicher, ob ich wirklich wissen wollte, was sich über meinem Kopf zusammenbraute. Wie es auch kam, ich konnte offensichtlich nichts am Ergebnis ändern.
Schwelge nicht in Selbstmitleid, Arkonide!, kritisierte der Logiksektor hart. Bereite dich lieber auf den Fall deines Überlebens vor.
Noch einmal versuchte ich, einen Schritt zu tun. Aber auch diesmal kam ich nicht weit. Der Logiksektor hatte recht. Ich musste Informationen sammeln, für den Fall, dass es am Ende von Fehlversuch Nummer 38 noch einmal weiterging.
»Gehirn, hörst du mich?«, erhob ich die Stimme.
»Ja.«
»Dann beantworte mir noch eine Frage: In welcher Zeit werden wir stranden?«
»Das ist leicht. Es handelt sich voraussichtlich um das Jahr …«
Die Stimme des Gehirns verstummte.
Die Kuppeln hörten zu leuchten auf.
Der Hintergrund, den ich die ganze Zeit vermisst hatte, tauchte wie aus einem sich hebenden Dunstschleier wieder auf. Es war immer noch die Yssods-Wüste. Einige Felsbrocken schienen anders zu liegen, als ich es in Erinnerung hatte. Aber das war auch schon alles.
In mir erwachte der Verdacht, dass ich auf eine noch unbekannte Weise hereingelegt worden war. Ich hatte den Eindruck, dass eine tödliche Gefahr drohte. Nur wusste ich nicht, welche.
Vergangenheit 5772 v. Chr. / 12.402 da Ark
»Seid ihr bereit?«, schrie Prinzessin Tamarena.
»Jawohl, Erlauchte!«, schrien die Soldaten zurück.
Ein kurzes Kommando nur, und sie würden in die Gleiter springen und die Galaxis für sie auseinandernehmen.
Ihre mandelförmigen, hellroten Augen erfassten jede Kleinigkeit. Es schien unmöglich zu sein, dass ihr etwas entging, nicht einmal Ereignisse in ihrem Rücken. Die Prinzessin hatte das oft gezeigt. Ihre Auffassungsgabe galt als übernatürlich entwickelt.
Die einsam zugebrachten Jahre in einer Dagor-Abtei befähigten sie zu erstaunlichen Dingen. Im Zentralmassiv von Masskyr hatte sie gelernt, wie man die ungenutzten Ressourcen des Körpers und des Geistes zugänglich machte. Den Rest hatte ihr Vater sie gelehrt; Nert Kuriol verdankte sie kosmonautische Ausbildung und Kenntnisse in Truppenführung. Den meisten Arkoniden war sie weit überlegen, auch wenn sie es selten zeigte.
Ihr platinblondes Haar trug sie im halblangen Pagenschnitt. Sie hatte eine schlanke, hochgewachsene Figur, und sie wusste genau, dass sie eine attraktive Frau war.
In diesem Augenblick zählten jedoch andere Dinge: Nert Kuriol hatte sie nicht umsonst in die Wüste geschickt.
Tamarena trug klobige Kampfausrüstung. Dazu gehörten Protectorschalen aus Arkonstahl, die die Gelenke schützten, Energieschirm, Thermostrahler, Flugaggregat und Funkgerät.
Sie musterte die schwer bewaffneten Männer ihres Greiftrupps: eine bestens ausgebildete, schlagkräftige kleine Einheit. Keiner von ihnen erlaubte sich bedeutungsvolle Seitenblicke. Die Männer dachten nicht einmal an sie, jedenfalls nicht in dieser Weise. Tamarena wusste das genau.
Traversaner wie sie waren daran gewöhnt, erst zu schießen und dann zu fragen; aber auch das lag diesmal in ihrem Interesse. Was immer sich in der Yssods-Wüste abspielte, es geschah zu einer ausgesprochen ungünstigen, für alle Beteiligten höchst gefährlichen Zeit.
Von einer erhöhten Position aus starrten sie auf die fünf seltsamen Kuppeln hinab, die sich mitten in der Yssods-Wüste erhoben.
Diese Kuppeln hätten eigentlich nicht existieren dürfen. Ihre Existenz stellte ein Rätsel dar. Wer hatte sie erbaut?
Sie waren nicht groß genug, um eine ernsthafte Gefahr für den Planeten Traversan bereitzuhalten. Was, wenn sich im Inneren Truppen des Stützpunktes BRY 24 befanden? Es konnten niemals genug sein, um damit Erican zu gefährden.
Tamarena glaubte nicht, dass sie es wirklich mit einem Hinterhalt des Sonnenkurs zu tun hatte. Eine Station dieser Art taugte nicht als Geheimdienstbasis. Was hätte Bit auf Traversan ausspionieren sollen, das er nicht bereits wusste?
Außerdem pflegten Einrichtungen der Geheimdienste sich nicht durch seltsame Wellenfronten zu verraten. Geheime Stationen blieben gewöhnlich auch geheim. Diese hier hatte dagegen ein wahres Leuchtfeuer abgestrahlt – ein Leuchtfeuer aus Energie, das allerdings seit wenigen Minuten erloschen war.
Die Messgeräte, die sie mitführten, zeigten keine Ausschläge mehr. Es war, als habe die Station sämtliche energetischen Vorräte verbraucht. Dort unten lief nicht einmal mehr eine Batterie.
Tamarena besaß einen Spezialorter, der auf Mikrowellenbasis die Umgebung scannte. Künstliche Strukturen verrieten sich durch grade Linien, verdächtig plane Flächen, mathematisch berechenbare Krümmungen. Und obwohl sie die Station mit eigenen Augen vor sich sah, sprach der Orter nicht an. Auf eine nicht nachvollziehbare Weise wurde das Gerät getäuscht. Der Orter schien die Anlagen für eine normale Felsenformation zu halten.
Tamarena wollte soeben das Signal zum Angriff geben – da ließ ein seltsamer Eindruck sie innehalten. Sie kniff misstrauisch die Augen zusammen. Da man sich auf die Geräte anscheinend nicht verlassen konnte, kam dem optischen Eindruck eine erhöhte Bedeutung zu.
»Was habt Ihr, Erlauchte?«, fragte ein Mannschaftsdienstgrad des Greiftrupps, ein Arbtan. »Wir sollten so schnell wie möglich …«
Tamarena schnitt ihm mit einer kurzen Bewegung das Wort ab. Der Arbtan verstummte.
»Da unten«, verkündete sie, »da unten ist ein Mann. Er hat soeben die erhöhte Fläche in der Mitte der Anlage verlassen.«
Die Mitglieder des Greiftrupps wandten sich tuschelnd um. Sie zeigten keine Überraschung. Dass die Tochter des Nert ihnen hoch überlegen war, wussten sie, auch wenn sie natürlich den wahren Grund nicht kennen konnten.
»Was nun?«, fragte jemand in ihrem Rücken.
Tamarena entschied: »Wir beobachten ihn eine Weile. Dann holen wir ihn uns. Er bewegt sich ohne jede Vorsicht, er sucht keine Deckung. Anscheinend glaubt er sich völlig unbeobachtet, obwohl Traversan ein dicht besiedelter Planet ist. Ich will sehen, was er da unten treibt.«
»Es wäre sicherer, ihn gleich zu töten.«
»Zweifellos.«
Prinzessin Tamarena starrte scheinbar ausdruckslos die weit entfernte Gestalt an, und in ihren Blick mischte sich jene fast schon übermenschliche Komponente, die alles und jedes zu durchdringen schien.
5.
DER FREMDE VON TRAVERSAN
Vergangenheit