Rebellen gegen Arkon. Hans Kneifel

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Rebellen gegen Arkon - Hans Kneifel


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nicht, war schwer zu erkennen.

      »Reden?«, fragte sie heftig. »Würde es ein klarer Befehl nicht auch tun?«

      »Nein! Keine Befehle. Ich kann nichts für die Entscheidung deines Vaters. Ich erteile dir keine Befehle, sondern ich bitte dich um deine Unterstützung.«

      Ich verschwieg ihr mit voller Absicht, dass ich ein Unsterblicher war und dass ich so etwas wie eine Fremdenführerin durch die Vergangenheit eigentlich nicht benötigte.

      »Unterstützung – bei was?«, wollte sie wissen. In ihre Stimme legte sie einen kräftigen Schuss Verachtung.

      »Wenn ich das selbst wüsste! Mir ist die Lage auf Traversan völlig unbekannt. Nach wie vor bin ich der Meinung, dass ich euch durch Untätigkeit am besten helfe.«

      »Dann bleibe untätig«, erwiderte sie ungerührt.

      »Ja. Aber zuerst möchte ich dir eine Frage stellen.«

      »Welche?«

      Sie tat, als wolle sie meine Zelle verlassen und auf den Korridor hinaustreten.

      »Du hast mich als Fremden von Camelot bezeichnet.«

      Tamarena blieb plötzlich stehen. Sie drehte sich um und fixierte mich aufmerksam. Ich glaubte, in ihrem Blick wieder jenen alles durchdringenden Ausdruck zu sehen, der mir zuvor bereits aufgefallen war.

      »Und?«

      »Camelot wird erst in zehntausend Jahren entstehen«, setzte ich sie nüchtern in Kenntnis. »Du kannst von Camelot also nichts wissen. Ich habe den Ausdruck nicht genannt, aber du kanntest ihn. Woher?«

      »Du wirst dich getäuscht haben«, wich die Prinzessin mir unbehaglich aus.

      »Nein. Tamarena, bist du eine Telepathin?«

      Ich hörte ihr lange zu. Die Prinzessin sprach von einer abgelegenen Dagor-Abtei in der Masskyr-Hochebene, von Jahren der Isolation, ohne Kontakt zur Außenwelt, von schonungslosen Lektionen für Körper und Geist. Bei einer Meditations-Schulung hatte sie ihr telepathisches Talent entdeckt. Die Gabe war im geheimen ausgebildet und gefördert worden.

      Ich erinnerte mich, dass parapsychische Fähigkeiten im Großen Imperium nicht so selten vorgekommen waren; jedenfalls nicht wie in der Gegenwart, die kaum einmal Mutanten hervorbrachte.

      Tamarenas Geschichte schien mir nachvollziehbar. Die extremen Anforderungen der Dagor-Schule forderten alle Reserven, die ein Wesen besaß. So auch die Telepathie – sofern sie vorhanden war.

      »Ich weiß genau, Atlan, dass dein Extrasinn durch die ARK SUMMIA aktiviert ist«, berichtete sie. »In einem solchen Fall sind die Gedanken einer Person für Telepathen nicht erreichbar. Allerdings hast du zweimal für wenige Augenblicke deinen Monoschirm vernachlässigt. Ich hatte jeweils einen kurzen Einblick. Daher weiß ich, dass du wirklich aus der Zukunft kommst – oder dass du es zumindest selbst glaubst! – und dass du dich selbst als einen Cameloter bezeichnest.«

      »Was noch?«

      »Sonst nichts.«

      Die Prinzessin machte plötzlich einen schuldbewussten Eindruck. Es schien ihr peinlich zu sein, dass sie in meinen Gedanken geschnüffelt hatte.

      Mein Logiksektor behauptete lautlos: Sie lügt.

      Der Meinung bin ich auch, erwiderte ich unschlüssig. Aber was kann sie sonst noch wissen? Und warum gibt sie es nicht zu?

       Offensichtlich deshalb, weil ihr Wissen auf einen noch unbekannten Aspekt der Lage einen wichtigen Einfluss hätte. Vielleicht will sie noch abwarten, ob sich für sie ein Vorteil ergibt.

      Das wunderschöne Gesicht der Prinzessin riss mich aus der Versunkenheit. Sie war näher an mich herangerückt.

      »Ich könnte dir Erican zeigen«, bot sie an. »Willst du unsere Hauptstadt sehen? Manche sagen, es ist die Perle des ganzen Raumsektors.«

      »Ich bin höchst interessiert. Aber zuerst habe ich Durst und Hunger. Exakt in dieser Reihenfolge, beides nicht zu knapp.«

      Sie führte mich hinaus in den Korridor, dann meinte sie schnippisch:

      »Ich weiß wirklich nicht, ob das Servieren einer Mahlzeit in meiner Adjutantentätigkeit eingeschlossen ist …«

      Über Erican ging soeben die Sonne auf. Es war ein wunderbares Schauspiel aus gleißendem, beinahe überirdisch scheinendem Licht. Die Tautropfen, die sich im Lauf der Nacht auf den Dächern und in den Gewächsen abgesetzt hatten, streuten millionenfach Reflexionen ins Halbdunkel der Stadt.

      Erican befand sich in einer gemäßigten Klimazone des nördlichen Kontinents, 1300 Kilometer von der weiter südlich gelegenen Yssods-Wüste entfernt. Trichterbauten und Parklandschaften bestimmten die Landschaft. Im Gegensatz zum fernen Arkon, das ich sehr gut kannte, fanden sich hier jedoch dicht besiedelte Wohngebiete, die beinahe an ihre terranischen Gegenstücke erinnerten.

      »Einen Rundflug gefällig?«, fragte Prinzessin Tamarena.

      »Gern!«

      Sie ließ den Gleiter hoch in den blauen Himmel über dem Palast steigen. Es handelte sich um ein offenes Modell ohne Kanzel, nur mit einer Panzertroplonscheibe gegen den Zug, und der Flugwind ließ meine Haare in alle Richtungen flattern.

      Tamarena steuerte den Gleiter auf eine Flughöhe von etwa einem halben Kilometer. In einem weiten Bogen umkreiste sie den Palast, dann hielt sie westwärts Richtung Stadtrand.

      Zu einem beachtlichen Teil stimmte das Erscheinungsbild der Stadt mit dem überein, was ich zehntausend Jahre später gesehen hatte; gemeinsam mit Fürst Ligatem, von einer Terrasse des Palastes aus.

      Mein Blick fiel auf die Stelle, an der sich der Himmelskrater hätte befinden sollen.

      Statt der zwanzig Kilometer durchmessenden Senke, an die ich mich gut erinnerte, erblickte ich einen Park. Und statt der dichten Besiedelung zählte ich nicht mehr als ein Dutzend Trichterbauten. Der Park schien eine Art Erholungszentrum zu sein. Im Mittelpunkt des Geländes ragte ein Gebäudekomplex auf, den ich anhand eines charakteristischen Parabolspiegels als ein Observatorium identifizierte.

      Tamarena wies mich mit lauter Stimme auf verschiedene Sehenswürdigkeiten hin. Die zentrale Energiestation, weit hinter dem Park gelegen, einige Kilometer östlich das Viertel der Adligen, daneben eine Ausbildungsakademie für Wissenschaftler.

      An mehreren Stellen der Stadt flammten halbkugelförmige Kraftfeldkuppeln auf. Erican wurde auf einen Angriff aus dem Orbit vorbereitet. Die Glocken aus Energie wurden durchgemessen, justiert und wieder abgeschaltet. Im Ernstfall boten sie Schutz gegen Angriffe aus der Luft. Sie konnten binnen zehn Sekunden hochgefahren werden.

      Aus der Höhe waren die Anstrengungen, die am Boden unternommen wurden, schwer zu bewerten. Ich wusste jedoch, wie die Arkoniden des Großen Imperiums sich zu sichern pflegten: Die Maahk-Kriege hatten mehr als einen Planeten verwüstet, eine Erfahrung, die aus dem Gedächtnis des Volkes nicht so leicht zu tilgen war.

      Tamarena steuerte in einem weiten Bogen westlich.

      Am Stadtrand waren kaum noch Trichterbauten und Parks zu sehen. Stattdessen erblickte ich weitläufige Gebäudekomplexe. An manchen Stellen reichten Transportschächte tief in die Erde.

      »Das sind unsere Industriegebiete!«, erklärte sie mit lauter Stimme gegen den Flugwind. Ich hörte deutlich ihren Stolz heraus. »Du wirst nirgendwo im Brysch-Sektor einen Planeten finden, der ähnlich hoch entwickelt ist.«

      »Ich dachte, Traversan lebt hauptsächlich von seiner Landwirtschaft?«

      »Das ist auch richtig. Aber als reichste Welt des Sektors ist Traversan praktisch Selbstversorger, industriell und agrartechnisch. Traversan besitzt sogar eine eigene Raumflotte! Sie wird von Kapitän Irakhem geführt. Du wirst Irakhem möglicherweise noch kennenlernen. Er ist ein sehr fähiger junger Offizier. Der ranghöchste des Systems.«

      »Kommandeur der Flotte?«, fragte ich. »Ein Admiral?«

      »Kein


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